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Urteil: Arena-Reisen - EuGH bejaht Staatshaftung Österreichs

Verbraucher klagten die Republik Österreich auf Schadenersatz.

In den Jahren 1994 und 1995 führte die Kronen-Zeitung in Zusammenarbeit mit dem Reiseveranstalter Arena-Reisen eine Werbeaktion für Abonnenten durch. Von seiten Arena-Reisen wurden Gratisreisen angeboten. Bei diesen Gratisreisen mussten Personen ohne Begleitperson einen Einzelzimmerzuschlag in Höhe von S 500,-- bezahlen, wer eine Begleitperson mitnahm, musste für die Begleitperson den vollen im Reiseprospekt angegebenen Preis zahlen. Die Aktion fand großen Anklang, überforderte den Reiseveranstalter und dieser musste am 4.7.1995 Konkursantrag stellen.

Jene Verbraucher, die ihre Reisen noch im Jahre 1994 gebucht hatten, erhielten keinerlei Entschädigung, da die Reisebürosicherungsverordnung erst mit 1.1.1995 in Kraft trat. Jene Reisenden, die nach dem 1.1.1995 gebucht hatten und die Reise nach dem 1.5.1995 hätten antreten sollen, waren grundsätzlich durch eine Bankgarantie abgesichert. Die vom Reiseveranstalter erbrachte Bankgarantie über öS 4 Millionen reichte aber zur Erstattung der gezahlten Reisekosten nicht aus. Es ergab sich eine Deckungsquote von nur 25,38% der bezahlten Beträge.

Im vorliegenden Verfahren klagten verschiedene Verbraucher nunmehr beim LG Linz die Republik Österreich auf Schadenersatz. Das LG Linz legte dem Europäischen Gerichtshof einige Vorfragen zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH beantwortete diese Vorfragen im Vorabentscheidungsverfahren nunmehr sämtliche im Sinn der Bejahung einer Staatshaftung der Republik Österreich.

Zunächst hielt der EuGH fest, dass der Art. 7 der Richtlinie für Pauschalreisen auch für "Geschenk-Reisen" im Rahmen von Werbeaktionen gelte. Dies auch dann, wenn der geschädigte Verbraucher als Einzelreisender lediglich die Flughafengebühren und den Einzelzimmerzuschlag, oder wenn er von mindestens einer Person begleitet werde, die den vollen Preis bezahlt, lediglich die Flughafengebühr zu zahlen habe. Auch solche "Gewinn-Reisen" fallen also unter den Schutzzweck der genannten Richtlinie.

Was die verspätete Umsetzung der Richtlinie in Österreich betrifft (Die Richtlinie wurde durch die Reisebürosicherungsverordnung umgesetzt. Diese kam auf nach dem 1.1.1995 gebuchte und nach dem 1.5.1995 angetretene Pauschalreisen zur Anwendung.) hielt der EuGH fest, dass durch diese Einschränkung der Art.7 der Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sei. Was die Frage anbelangt, ob die Richtlinie durch Österreich nicht schon im Zuge des Beitritts zum EWR mit 1.1.1994 hätte umgesetzt werden müssen, verwies der EuGH an den EFTA-Gerichtshof.

Schließlich hielt der EuGH ausdrücklich fest, dass erst Art.7 der Richtlinie den vollständigen Schutz der in diesen Vorschriften genannten Rechte der Verbraucher und damit den Schutz der Verbraucher gegen sämtliche in diesem Artikel genannten Risken, die sich aus der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters ergeben, bezwecke. Daraus ergäbe sich, dass nationale Regelungen die Verpflichtungen aus Art.7 der Richtlinie nur dann ordnungsgemäß umsetzen, wenn sie unabhängig von ihren Modalitäten bewirken, dass die Erstattung aller vom Verbraucher gezahlten Beträge und seine Rückreise im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Reiseveranstalters für den Verbraucher sichergestellt sind. Dies bedeutet eine gewisse Erfolgshaftung des Staates für seine Umsetzungsregelungen. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die österreichischen Regelungen seit 1995 mehrfach verbessert und perfektioniert wurden. Das zuständige Wirtschaftsministerium geht derzeit davon aus, dass sich ein Fall wie Arena-Reisen nicht mehr wiederholen sollte. Das Urteil legt aber klar, dass immer dann, wenn sich die staatlichen Maßnahmen aus irgendeinem Grund für unzweckmäßig erweisen, der Staat sehr wohl für eine ungenügende Umsetzung einzustehen hat.

Der EuGH hielt weiters fest, dass die Haftung des Mitgliedsstaates wegen eines Verstoßes gegen Art.7 der Richtlinie nicht durch fahrlässiges Verhalten des Reiseveranstalters selbst oder durch Eintritt außergewöhnlicher oder unvorhersehbarer Ereignisse ausgeschlossen werden könne. Wenn zwischen der mangelhaften Umsetzung und dem Schadenseintritt ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht, haftet der Staat für eingetretene Schäden.

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