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Urteil: Gesetzwidrige Klauseln bei AUA

Der VKI gewinnt - im Auftrag des BMSG - eine Verbandsklage gegen die AUA in erster Instanz - 18 Klauseln in deren Allgemeinen Beförderungsbedingungen wurden als rechtswidrig beurteilt.

Mit Abmahnschreiben vom 20.2. 2003 hat der VKI die AUA aufgefordert, die Verwendung 19 rechtswidriger Klauseln in deren Beförderungsbedingungen zu unterlassen. Die Gegenseite kam dieser Aufforderung nicht nach, sodass wir Verbandsklage eingebracht haben. In 18 Punkten haben wir vom Handelsgericht Wien Recht bekommen.

Folgende Klauseln waren strittig und wurden mit nachstehender Begründung für unwirksam erklärt:

1. Manche Tickets werden zu Spezialtarifen ausgestellt und können aus diesem Grund ganz oder teilweise nicht refundiert werden. Sollte daher ihr Ticket entsprechend ihren Bedürfnissen auswählen. Außerdem sollten Sie für eine ausreichende Versicherung sorgen für den Fall, dass Sie ihre Reise stornieren müssen.

Sollte es ihnen aus Gründen der höheren Gewalt nicht möglich sein, eine Reise anzutreten, so können wir Ihnen bei einem nicht refundierbaren Ticket den entsprechenden Betrag unter Verrechnung einer angemessenen Bearbeitungsgebühr gutschreiben. Voraussetzung dafür ist, dass das Ticket noch zur Gänze ungebraucht ist und sie uns umgehend von dem Nichtantritt der Reise unter Nachweis des Vorliegens der höheren Gewalt in Kenntnis setzen. Die Gutschrift können sie für spätere Buchungen bei uns verwenden.

Der generelle Ausschluss der Refundierung von Ticketpreisen bei Spezialtarifen ist gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil sich die AUA anrechnen lassen muss, was sie sich durch die Stornierung erspart bzw. durch Weiterverkauf des Sitzplatzes eingenommen hat (§ 1168 ABGB). Man wird nämlich davon ausgehen können, dass bei rechtzeitiger Stornierung der Platz durchaus an andere Passagiere vergeben wird. Die Klausel wurde auch als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG angesehen, da unklar bleibt, wann Tickets nicht oder nur teilweise refundiert werden können; der Passagier erfährt nicht, bei welchen "Spezialtarifen" diese Regelung gelten soll.

2. Spezialtarife können an Bedingungen geknüpft sein, welche ihr Recht, ihre Buchung zu ändern oder zu stornieren, beschränken oder ausschließen.

Auch diese Klausel ist - wie zuvor bereits dargelegt - gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB und verstößt auch gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

3. Wir haften nicht für irgendwelche Schäden oder Ausgaben, die ihnen auf Grund der Nichteinhaltung der Bestimmungen dieses Artikels entstehen.

Diese Vereinbarung schließt unzulässigerweise Schadenersatzansprüche des Kunden aus und verstößt daher hinsichtlich der Inlandsflüge gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Im übrigen ist die Klausel auch gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, da nicht darauf abgestellt wird, ob die Nichteinhaltung von der AUA oder vom Passagier zu vertreten ist. Eine Verspätung kann nämlich nicht vom Passagier zu vertretende Gründe haben (z.B. Falschinformation, Sicherheitskontrollen).

4. Im aufgegebenen Gepäck dürfen sich insbesondere kein Geld, Schmuck, Edelmetalle, Computer, elektronische Geräte, Medikamente, Schlüssel, Wertpapiere, Effekten oder andere Wertgegenstände, Geschäftsdokumente, Pässe und andere Ausweispapiere oder Muster befinden.

Diese Klausel wurde als überraschend im Sinn des § 864 a ABGB angesehen, weil der Passagier nicht damit zu rechnen braucht, dass etwa die Beförderung eines Walkmans im aufgegebenen Gepäck durch diese Klausel verboten ist. Außerdem werden die Passagiere durch eine weitere Bestimmung angehalten, Gepäck, welches das Maximalgewicht überschreitet, aufzugeben, was aber durch die vorliegende Klausel unmöglich gemacht wird. Diese Vereinbarung verstößt überdies gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, da die aufgezählten Gegenstände unüberschaubar sind. Durch den Passus "andere Wertgegenstände" kommt man nämlich zu einer endlosen Liste an Gegenständen, die man nicht als Gepäck aufgeben darf.

