Im tschechischen Ausgangsfall hatte eine Frau in einem tschechischen Reisebüro eine Pauschalreise gebucht, die einen Flug mit der dänischen Airline Primera Air Scandinavia von Prag nach Keflavik in Island beinhaltete. Weil dieser Flug mehr als vier Stunden verspätet ankam, klagte sie die Airline bei einem Gericht in Prag auf Zahlung der Ausgleichszahlung. Das Gericht hatte jedoch Zweifel, ob es international zuständig war und ob überhaupt ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-VO (EG) Nr. 261/2004 bestehen könne, wenn die Airline nicht selbst Vertragspartner der Reisenden sei.
Der EuGH stellte dazu einerseits klar, dass eine Fluglinie auch dann passiv legitimiert für eine Klage auf Ausgleichszahlung wegen einer Flugverspätung nach der Fluggastrechte-VO sei, wenn der verspätete Flug Teil einer Pauschalreise ist und daher nicht unmittelbar zwischen dem Reisenden und der Fluggesellschaft ein Vertrag besteht. Und erklärte anderseits, dass auch in diesem Fall die Ansprüche nach der Fluggastrechte-VO und den Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne des Art 5 Abs 1 EuGVVO (EG) Nr 44/2001, obgleich kein Vertrag zwischen dem Passagier und der Fluglinie, sondern nur zwischen der Fluglinie und dem Reiseveranstalter und dem Reiseveranstalter und dem Passagier bestehe. Die Fluglinie könne daher an den Gerichten des Erfüllungsorts verklagt werden. Der Passagier hat also die Wahl zwischen den Gerichten des Abflug- und Ankunftsorts. Die besonderen Gerichtsstände für Verbrauchersachen nach Art. 15 bis 17 EuGVVO kämen demgegenüber in diesem Fall nicht zur Anwendung.
EuGH 26.03.2020, C-215/18 (L.B./Primera Air Scandinavia)