Der AWD-Berater vermittelte der in Wertpapiergeschäften völlig unerfahrenen Anlegerin im Jahr 2003 und danach Immobilienaktien (Immofinanz und ECO) im Gesamtwert von rund 20.000 Euro als "mündelsicheres" Investment und er bezeichnete diese Papiere auch - wie von seinem Coach beim AWD empfohlen - als "Immobilienwertpapiere", um den Begriff "Aktie" zu vermeiden.
Der Anlegerin war sehr daran gelegen, ihr Erspartes jedenfalls sicher anzulegen. Hätte sie der AWD-Berater über die Risken der vermittelten Aktien aufgeklärt, dann hätte sie die Aktien nie gekauft.
Im Vertrauen auf das Gespräch mit dem Berater hat sie das Gesprächsprotokoll ungelesen unterzeichnet. Darin hatte der Berater, wie vom AWD vorgegeben, die Felder "höheres Kapitalwachstum bei mittlerer Risikobereitschaft" bzw "maximales Kapitalwachstum bei erhöhter Risikobereitschaft und stärkeren Wertschwankungen" angekreuzt.
Im Jahr 2006 - also lange vor dem Kursabsturz der Aktien - empfahl der AWD-Berater - als er den AWD verließ - die Kursgewinne zu "realisieren" und tatsächlich hat die Anlegerin einen Teil der Aktien verkauft.
Inzwischen ist der Wert der verbliebenen Aktien "in den Keller" gegangen. Die Anlegerin hat dem VKI Ihre Schadenersatzansprüche abgetreten und der VKI hat den AWD - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - geklagt.
Das Handelsgericht Wien geht zunächst von einem klaren Fall falscher Anlageberatung aus und bejaht die Haftung des AWD grundsätzlich.
In der Folge sieht das Gericht die Ansprüche aber als verjährt an, weil die Geschädigte bereits 2006 hätte erkennen müssen, dass die Aktien auch größere Wertschwankungen haben könnten.
Das Gericht bleibt aber die Erklärung für diese Ansicht weitgehend schuldig. Der Berater hatte nämlich nur geraten, "Gewinne zu realisieren", aber keineswegs vor größeren Kursverlusten bzw einem Totalverlust gewarnt.
Weshalb die Geschädigte, der das Gericht für das Jahr 2003 zubilligt, von Anlagegeschäften keine Ahnung zu haben, nun plötzlich hätte erkennen sollen, dass das Produkt doch riskant ist, bleibt unerklärlich und ist - aus unserer Sicht - vom Beweisverfahren in keiner Weise gedeckt.
Der VKI wird daher Berufung einlegen.
BGHS Wien 15.6.2012, 9 C 288/11k
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Klagevertreter: RA Dr. Alexander Klauser, Wien