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Unzulässige Klauseln von Gutschein-Vermittlungsplattform

In einem Verfahren der Bundesarbeiterkammer gegen die Online-Handelsplattform Jochen Schweizer GmbH wurden 19 Klauseln für unwirksam erklärt. Die Klauseln betreffen zB eine zu kurze, weil dreijährige Verfallsfrist bei Gutscheinen, umfassende Leistungsänderungsvorbehalte und und zu weite AGB-Änderungsmöglichkeiten des Unternehmers.

 

Die Bundesarbeiterkammer klagte die deutsche Online-Handelsplattform Jochen Schweizer GmbH, die sich auch an Verbraucher in Österreich wendet. Sie bietet als Vermittlerin den Erwerb von Gutscheinen von Leistungen und Waren an, und hat nur dafür zu sorgen, dass der Gutschein einen Anspruch auf Leistungserbringung durch Partnerunternehmen – sogenannte „Erlebnispartner“ – gewährt.

Die Bekl hat folgende Rechtswahlklausel in ihren AGB:

„(1) Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland….

(2) …Sind Sie Verbraucher, gilt die unter § 2 Absatz 1 dieser AGB getroffene Rechtswahl nur insoweit, als Ihnen hierdurch nicht der gewährte Schutz durch zwingende Bestimmungen des Staates, in dem Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, entzogen wird.“

Der OGH führt dazu aus: Ob auch die hier zu beurteilende Rechtswahlklausel unwirksam ist, muss nicht näher untersucht werden:

Soweit das österreichische Recht strenger ist als das deutsche, ist die Zulässigkeit der betreffenden Klausel(n) unstrittig nur nach österreichischem Recht zu prüfen. Sind die österreichische und die deutsche Rechtslage hingegen deckungsgleich, ist eine Benachteiligung der Beklagten durch die Beurteilung (nur) nach österreichischem Recht jedenfalls auszuschließen. Gleiches gilt für den dritten denkbaren Fall, zumal die Klägerin sich ausdrücklich nur auf einen Verstoß gegen zwingendes österreichisches Recht gestützt hat. Daher ist es unerheblich, ob die Klausel auch nach dem gewählten Recht unzulässig wäre oder nicht.

 

Klausel 1: „Für die Inanspruchnahme der Erlebnisse kommen die AGB der Erlebnispartner zur Anwendung. Wichtige Inhalte daraus (zB Ausschlusskriterien, Mindestteilnehmerzahl, Termine, Orte) finden Sie auch in den Erlebnisbeschreibungen auf unserer Website.“

Klausel 2: „Erlebnisgeschenke berechtigen den Inhaber, zu den geltend gemachten Bedingungen (zB für die körperliche Eignung) und den AGB des jeweiligen Erlebnispartners, das entsprechende Erlebnis bei einem der zur Verfügung stehenden Erlebnispartner in Anspruch zu nehmen.“

Die Intransparenz der Klauseln 1 und 2 resultiert nicht aus dem Querverweis allein, sondern vielmehr daraus, dass die AGB, auf die verwiesen wird, für den Verbraucher erstmals im Rahmen der Einlösung des Gutscheins zugänglich gemacht werden, also zu einem nach der Entscheidung über den Erwerb des Gutscheins liegenden Zeitpunkt.

Klausel 3: „Für Erlebnisgeschenke, die dem Gutscheininhaber eine Auswahl von mehreren Erlebnissen und/oder Erlebnisorten ermöglichen (zB Wahlgutschein als Erlebnis-Box oder Erlebnis-Wahlgutschein), besteht kein Anspruch auf Inanspruchnahme eines bestimmten Erlebnisses oder eines Erlebnisses an einem bestimmten Ort, sofern und soweit für den Inhaber noch eine angemessene Wahlmöglichkeit besteht.“

Vorbehalte müssen, um gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG zulässig zu sein, möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein. Dem genügt die Klausel nicht, weil sie der Beklagten auch eine komplette Abänderung der angebotenen Leistungen erlaubt, solange dem Kunden nur eine „angemessene Wahlmöglichkeit“ bleibt. Es liegt aber auf der Hand, dass eine Klausel, die es der Beklagten gestattet, sämtliche von ihr als Auswahlmöglichkeit angebotene Erlebnisse gegen andere – unter Umständen für den Käufer/Inhaber allesamt unattraktivere – Angebote auszutauschen, nicht nur intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, sondern auch für den Verbraucher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB ist.

