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Urteil: Enzyklopädie ist kein Fachbuch - Rücktritt gemäß § 3 KSchG

Wieder einmal bestätigt: Der Kauf einer allgemeinen Enzyklopädie ist für eine Fachärztin kein Unternehmergeschäft; der Rücktritt gemäß § 3 KSchG ist also zulässig.

Eine Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, die ihre Ordination alleine betreibt, öffnete einem Vertreter eines Unternehmens für Werbevermittlung. Dieses Unternehmen vertreibt eine 24-bändige englischsprachige Enzyklopädie. Die Ärztin unterzeichnete das Bestellformular vor allem deshalb, um den Vertreter möglichst rasch wieder loszuwerden. In der Folge trat sie vom Kaufvertrag gemäß § 3 KSchG zurück. Bereits im Antragsformular war aber folgende Passage zu lesen: "Ich erkläre ausdrücklich, dass der Ankauf der "Collier´s Fachencyclopedia" im Rahmen meines Unternehmens erfolgt und nehme zur Kenntnis, dass dieser Vertrag mit mir als Privatperson nicht geschlossen worden wäre, d.h. dieser Vertrag unterliegt nicht dem KSchG und kann nur mit Stornogebühr gekündigt werden".

Infolge des Rücktritts nach § 3 KSchG stellte die klagende Partei sodann eine Stornogebühr in Höhe von S 4.500,-- in Rechnung.

Das Gericht prüfte das Lexikon und stellte dazu fest, dass es, wie bei allgemeinen Lexika üblich, auch medizinische Zitate enthält, die primär den Zweck erfüllen, den Laien über medizinrelevante Begriffe aufzuklären. Es enthält aber ebenso eine Vielzahl von Zitaten aus Literatur, Geschichte, Kunst, Wirtschaft, Religion, Technik, Philosophie, Kommunikation, Landwirtschaft, Bildung, Pflanzen, Tiere, Politik usw. Das Gericht geht also zutreffend davon aus, dass das Lexikon kein medizinisches Fachbuch darstellt. Das bedeutet, dass die beklagte Ärztin eben kein medizinisches Fachbuch für ihre selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Unternehmerin gekauft hatte, sondern ein allgemeines Lexikon, wo jeder Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit als Arzt fehlt. Es handelte sich daher um ein Verbrauchergeschäft und der Rücktritt der Verbraucherin war somit rechtens. Die Klage auf Stornogebühr wurde daher abgewiesen.

BG Klosterneuburg 21.7.1998, 10 C 211/98y

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