5. Befinden sich dennoch irgendwelche Gegenstände, wie in. 8.3.1., 8.3.2. und 8.3.4 erwähnt, in ihrem Gepäck, haften wir nicht für deren Verlust oder Schäden an diesen Gegenständen.

Diese Klausel stellt einen unzulässigen Haftungsausschluss (keine Bezugnahme auf eine bestimmte Verschuldensform) dar und verstößt daher gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

6. Sofern wir mit ihnen keine anderen Vereinbarungen getroffen haben, behalten wir uns vor, Gepäck erst mit einem späteren Flug zu transportieren.

Diese Klausel wurde als überraschend im Sinn des § 864a ABGB und als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB angesehen. Die Klausel ist nämlich an keinen Umstand gebunden, die einen späteren Transport sachlich rechtfertigen würde. Der Passagier muss mit einer solchen Bestimmung auch nicht rechnen, da er davon ausgeht, dass das Gepäck mit ihm gleichzeitig am Ankunftsort ankommt.

7. Sollten Sie es nicht binnen angemessener Zeit abholen, erlauben wir uns, eine entsprechende Lagergebühr einzuheben.

Diese Vereinbarung verstößt gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, weil die Wortfolge "angemessene Zeit" und "entsprechende Lagergebühr" gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt. Die Einhebung einer Lagergebühr würde allein in der Willkür der Beklagten stehen.

8. Verlangen Sie ihr Gepäck nicht binnen drei Monaten ab dessen Bereitstellung, entsorgen wir es und haften keinesfalls für dadurch entstehende Schäden.

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, da die Haftung der AUA unabhängig von der Verschuldensform ausgeschlossen wird.

9. Wir haften nicht für Verluste, Schäden oder Aufwendungen, die daraus entstehen, dass wir es unterlassen haben, die Berechtigung zu überprüfen.

Auch diese Klausel verstößt wiederum gegen § 6 Abs 1 Z 9, weil die Vereinbarung auch eine Haftungsfreizeichnung für den Fall der Gepäckslagerung bzw. -verwahrung vorsieht.

10. Sofern die Beförderung der Tiere nicht den Haftungsbestimmungen des Abkommens unterliegt, sind wir nicht haftbar für Verletzung, Verlust, Krankheit oder Tod eines Tieres, welches wir transportiert haben, außer uns wird grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen.

Diese Vereinbarung ändert die gesetzliche Beweislastverteilung zum Nachteil des Verbrauchers und verstößt daher gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.

11. Wir schließen daher jede darüber hinausgehende Haftung jedenfalls aus.

Die Klausel verstößt hinsichtlich Inlandsflügen gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, da die Haftung in jedem Fall - unabhängig von der Verschuldensform - ausgeschlossen wird. Dies bedeutet, eine Freizeichnung für jegliche Verspätungsschäden.

12. Wir haften nicht für mittelbare Schäden oder Folgeschäden sowie für Schadenersatz mit pönalem Charakter.

Diese Haftungsbeschränkung verstößt hinsichtlich Inlandsflügen gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, wonach auch der Ausschluss bestimmter Schadensarten unzulässig ist.

13. Haftungsausschluss: übernehmen wir Ihre Beförderung, obwohl diese auf Grund Ihres Alters oder Ihres geistigen oder körperlichen Zustandes eine Gefahr für sie darstellt, oder eine solche zu befürchten ist, so haften wir nicht für Schäden, die durch diesen Zustand verursacht oder mitverursacht worden sind.

Diese Bestimmung verstößt ebenfalls gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, da die Haftung der Gegenseite wiederum unabhängig von deren Verschulden zur Gänze ausgeschlossen wird.

14. Wir haften nicht für Verlust, Beschädigung oder verspätete Auslieferung von zerbrechlichen oder verderblichen Gegenständen, Geld, Schmuck, Edelmetallen, Silberwaren, Wertpapieren, Effekten oder anderen Wertsachen, Medikamenten, Schlüssel, Urkunden, elektrischen oder elektron. Geräten einschließlich Computer und Fotoapparaten, Geschäftspapieren, Pässen und anderen Ausweisdokumenten oder Mustern sowie von Gegenständen, deren Beförderung als Gepäck nicht zulässig ist und die sich mit oder ohne unser Wissen in ihrem Gepäck befinden.