Klausel 4: „Erscheinen Sie zu einem gebuchten Termin nicht und haben Sie diesen auch nicht gemäß den Bedingungen des Erlebnispartners rechtzeitig abgesagt, verfällt der für die Inanspruchnahme dieses Erlebnisses eingesetzte Gutschein und der sich hieraus ergebende Leistungsanspruch ersatzlos.“

Die Klausel ist schon deshalb als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB anzusehen, weil sie zur Folge hätte, dass der Gutschein selbst dann ersatzlos verfiele, wenn der Kunde aus einem allein in der Sphäre der Beklagten oder auch des Erlebnispartners liegenden Grund den Veranstaltungstermin nicht wahrnähme. Bei im Klauselprozess gebotener kundenfeindlichster Auslegung käme es außerdem auch dann zum ersatzlosen Verfall des Gutscheins, wenn die AGB des Erlebnispartners eine unangemessen kurze Frist für eine rechtzeitige Absage des gebuchten Termins vorsehen sollten (§ 879 Abs 3 ABGB). Dazu kommt, dass sich die Rechtzeitigkeit einer Terminabsage durch den Verbraucher der Klausel zufolge (nur) aus den AGB des Erlebnispartners ergibt. Damit ist die Klausel überdies intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 5: „Erlebnisgeschenke können innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren eingelöst und das Erlebnis bis zum Ablauf dieser Frist wahrgenommen werden (Einlösefrist). Diese Einlösefrist beginnt mit Schluss des Jahres, in dem das Erlebnisgeschenk gekauft wurde.“

Im vorliegenden Verfahren ist nur zu prüfen, ob die Verkürzung der Verjährungsfrist von 30 auf drei Jahre zulässig ist; entgegen der Ansicht der Beklagten führt die Verneinung dieser Frage nicht zwingend zum Ergebnis, dass die Verjährungsfrist 30 Jahre betragen muss. Die von der Beklagten ins Treffen geführten Einwände der Fälschungsgefahr und dass 90% der Kunden die Gutscheine innerhalb der drei Jahre einlösten, ließ der OGH im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht gelten. Die Klausel ist gröblich benachteiligend.

Klausel 6: „J** ist ständig bemüht, die von ihr präsentierten Erlebnisse korrekt und möglichst genau zu beschreiben. Die Inhalte der Erlebnisbeschreibungen sowie die Abläufe eines Erlebnisses können jedoch Änderungen unterliegen. J***** bemüht sich um eine fortlaufende Aktualisierung der Erlebnisbeschreibungen auf dieser Website.“

Klausel 7: „Die Erlebnisbeschreibungen auf dieser Website sowie die verwendeten Fotografien und Abbildungen zu den Erlebnissen sind beispielhaft und dienen der allgemeinen Beschreibung.“

Klausel 8: „Die Fotos und/oder Abbildungen von zB Aktionen, Situationen, Personen, Fahrzeugen, Orten ua sind unverbindlich und können variieren.

Klausel 9: „Die Erlebnisbeschreibungen und Erlebnisbebilderungen können mitunter in ihrer tatsächlichen Ausführung, in Farbgebung und Gestaltung von der Bilddarstellung abweichen, bleiben in ihrem Wert jedoch identisch.“

Klausel 10: „Die Angaben hinsichtlich der Dauer der angebotenen Erlebnisse dienen lediglich als Anhaltspunkt und sind unverbindlich.“

Klausel 11: „Die Erlebnisse können eventuell in Gruppen, zusammen mit anderen Teilnehmern, stattfinden.“

