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Urteil: Bank muss Schaden tragen der durch eine verkaufte Zinswette entstanden ist

Bank muss jenen finanziellen Schaden tragen, der durch eine an einen institutionellen Kunden verkaufte Zinswette entstanden ist. Wesentliche Begründung des OGH: Die Bank hatte den Kunden nicht über die eigene Marge und den damit verbundenen Interessenskonflikt aufgeklärt.

mnDie Beklagte, die Vorarlberger Gebietskrankenkasse, hatte aufgrund Beratung der klagenden Bank Austria bei dieser einen sog. Quanto-Snowball-Swap als Zinsabsicherungs- und Zinsoptimierungsprodukt abgeschlossen. Die Krankenkasse erwartete aus dem Geschäft einen Spekulationsgewinn, mit dem sie die steigenden Kosten der monatlichen Zwischenfinanzierungen ausgleichen wollte. 

Tatsächlich war diese Form eines Swap Geschäfts für die Krankenkasse mit multiplen Risikofaktoren behaftet, nämlich dem zweifachen Zinsrisiko in EUR und CHF, einem Multiplikator, einem im Zeitablauf unterschiedlichen Abschlag zu Beginn einer Periode mit einseitig fixer Verzinsung, unterschiedlichen Zinsfeststellungszeitpunkten und dem "Snowballeffekt" des Zinssatzes der Vorperiode. Zudem schloss die Bank unmittelbar nach Abschluss dieses Swaps auf dem Interbankenmarkt ein Gegen Swap Geschäft ab. Damit war für sie selbst das Risiko einer ungünstigen Zinsenentwicklung ausgeschlossen. Der Finanzabteilungsleiter der Kranklenkasse rechnete hingegen damit, dass die Bank bei stagnierendem Zinsenniveau von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen werde und die Kasse dadurch insgesamt einen Gewinn lukrieren könne.

Vier Jahre nach der Beratung erfuhr der zuständige Mitarbeiter der Krankenkasse erstmals von dem negativen Barwert des Swaps von minus 1.325.193 EUR. Daraufhin zahlte die Kasse an die Bank Austria die im ersten Jahr erhaltenen Zinserträge zurück und verweigerte unter Berufung auf die Unwirksamkeit des Swap-Geschäfts weitere Zahlungen. Die Bank Austria stellte daraufhin ihren Gegen Swap glatt und musste dafür einen Auflösungspreis von rund 2,95 Mio EUR bezahlen. Mit ihrer Klage begehrte sie diesen Betrag, abzüglich der ihr aus dem Gegen Swap bereits zugekommenen Zinszahlungen von der Gebietskrankenkasse.

Der OGH folgte der Ansicht des Berufungsgerichts. Dieses hat die Klage der Bank mit der Begründung abgewiesen, dass dieser der Vorwurf einer Verletzung der Aufklärungspflichten zu machen sei. Der Mitarbeiter der Bank habe falsche Vorstellungen ihrer Kundin über das bei bestimmtem Verlauf des Geschäfts zu erwartende Verhalten der Bank und über die Höhe eines Ausstiegspreises nicht korrigiert und dadurch die Risiken des Geschäfts verharmlosend dargestellt. 

Nach Ansicht des OGH befand sich die Bank in der Rolle einer Anlageberaterin, die für ihre Erklärungen einzustehen habe. Die Gebietskrankenkasse war nicht etwa aus eigener Initiative an die Bank mit dem Ansinnen herangetreten, gerade einen Quanto-Snowball-Swap abzuschließen, sondern ihr war dieses spezielle Geschäft in genauer Kenntnis ihrer Erwartungen und Anforderungen   von der Bank vorgeschlagen worden. 

Die Bank Austria konnte sich nach Ansicht des OGH bezüglich erbetener Informationen und Auskünfte auch nicht auf formularmäßige allgemeine Beratungsverzichtserklärungen oder Vermutungen bestehender   durch die Fragestellung aber widerlegter    Sachkenntnisse berufen. Nach § 13 WAG in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Fassung habe die Bank ihre Dienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen, sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen, dafür zu sorgen, dass bei unvermeidbaren Interessenkonflikten der Kundenauftrag unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses ausgeführt wird, und ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Die Bank Austria war danach vor Vertragsabschluss verpflichtet gewesen, der Gebietskrankenkasse auf deren ausdrückliche Anfragen hin eine sachlich richtige Auskunft über ihr generell fehlendes wirtschaftliches Interesse an der Ausübung des Kündigungsrechts zu geben, um ihr den bestehenden Interessenkonflikt deutlich zu machen. Da ihr bekannt war, dass die Krankenkasse mit einem vorzeitigen eigenen Vertragsausstieg im Fall nachhaltig steigender Zinsentwicklung spekulierte und ihre Risikoeinschätzung danach ausrichtete, habe es die Wahrung des Kundeninteresses außerdem erfordert, der Krankenkasse eine realistische Vorstellung von der möglichen exorbitanten Höhe des Ausstiegspreises zu vermitteln.

Das die Bank das Beratungsgespräch mit dem Leiter der Finanzabteilung der Gebietskrankenkasse geführt hatte, führte nach Auffassung des OGH nicht dazu, dass sie die Aufklärung über die konkreten Risiken des Derivatgeschäftes unterlassen durfte. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratungspflicht einer Bank nach § 13 WAG ergebe sich jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit vom Kunden, insbesondere von dessen Professionalität, und vom ins Auge gefassten Anlageobjekt. Auch eine hohe Professionalität des Kunden könne aber nicht ausschließen, dass er im Einzelfall bezüglich eines bestimmten Geschäfts doch einer Fehlvorstellung unterliegt. Kann der Anlageberater dies erkennen, dann hat er den Kunden speziell darüber aufzuklären, will er nicht das Geschäft der Anfechtbarkeit wegen Willensmangels aussetzen. Auch ein versierter Geschäftspartner dürfe nicht in die Irre geführt werden.


OGH 24.10.2011, 8 Ob 11/11t
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