Hinsichtlich Inlandsflügen verstößt auch diese Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

15. Sofern sie nicht das Gegenteil beweisen, stellt die Entgegennahme des Gepäcks ohne unverzügliche Reklamation zum Ausfolgezeitpunkt einen ausreichenden Beweis dafür dar, dass das Gepäck in ordnungsgemäßem Zustand und in Übereinstimmung mit dem Beförderungsvertrag übergeben wurde. Bei Gepäckschäden ist jede Klage ausgeschlossen, wenn sie uns nicht unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, spätestens jedoch 7 Tage nach Erhalt des Gepäcks, Anzeige über den Schaden erstatten. Der Verlust eines Gepäckstückes ist jedenfalls unverzüglich anzuzeigen. Die verspätete Auslieferung ist ebenfalls unverzüglich anzuzeigen, wobei diese spätestens 21 Tage nach Andienung des Gepäcks zu erstatten ist. Die Anzeige bedarf der Schriftform und muss innerhalb der vorgenannten Frist abgesandt werden.

Die vorliegende Klausel verstößt hinsichtlich Inlandsflügen ebenfalls gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

16. Eine Klage auf Schadenersatz kann nur binnen einer Ausschlussfrist von 2 Jahren erhoben werden, gerechnet vom Tag der Ankunft des Flugzeuges am Bestimmungsort oder von dem Tag, an welchem das Flugzeug am Bestimmungsort hätte ankommen sollen oder von dem Tag, an dem die Beförderung abgebrochen wurde.

Auch diese Klausel verstößt hinsichtlich von Inlandsflügen gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, da die Haftung dann ausgeschlossen wird, wenn eine Klage nicht innerhalb der Ausschlussfrist von 2 Jahren erhoben wird, was wie eine Haftungsfreizeichnung zu werten ist. Im übrigen wird dadurch die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren zum Nachteil des Verbrauchers abbedungen, sodass die Klausel auch als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB zu bezeichnen ist.

17. Sollte sich aus den Bestimmungen des Abkommens kein Gerichtsstand ergeben, gilt das sachlich zuständige Gericht in Wien als vereinbart.

Die vorliegende Vereinbarung bezieht sich auch auf nationale Beförderungen, sodass das KSchG zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich § 14 KSchG ist die Vereinbarung des sachlich zuständigen Gerichtes in Wien zu eng und daher unzulässig. Gemäß § 14 KSchG darf für Klagen gegen einen Verbraucher nämlich nur die Zuständigkeit des Gerichtes begründet werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Beschäftigungsort des Verbrauchers liegt.

18. Zu diesem Zweck und um die gänzliche Streichung eines Fluges zu vermeiden, können wir daher in Ausnahmefällen einen anderen Luftfrachtführer mit der Beförderung betrauen oder ein anderes Flugzeug für die Beförderung einsetzen.

Diese Klausel stellt eine unzulässige Leistungsänderung im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG dar, weil nicht darauf abgestellt wird, ob die Leistungsänderung dem Verbraucher auch zumutbar ist. Die Wahl einer Fluglinie geschieht in vielen Fällen begründet. Neben Sicherheitsaspekten sind auch Komfortwünsche für den Konsumenten bei der Wahl der Fluglinie ausschlaggebend. Die persönliche Beförderung durch die AUA gehört zum Vertraginhalt und kann daher nur einseitig geändert werden, wenn die Änderung dem Verbraucher zumutbar ist.

Hinsichtlich folgender Klausel wurde das Klagebegehren abgewiesen:

Ihr aufgegebenes Gepäckstück wird, soweit möglich, immer auf demselben Flugzeug wie sie befördert, es sei denn, dass wir entscheiden, die Beförderung aus Sicherheits- oder operationellen Gründen auf einem anderen Flug durchzuführen.

Im Unterschied zu Klausel 6) beinhaltet die Bestimmung eine sachliche Rechtfertigung für eine mögliche verspätete Beförderung des aufgegebenen Gepäcks, weshalb sie wirksam vereinbart werden kann.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob die Gegenseite Berufung erheben wird.

HG Wien 11.6.2004, 10 Cg 48/03v

Klagevertreter: Dr. Stefan Langer und Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien.

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