Die Beklagte hat dafür einzustehen, dass der Erlebnispartner die Leistungen zu den im Gutschein verbrieften Bedingungen erbringt. Ändert sich die Erlebnisbeschreibung, ändert die Beklagte im Ergebnis einseitig den Leistungsgegenstand. Die Klauseln enthalten keinerlei Einschränkungen auf geringfügige und sachlich gerechtfertigte Änderungen. Die Formulierung „bleiben in ihrem Wert identisch“ in Klausel 9 ist keineswegs dahin zu verstehen, dass nur geringfügige Änderungen zulässig sein sollen. Ein gleichbleibender Wert eines Gutscheins bedeutet ja noch nicht, dass das gegenüber der Erlebnisbeschreibung geänderte tatsächliche Erlebnis auch für den Kunden denselben (ideellen) Wert hat.

Klausel 12: „Wartezeiten können nicht ausgeschlossen werden.“

Nach der Rsp sind Freizeichnungserklärungen als Vorausverzicht auf Schadenersatzansprüche zumindest dann, wenn sie generell erfolgen, unzulässig. Das Verbot des Gewährleistungsausschlusses (§ 9 Abs 1 KSchG) darf nicht durch einschränkende Leistungsbeschreibungen umgangen werden. Eine Umgehung wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Leistungsbeschreibung nicht den realen Gegebenheiten entspricht oder wenn mit umfassenden Formulierungen versucht wird, die Pflicht des Unternehmers zum Erbringen einer mängelfreien Leistung überhaupt auszuschließen.

Die Klausel definiert und damit konkretisiert in keiner Weise, aus welchem Grund es zu Wartezeiten kommen kann oder in welchem zeitlichen Umfang sie zulässig sind (Unterschied zu 4 Ob 179/18d (= RS0122042 [T5]). Es kann daher keine Rede davon sein, dass mit dieser Klausel lediglich reale Gegebenheiten abgebildet würden. Vielmehr ist die Klausel so umfassend formuliert, dass die Beklagte – bei kundenfeindlichster Auslegung – ihre Verpflichtung zur mangelfreien Leistungserbringung bezogen auf den bedungenen Zeitpunkt generell ausschließt.

Klausel 13: „Inhaltliche Abweichungen und Änderungen zu einzelnen Erlebnissen nach Kauf eines Gutscheins erfolgen nur bei Notwendigkeit, soweit sie nicht erheblich sind und den Gesamtinhalt oder die Wirkung des gebuchten Erlebnisses nicht erheblich beeinträchtigen.“

Klausel 14: „Im Falle der erheblichen Änderung von wesentlichen Inhalten eines gebuchten Erlebnisses sind Sie berechtigt, kostenfrei vom Vertrag zurückzutreten oder ein anderes gleichwertiges Erlebnis aus dem Angebot von J** auszuwählen, sofern J** ein solches Ersatzerlebnis anbieten kann.“

Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Änderungsklauseln möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein. Es bleibt offen, in welchen Fällen eine Änderung „notwendig“ ist. Auch der Begriff „erheblich“ wird in der Klausel nicht näher definiert, sodass seine Bedeutung unklar bleibt. Auch Klausel 14 ist intransparent, weil sich aus ihr mangels Definition der Begriffe „wesentliche Inhalte“ und „gleichwertiges Erlebnis“ nicht eindeutig ergibt, wann die darin beschriebenen Rechte dem Kunden zustehen.

Klausel 15: „Bei Erlebnissen, bei denen zB bestimmte Fahrzeuge, bestimmte technische Einrichtungen und Techniken oder bestimmte Personen inhaltlich beschrieben wurden und diese am Tag der Teilnahme für das Erlebnis nicht zur Verfügung stehen, behält sich J***** und die Erlebnispartner das Recht vor, nach Möglichkeit entsprechenden, gleichwertigen Ersatz zu stellen oder – sollte dies nicht möglich sein – den Termin auch kurzfristig abzusagen bzw zu verschieben.“

