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Urteil gegen T-Mobile zur Internetgeschwindigkeit

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums eine Klage gegen die T-Mobile Austria GmbH (T-Mobile). Vom VKI beanstandet wurden acht Klauseln des Vertragsformblattes. T-Mobile gab in einer Klausel sehr niedrige Werte als geschätzte maximale Download- und Upload-Geschwindigkeiten an und schloss damit faktisch Gewährleistungsansprüche so gut wie aus . Das Handelsgericht (HG) Wien erklärte jetzt (fast) alle acht eingeklagten Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

Folgende kursiv gesetzte Klauseln im Vertragsformblatt von T-Mobile hat das HG Wien für unzulässig erklärt:

Klausel 1: "Ich stimme der Verwendung meiner Stamm- und Verkehrsdaten sowie sonstiger personenbezogener Daten gem. 14 der AGB zu Werbezwecken uber die Kontaktkanale Post, E-Mail, SMS fur eigene Produkte, sowie bedarfsgerechte Angebote, Serviceleistungen, Kooperationen, Umfragen und Dienste mit Zusatznutzen sowie zur anonymisierten Datenanalyse ausdrucklich zu."

Das HG Wien verweist auf die jüngst vom VKI erwirkte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 140/18h und teilt dessen Ergebnis:

Bei der Koppelung der Einwilligung zu einer Verarbeitung vertragsunabhängiger personenbezogener Daten mit einem Vertragsabschluss ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erteilung der Einwilligung nicht freiwillig erfolgt, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände für eine Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung sprechen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Vertragspartner der Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu Zwecken zustimmt, die für die Vertragsabwicklung nicht erforderlich sind, ist daher unzulässig bzw. intransparent. Dies galt auch schon nach dem DSG 2000.

Die Klausel wurde vom HG Wien daher sowohl nach geltendem (DSGVO) als auch nach früherem Recht (DSG 2000) für unzulässig erklärt.

Klausel 2: "Ich nehme zur Kenntnis, dass T-Mobile Austria bei Vertragsschluss sowie während der Dauer des Vertrages meine Stammdaten sowie mein Geburtsdatum zum Zwecke der Bonitätsprüfung an ein rechtlich befugtes Kreditschutzinstitut (AKV Europa - Alpenländischer Kreditorenverband, KSV 1870 Information GmbH, CRIF GmbH) übermittelt.

Weiteres bin ich damit einverstanden, dass T-Mobile Austria diese Daten, Informationen über Art und Inhalt des Vertragsverhältnisses sowie Bonitätsdaten nach zweimalig erfolgloser Mahnung (=qualifizierter Zahlungsverzug) zum Zwecke des Gläubigerschutzes an oben genannte Kreditschutzverbände sowie zur Verwendung durch einen gemeinsamen Nutzerkreis (Telekommunikationsunternehmen in Österreich) übermittelt."

Der erste Satz der Klausel wurde vom HG Wien für zulässig erachtet.

Wie das HG Wien ausführt, enthält der zweite Satz der Klausel eine Zustimmung zu einer Datenverwendung, die zur Vertragserfüllung nicht erforderlich ist, weshalb das HG Wien auf die Ausführungen zu Klausel 1 verweist. Selbst wenn man für diese Übermittlungen ein überwiegendes Interesse von T-Mobile annehmen würde, die die Verwendung rechtfertigte, wäre der zweite Satz der Klausel laut HG Wien als in irreführender Weise intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG zu beurteilen, da er dem Verbraucher suggeriert, dass die Übermittlung von seiner Zustimmung abhängt. Der zweite Satz der Klausel ist damit im Ergebnis jedenfalls rechtswidrig.

Klausel 3: "Je Sim-Karte wird bei Vertragsabschluss, Tarifwechsel oder Abgabe eines Kündigungsverzichtes eine jährliche Servicepauschale in Rechnung gestellt."

Für das HG Wien bleibt nach dieser Klausel unklar, wann oder wie oft eine Servicepauschale zu bezahlen ist, da sie einen jährlichen Abrechnungsrhythmus mit konkreten auslösenden Ereignissen (in denen allenfalls das pauschal abzugeltende "Service" erblickt werden könnte) verknüpft. Ob nun also etwa nach jedem Vertragsabschluss/Tarifwechsel/Kündigungsverzicht der jahrliche Rhythmus von neuem beginnt, oder ob für jedes dieser Ereignisse eine weitere jährliche Servicepauschale zu bezahlen sein soll (also etwa wenn zunächst ein Vertragsabschluss und in der Folge während der Vertragslaufzeit drei Tarifwechsel und zwei Kündigungsverzichte erfolgen, die Zahlung von zuletzt sechs jährlichen Servicepauschalen als vereinbart gilt), bleibt laut HG Wien völlig offen.

