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Urteil: HG Wien: Gesetzwidrige Klauseln bei Unfallversicherung

Der VKI führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine Unterlassungsklage gegen die VAV-Versicherung. Es geht um drei gängige AUVB-Klauseln in der Unfallversicherung.

Das HG Wien hat nun in erster Instanz entschieden und der Klage vollinhaltlich stattgegeben: Alle drei inkriminierten Klauseln sind gesetzwidrig.

Einseitiges Leistungsänderungsrecht (Art 6 AUVB 2010): Ein Recht des Versicherers auf Erhöhung der Prämie bzw Reduzierung der Versicherungssumme bei Änderung von Berufstätigkeit oder Beschäftigung des Versicherten ist im Vergleich zu den zugunsten des Versicherungsnehmers einseitig zwingenden Regelungen bei nachträglicher Gefahrerhöhung nicht günstiger und damit unzulässig (§§ 23 ff iVm § 34a VersVG), wenn dem Versicherungsnehmer für diesen Fall kein Kündigungsrecht eingeräumt wird. 

Art 7 AUVB 2010, wonach dem Versicherer "das Recht zu verschaffen" ist, "gegebenenfalls eine Obduktion durch einen [ ... ] Arzt vornehmen zu lassen" normiert eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls, die bei Verletzung zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Dies gilt nach der Formulierung der Klausel auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte wegen Verweigerung der nach § 25 KAKuG erforderlichen Zustimmung der nächsten Angehörigen des Verstorbenen gar keine Möglichkeit dazu hat, und daher - entgegen § 6 Abs 3 VersVG (vgl § 15a VersVG) - auch ohne grobes Verschulden. Die Klausel ist jedenfalls intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG (arg "gegebenenfalls", "verschaffen"); ob auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, wird offen gelassen.

Art 11 AUVB 2010 enthält eine Nachzahlungs- bzw Dauerrabattrückforderungsklausel bei einer Vertragslaufzeit von zumindest 10 Jahren, die unklar und intransparent formuliert und daher gem § 6 Abs 3 KSchG jedenfalls unzulässig ist. Rückzahlungspflichten des Versicherungsnehmers in Bezug auf Rabatte oder Prämiennachlässe, die ihm wegen der längeren Laufzeit gewährt wurden, sind zwar grundsätzlich zulässig. Entsprechende Klauseln müssen aber bestimmt formuliert sein und die Berechnung des Rückforderungsbetrags ermöglichen. Dies ist bei der konkreten Klausel nicht der Fall - Verstoß gegen § 864a ABGB. Die Nachzahlungsverpflichtung ist ferner gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB), weil sie abweichend von § 41b VersVG auch "Kosten und Prämien" sowie "Gutachtenkosten" erfasst, die keine vom Versicherungsnehmer verursachten Mehraufwendungen sind, sondern mit der Abwicklung des Versicherungsverhältnisses ohnehin einhergehen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 01.07.2013, 39 Cg 40/12v
 Klagsvertreter: RA Dr. Stefan Langer

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