Klausel 16: „Weitergehende Ansprüche gegen J**, zB Schadenersatzansprüche (Fahrtkosten, Übernachtungen etc) sind für den Fall der Stellung gleichwertigen Ersatzes oder der Absage des Erlebnisses jedoch ausgeschlossen.“

Klausel 15 enthält ein unzulässiges einseitiges Leistungsänderungsrecht, weil sie iSd § 6 Abs 2 Z 3 KSchG zu umfassend und vage formuliert ist ( „nicht zur Verfügung stehen“, „nach Möglichkeit“ bzw „sollte dies nicht möglich sein“, „entsprechender, gleichwertiger Ersatz“ und „kurzfristig“). Die Klausel ist darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil sie nicht auf die Ursache dafür, dass Inhalte bzw Personen nicht zur Verfügung stehen, abstellt. Abgesehen davon ist Klausel 15 auch intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil die Rechtsposition des Kunden undeutlich bleibt.

Klausel 16 ist schon deshalb intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie auf der unzulässigen Klausel 15 aufbaut. Auch sie enthält keine nähere Konkretisierung der Formulierung „gleichwertiger Ersatz“. Abgesehen davon ist für den Durchschnittskunden nicht eindeutig ableitbar, was unter „weitergehende Ansprüche“ zu verstehen ist.

Klausel 17: „J** behält sich das Recht vor, diese AGB zur Wiederherstellung der Ausgewogenheit des Vertragsverhältnisses zu ändern. Sollte Sie eine solche Änderung bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses schlechter stellen, ist diese Änderung nur wirksam, sofern sie aufgrund technischer oder rechtlicher Veränderungen, die nach Vertragsschluss eingetreten sind und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht sicher vorhersehbar waren, erforderlich ist, die J***** nicht veranlasst hat und auf die J** keinen Einfluss hat.“

Klausel 18: „Für Änderungen wesentlicher Regelungen dieser AGB nach Vertragsschluss, insbesondere solcher über Art und Umfang der Leistungen, ist Ihre Zustimmung erforderlich. Solche Änderungen sind nur zulässig, wenn sie unter Abwägung Ihrer und unserer Interessen für Sie zumutbar sind, aufgrund technischer oder kalkulatorischer Veränderungen der Marktverhältnisse nach Vertragsschluss oder dadurch erforderlich geworden sind, dass Dritte (zB Erlebnispartner), von denen J** Leistungen bezieht, ihr Leistungsangebot ändern oder ihre Preise erhöhen. Die Preisänderung ist auf den Umfang der Kostenänderung begrenzt. Ihre Zustimmung gilt als erteilt, wenn J** Ihnen die Änderung in Textform mitteilt und Sie der Änderung nicht innerhalb der in der Mitteilung enthaltenen angemessenen Frist widersprechen. J** wird Sie in dieser Mitteilung über die Folgen eines unterlassenen Widerspruchs unterrichten.

Klausel 19: „Im Übrigen gelten die auf dieser Website von J** abrufbaren AGB in der jeweiligen Fassung, ohne dass es eines gesonderten Hinweises bezüglich einer Änderung bedarf.“

Alle drei Klauseln sind gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und intransparent iSd § 6 Abs 3 ABGB.

Klausel 17 gibt der Beklagten das Recht, die AGB zur „Wiederherstellung der Ausgewogenheit des Vertragsverhältnisses“ einseitig zu ändern, ohne diesen Grund zu erklären oder zu definieren.

Klausel 18 beschränkt zwar formell die Zulässigkeit der Vertragsänderung über eine Zustimmungsfiktion durch mehrere Voraussetzungen, die allerdings allesamt derart unbestimmt sind, dass im Ergebnis der Begriff der „wesentlichen Änderungen“ nahezu unbeschränkt bleibt und die Pflichten des Verbrauchers unbeschränkt verändert werden können.

Klausel 19 kann – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – nur so verstanden werden, dass auch für bereits bestehende Verträge jeweils die aktuell auf der Website der Beklagten veröffentlichten AGB gelten sollen.

OGH 25.2.2021, 3 Ob 179/20z

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