Das HG Wien beurteilte die Klausel daher als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 4: "Im Einklang mit der EU Verordnung 2015/2120 informieren wir Sie darüber, dass die geschätzte maximale Bandbreite ihres Tarifes an der Vertragsadresse bei LTE Versorgung 2 Mbit/s im Download und 0,5 Mbit/s im Upload, bei 3G Versorgung 1 Mbit/s im Download und 0,25 Mbit/s im Upload und bei 2G Versorgung 180 Kbit/s im Download und 90 Kbit/s im Upload beträgt."

Das HG Wien führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass mit Blick auf jene Download- und Upload-"Geschwindigkeiten", die T-Mobile differenziert nach ihren Tarifmodellen tatsächlich anbietet (jeweils MBit Down/Up: 30/6, 70/14, 150/20, 300/50), eine Leistungsbeschreibung, die - über alle Tarife einheitlich - nur Bandbreiten (je nach Technologie) von 2/0,5 Mbit/s, 1/0,25 Mbit/s und 180/90 Kbit/s vorsieht, ganz offensichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und die Verpflichtung zur Erbringung einer mangelfreien Leistung (in Bezug auf die Bandbreite) praktisch so gut wie ausschließt. Selbst im günstigsten Fall beträgt die beworbene Geschwindigkeit das Fünfzehnfache der geschätzten (angeblich) maximalen Geschwindigkeit.

Damit liegt laut HG Wien eine Umgehung des Verbots der Gewährleistungseinschränkung des § 9 Abs 1 KSchG vor, weshalb die Klausel unzulässig ist.

Klausel 5: "Ich bin mit den Allgemeinen Geschaftsbedingungen (AGB) einverstanden und habe diese vor Angebotslegung eingesehen."

Hierin liegt eine Tatsachenbestätigung, die, da sie die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers, indem sie ihn mit einem Beweis belastet, den er sonst nicht erbringen müsste, erschwert, nach § 6 Abs 1 Z 11 KSchG nichtig ist. Nach der Klausel müsste der Verbraucher beweisen, dass er die AGB etwa gar nicht einsehen konnte (was ihrer Einbeziehung in den Vertrag entgegenstehen könnte). Die Klausel wurde daher wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG vom HG Wien für unzulässig erklärt.

Klausel 6: "Ich habe die Tarifinformationen und Entgeltbestimmungen fur meinen Tarif bzw. fur mein Zusatzpaket und gegebenenfalls zugehorige Leistungsbeschreibungen, Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen, abrufbar unter www.***, gelesen und verstanden."

Die Unzulässigkeit der Klausel ergibt sich laut HG Wien aus denselben Erwägungen wie zu Klausel 5.

Klausel 7: "Ich wurde gesondert darauf hingewiesen, dass die monatliche Grundgebuhr meines gewahlten Tarifes wertgesichert ist."

Wie das HG Wien ausführt, liegt in der Klausel eine Tatsachenbestätigung, die einem Verbraucher die Beweislast dafür aufbürdet, dass er auf die "Wertsicherung" der monatlichen Grundgebühr nicht gesondert hingewiesen worden sei. Sie ist daher schon (wie bereits zu Klausel 5 ausgeführt) nach § 6 Abs 1 Z 11 KSchG unzulässig.

Darüber hinaus wurde die Klausel vom HG Wien auch als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG beurteilt, da aus ihr gerade nicht hervorgeht, was mit dem (euphemistischen) Begriff der "Wertsicherung" gemeint ist und wie diese ausgestaltet ist. Sollte damit beispielsweise eine periodische Entgelterhöhung und/oder -senkung zum Ausgleich für die Geldentwertung gemeint sein, so fehlen Angaben zum konkreten Index, Schwellenwerten, Anpassungszeitpunkten etc. Damit ist völlig unklar, worüber der Kunde konkret aufgeklärt wurde und was er mit Akzeptanz dieser Klausel eigentlich bestätigt.

Klausel 8: "Ich habe die Tarifinformationen fur meinen Tarif bzw. Optionsentgeltbestimmungen fur gebuchte Optionen gelesen und verstanden und wurde gesondert darauf hingewiesen, dass die monatliche Grundgebuhr meines Tarifes wertgesichert ist."

Die Klausel kombiniert bzw. wiederholt den Inhalt der Klauseln 6 und 7 und wurde daher nach den dort angeführten Erwägungen vom HG Wien ebenfalls für unzulässig erklärt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

HG Wien 21.12.2018, 44 Cg 31/18s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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