Der VKI hatte im Auftrag des BMJ (siehe VR-Info 4/2002 , 11/2002 und 2/2003 ) die in Österreich tätigen Telefonauskunftanbieter (Conduit Enterprises GmbH, CLC AG, Telekom Austria und Telegate GmbH) wegen Verletzung von Informationspflichten nach dem Fernabsatzgesetz auf Unterlassung geklagt. Die Verfahren gegen CLC und Telekom Austria haben wir - vor Untergerichten - bereits rechtskräftig gewonnen. Nun liegt die erste OGH-Entscheidung vor.
Den Unternehmen wurde vorgeworfen, dass Konsumenten bei Beginn der Auskunft weder die Kosten dieser Dienstleistung noch Name und Adresse des Dienstleisters bekannt gegeben werde, obwohl sie nach dem Fernabsatzgesetz dazu verpflichtet wären. Strittig war insbesondere, ob es ausreicht, die entsprechenden Informationen auf der Website des Unternehmens im Internet zur Verfügung zu stellen oder ob der Verbraucher auch bei Beginn des Gespräches diese Basisinformationen erhalten muss.
Im Verfahren gegen Conduit hat der OGH unsere Rechtsmeinung nunmehr ausdrücklich bestätigt und die Gegenseite wegen Verletzung von Informationspflichten zur Unterlassung verpflichtet. Damit liegt die erste höchstgerichtliche Entscheidung zum Fernabsatzgesetz vor, die wie folgt begründet wurde:
Durch die Bestimmungen §§ 5a bis 5j KSchG wurde die Fernabsatz-Richtlinie umgesetzt. Ziel dieser Richtlinie ist es, den Verbraucher bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz durch Informationspflichten zu schützen. Dies deshalb, weil der Verbraucher die Ware vor dem Kauf nicht sieht und typischerweise auch eine persönliche Beratung durch den Verkäufer fehlt. Gemäß § 5a KSchG liegt ein Vertragsabschluss im Fernabsatz immer dann vor, wenn ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel geschlossen wird. Darunter fallen somit auch Vertragsabschlüsse über das Telefon. Die typische Situation eines solchen Distanzgeschäftes ist also eine "Kontaktpflege unter Abwesenden".
Im Regelfall kommt der Vertragsabschluss im Fernabsatz zustande, indem der Verbraucher als Reaktion auf eine Katalog-, Postwurf- oder Internetwerbung des Unternehmers seine als Anbot zu deutende Vertragserklärung abgibt, die der Unternehmer durch Absenden der bestellten Ware oder Erbringung der Leistung - somit durch"tatsächliches Entsprechen" annimmt. Für den OGH bestand kein Zweifel daran, dass die Inanspruchnahme eines telefonischen Auskunftsdienstes (ebenso wie jene von Mehrwertdiensten) als Rechtsgeschäft im Fernabsatz zu beurteilen ist. Vertragspartner des Anrufers ist jenes Unternehmen, das den Auskunftsdienst betreibt und anbietet, gleichgültig, ob der Auskunftsdienstbetreiber über ein eigenes Teilnehmernetz verfügt oder sich der Teilnehmernetze Dritter bedient.
Der beklagte Auskunftsdienstleister unterliegt daher den Informationspflichten des Fernabsatzes, wobei es nicht ausreicht, dass die entsprechenden Informationen auf einer Website der Beklagten im Internet zu finden sind. Bei Ferngesprächen mit Verbrauchern sind der Name oder die Firma des Unternehmers und der geschäftliche Zweck des Gesprächs zu dessen Beginn klar und verständlich offenzulegen und zwar auch dann, wenn der Verbraucher angerufen hat; unabhängig davon, ob bereits eine Vertragsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher besteht oder bestanden hat. Diese Angaben sollen dem Verbraucher den Vergleich mit anderen Angeboten erleichtern.
Nach Auffassung des OGH hat der Gesetzgeber - wie sich aus § 5c Abs 2 KSchG und den Gesetzesmaterialien erkennen lässt, die Form der beim Fernabsatz erforderlichen Informationsdarbietung bewusst offen formuliert, damit die unterschiedlichen technischen Möglichkeiten uneingeschränkt genutzt werden können. Bedenkt man aber den Zweck der Norm, einen Verbraucher schon zu Beginn eines Telefongesprächs so weit zu informieren, dass er sich entscheiden kann, ob er das Gespräch fortsetzen will oder nicht, kann dieser Zweck nur dadurch erreicht werden, dass dem Verbraucher die wesentlichen Informationen unmittelbar am Beginn des Gesprächs ungefragt mitgeteilt werden. Zu den wesentlichen Informationen zählen jedenfalls der Name (Firma) samt ladungsfähige Anschrift des Unternehmers und eine allgemeine Preisinformation (etwa durch Nennung eines Höchstpreises pro Minute). Ein Wechsel des Fernkommunikationsmittels zum Abruf der benötigten Basisinformationen stellt nämlich für den Verbraucher einen übermäßigen Aufwand dar; überdies kann man nicht davon ausgehen, dass dieses andere Kommunikationsmittel (z.B. Internet) allgemein verfügbar ist.
Damit haben wir drei der vier "Telefonauskunft-Prozesse" erfolgreich abgeschlossen. Offen ist noch das Verfahren gegen Telegate.
OGH 29.4.2003, 4 Ob 92/03p
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien