Dem EuGH lagen folgende Fälle zur Beurteilung vor: Die Fluggäste hatten bei Air Berlin bzw bei Iberia Flüge von Spanien nach Deutschland gebucht, jeweils mit Umstieg in Spanien: Ibiza - Palma de Mallorca - Düsseldorf bzw. Melilla - Madrid - Frankfurt am Main. Da sich der (in beiden Fällen) von Air Nostrum durchgeführte Flug nach Palma de Mallorca bzw. nach Madrid verspätete (um 45 min bzw. um 20 min) verpassten die Reisenden ihre Anschlussflüge nach Deutschland. Sie erreichten ihr jeweiliges Endziel daher erst mit einer Verspätung von 4 bzw. 13 Stunden.
Die Fluggäste machten vor deutschen Gerichten Ausgleichsleistungen gemäß Art 7 VO (EG) 261/2004 geltend. Die zur Entscheidung berufenen Gerichte hatten Zweifel, ob deutsche Gerichte in dieser Konstellation international zuständig sind: Es gehe um Ansprüche gegen Fluggesellschaften, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, das schadenauslösende Ereignis habe sich auf der ersten Teilstrecke ereignet in einem anderen Mitgliedstaat zugetragen (somit nicht in Deutschland) und die in Anspruch genommene Airline (Air Nostrum) sei auch nicht Vertragspartner der Fluggäste gewesen. Das Amtsgericht Düsseldorf und der BGH wandten sich daher mit einem Vorlageantrag an den EuGH.
Der EuGH hat dazu nun klargestellt, dass wenn es im Rahmen einer einheitlichen Flugbuchung zu Problemen auf der ersten Teilstrecke kommt, der daraus resultierende Anspruch auf Ausgleichsleistungen auch am Endziel der Gesamtbeförderung geltend gemacht werden kann. Dass die Airline, die diese erste Teilstrecke durchführe, nicht Vertragspartner des Fluggasts sei, stellt kein Hindernis dar.
Gemäß der VO (EU) 1215/2012 (bzw. ihrem Vorgänger, der VO (EG) 44/2001) kann, wer seinen (Wohn)Sitz in einem EU-Mitgliedstaat hat, auch in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem die Dienstleistungen erbracht worden sind oder erbracht hätten werden müssen ("Erfüllungsort"). Bereits mit dem Urteil C-204/08 hat der EuGH klargestellt, dass bei Beförderungsverträgen sowohl der Abflugort als auch der Ankunftsort als Erfüllungsort gelten. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der EuGH den Begriff "Erfüllungsort" nochmals konkretisiert.
Zur Entscheidung lag dem EuGH weiters noch der Fall einer einheitlichen Flugbuchung bei Hainan Airlines von Berlin nach Peking über Brüssel vor; der Fluggast wurde zwar von Brussels Airlines nach Brüssel befördert, der Weiterflug nach Peking wurde ihm jedoch von Hainan Airlines verweigert, weshalb auch er Ausgleichsleistungen geltend machte. Da es sich bei Hainan Airlines um eine Fluggesellschaft mit Sitz außerhalb der EU handelt (China), steht der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts hier nicht zur Verfügung: In diesem Fall bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats grundsätzlich nach dessen eigenen Gesetzen.
EuGH, 07.03.2018, verbundene Rechtssachen C-274/16, C-447/16 und C-448/16