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Urteil: EuGH - Zuständigkeit für Verbrauchersachen bei gemischten Verträgen

Eine Person, die einen Vertrag abgeschlossen hat, der sich auf einen Gegenstand bezieht, der für einen nur teilweise privaten Zweck bestimmt ist, kann sich nicht auf die speziellen Zuständigkeits-vorschriften der Art 13-15 EuGVÜ berufen, es sei denn, der berufliche Zweck ist derart nebensäch-lich, dass er im Gesamtzusammenhang des betref-fenden Geschäftes eine nur ganz untergeordnete Rolle.

Bei dem Kläger des Ausgangsverfahrens handelte es sich um einen österreichischen Landwirt, der bei der grenznahen deutschen Firma, die auch in Österreich warb, Dachziegel kaufte. Diese wiesen trotz Zusage einer einheitlichen Farbgebung erhebliche Farbabweichungen auf. Der Landwirt machte in der Folge vor dem LG Steyr Gewährleistung und Schadenersatz wegen der erforderlichen Neueindeckung des Daches geltend.

Zur Zuständigkeit der ö Gerichte berief er sich auf seine Eigenschaft als Verbraucher iSd Art 13 EuG-VÜ, wonach es darauf ankomme, dass der private Zweck des Geschäftes überwiege. Der privat genutzte Teil des Hofes beträgt nach Feststellungen des Gerichts zu etwa 60% der Gesamtnutzfläche des Gebäudes.

Grundsätzlich legt der EuGH den Verbraucherbegriff der Art 13 Abs 1 und Art 14 Abs 1 EuGVÜ eng aus und gewährt den Schutz für den regelmäßig als schwächer anzusehenden Verbraucher nur dann, wenn der Zweck des zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrages sich nicht auf eine beruflich-gewerbliche Tätigkeit bezieht.

Aus dem Zweck der Artikel 13 bis 15 EuGVÜ, die Person zu schützen, von der vermutet wird, dass sie sich in einer gegenüber dem Vertragspartner schwächeren Position befindet leitet der EuGH ab, dass eine Person, die einen Vertrag abschließt, der sich teilweise auf einen beruflich-gewerblichen Zweck bezieht, grundsätzlich nicht auf diese Vorschrift berufen könne, außer dieser berufliche Zweck sei nur ganz nebensächlich und spiele eine untergeordnete Rolle.

Eine Person, die einen Vertrag mit teilweisem Zusammenhang zu ihrer beruflichen Tätigkeit schließt, stehe auf gleicher Ebene mit ihrem Vertragspartner und könne sich deshalb eben nicht auf die besonderen Schutzvorschriften des EuGVÜ berufen, auch wenn der Vertrag zusätzlich privaten Zwecken diene. Dies gelte auch bei einem Überwiegen des privaten Vertragszwecks, solange der berufliche Zweck keine nur ganz untergeordnete Rolle spiele.

EuGH vom 20.1.2005, Rs C-464/01 (Johann Gruber/Bay Wa AG; Vorlageantrag des OGH)

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