Der VKI klagte vergangenes Jahr 24 Klauseln der "Geschäftsbedingungen für den Gebrauch der VISA-Karte" und der "Geschäftsbedingungen für die elektronische Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail". Das Erstgericht gab dem VKI bezüglich 16 Klauseln Recht, hinsichtlich der übrigen 8 Klauseln wies es die Klage ab.
Der VKI erhob gegen 5 der 8 abgewiesenen Klauseln Berufung, VISA gegen alle 16. Der Berufung des VKI wurde hinsichtlich aller fünf Klauseln stattgegeben, der Berufung von VISA hinsichtlich keiner einzigen der 16 angefochtenen Klauseln.
Bei den weiteren nunmehr vom VKI gewonnenen 5 Klauseln handelt es sich um folgende:
1. Mit der Unterfertigung und/oder Verwendung dieser Karte anerkennt der Karteninhaber die Geschäftsbedingungen für den Gebrauch der Karte.
Während das Erstgericht keinen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG als gegeben ansah, bejaht das Berufungsgericht den Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG. Gemäß dieser Bestimmung ist eine Klausel in einem Verbrauchervertrag unzulässig, wenn damit dem Verbraucher eine Beweislast auferlegt, die ihn von Gesetzes wegen nicht trifft. Das Berufungsgericht führt dazu aus, dass mit der Bestätigung der Kenntnisnahme von AGB und einer ausdrücklichen Einverständniserklärung dazu auch die sonst den Unternehmer treffende Beweislast für eine Kenntnisnahme der AGB und eine Zustimmung durch den Verbraucher entgegen der genannten Bestimmung verschoben wird. Die Klausel ist daher unzulässig.
Außerdem verstößt die Klausel laut OLG Wien gegen das Transparenzgebot von § 6 Abs 3 KSchG. Die gegenständliche Klausel suggeriere eine Geltung der Geschäftsbedingungen der Beklagten aufgrund des Kartengebrauchs oder der Unterfertigung der Karte ohne Vorliegen der sonst vom Gesetz oder der Judikatur für die Geltung von AGB aufgestellten Voraussetzungen und spiegele damit eine in Wahrheit erst von weiteren Umständen abhängige Rechtslage vor.
2. Sofort nach Erhalt hat der Karteninhaber an der auf der Karte dafür vorgesehenen Stelle seine Unterschrift anzubringen. Unterlässt dies der Karteninhaber, dann übernimmt er die volle Haftung für alle Schäden, die im Falle des Verlustes oder Diebstahls der Karte durch Benützung derselben eintreten.
Das Erstgericht verneinte die vom VKI geltend gemachte Gesetzwidrigkeit gem § 879 Abs 3 ABGB. Laut Berufungsgericht erscheint es gröblich benachteiligend, den Karteninhaber auch mit einer vollen Haftung für Schäden zu belasten, die mit einem Fehlen der Unterschrift auf der Karte in keinerlei Zusammenhang stehen. Insbesondere für den Fall, dass dem Karteninhaber bezüglich einer sicheren Verwahrung der Karte kein Vorwurf gemacht werden kann, ist die von der Klausel vorgesehene Rechtsfolge auch mit § 31a KSchG (Missbrauch von Zahlungskarten im Fernabsatz) unvereinbar. Außerdem wird nicht klar, ob unter dem "Erhalt" ein Zugang im Sinne eines Eintretens in den Machtbereich des Kartenempfängers, also etwa ein Zustellvorgang seitens der Post zu verstehen ist, oder der Begriff nicht doch eine direkte Einflussnahem auf die Karte und eine konkrete Möglichkeit zur Unterschriftenleistung verlangt.
5. Bei in Fremdwährung entstandenen Belastungen anerkennt der Karteninhaber den zur Verrechnung gelangenden Wechselkurs.
Das OLG sieht diese Klausel als unbestimmt an. VISA kommt bei der Festsetzung des von ihr bei der Abrechnung konkret zugrunde gelegten Wechselkurses ein weiter Spielraum zu. VISA "knüpfe" an den nach den Kriterien des Kapitalmarktes jeweils zu ermittelnden Wechselkurs "an", ohne dass sie sich der Lage sehe, einen den Kunden zu verrechnenden Wechselkurs bestimmbar zu machen.
12. Von dieser Haftung wird der Karteninhaber nach Ablauf von vierundzwanzig Stunden nach Einlangen der Meldung (z. B. telefonisch, telegraphisch oder durch persönliche Vorsprache) der Verletzung der Geheimhaltungspflicht bei der VISA AG oder kontoführenden Bank befreit.
Diese Klausel bezieht sich auf eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht des Karteninhabers bezüglich des PIN-Codes (Klausel 11). Mit dieser Klausel wird der Einwand eines Mitverschuldens seitens VISA innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen der Meldung eingetretener Schäden ausgeschlossen. Selbst wenn den Karteninhaber der Vorwurf einer Verletzung der Verwahrungs- oder Geheimhaltungspflicht bezüglich des PIN-Codes trifft, ist andererseits VISA ab dem Zeitpunkt der Meldung verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Karte "aus dem Verkehr gezogen wird." Dabei ist ihr eine angemessene Reaktionszeit einzuräumen, bei der allerdings zu berücksichtigen ist, dass bei Verwendung des PIN-Codes und der dabei vorausgesetzten direkten elektronischen Verbindung zur Kreditkartengesellschaft eine äußerst rasche Reaktion erfolgen kann. Unterlässt VISA nach der Meldung die nötigen Schritte, setzt sie selbst schuldhaft eine Bedingung für den Eintritt eines Schadens. Bei der Schadensverteilung fällt ins Gewicht, dass nicht jede unsorgfältige Verwahrung des Codes zu einem Missbrauch führen muss, andererseits aber VISA nach Einlangen der Meldung jedenfalls in die Lage versetzt wird, einen Schadenseintritt zu verhindern, sodass eine Verzögerung der Sperre schwer wiegt. Selbst für den Fall eines grob fahrlässigen Verwahrungsverhaltens des Kreditkarteninhabers wird in einem solchen Fall sogar von einem Entfall seiner Schadenersatzpflicht ausgegangen.
14. Die VISA AG ist zur Kartensperre insbesondere berechtigt, wenn der Karteninhaber eine Karte als abhanden gekommen gemeldet hat, wenn die Voraussetzungen gem. Ziffer 9 nicht mehr gegeben sind, wenn die Karte durch Auflösung des Vertragsverhältnisses ungültig geworden ist, wenn der Karteninhaber wesentliche Pflichten verletzt, ein Missbrauch erfolgt oder ernsthaft zu befürchten ist. Die VISA AG ist berechtigt, die Nummern gesperrter Karten den Vertragsunternehmen bekannt zu geben. Wird ein Terminal, wie beispielsweise ein Bargeldautomat, mehrmals, etwa durch Eingabe eines unrichtigen Pin-Codes, durch den Karteninhaber falsch bedient, so kann aus Sicherheitsgründen die Karte vom Automaten eingezogen werden.
Laut Berufungsgericht verschleiert diese Klausel, dass VISA zur Schadensabwehr nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, die Karte zu sperren, wenn sich Verdachtsmomente für einen Missbrauch ergeben. Die Klausel verstößt damit gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision beim OGH zugelassen.
OLG Wien 20.03.2007, 2 R 10/07s
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien