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Urteil im VW-Abgasskandal: NOx Werte im Realbetrieb zu hoch

Das LG Eisenstadt sah eine berechtigte Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen Irrtums und sprach den Klägern den Kaufpreis abzüglich Benutzungsentgelt zu. Manipulierte Fahrzeuge besäßen nicht die beim Kauf gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften, wenn die angegebene Werte für den NOx Ausstoß im Realbetrieb um das 5-fache überschritten werden. Auch nach dem Software Update werden Grenzwerte um 77% überschritten.

Die klagenden Parteien erwarben am 16.7.2013 einen Audi Q3 von der Beklagten als Vertragshändlerin der Porsche Austria GmbH& Co KG für EUR 40.490.

Das LG Eisenstadt stellte fest, dass durch die unzulässige Abschaltevorrichtung ein Eingriff in die Umschaltlogik zwischen Prüfstand und normaler Fahrzeugbetrieb vorlag und dies einen Eingriff in das Emissionskontrollsystem darstellte. Weiters wurde festgestellt, dass, wenn das KBA von der Umschaltelogik Kenntnis gehabt hätte, die Erstbetriebsgenehmigung versagt oder wieder beseitigt worden wäre. Ein Software-Update, welches die Umschaltelogik entfernen konnte, lag erst am 1.12.2016 vor. Hierfür wurde ein gänzlich neuer Modus entwickelt, dieser entspricht nicht dem Prüfstandmodus.

Im Zuge der Gutachtenserstellung wurden Realfahrtmessungen vor und nach dem Update durchgeführt. In der Messung vor dem Update betrug der mittlere NOx Wert 625,7 mg/km. Dies bedeutete eine Überschreitung von 247,6% oder dem 3,4-fachen des zulässigen Grenzwertes gemäß Euro-5-Norm sowie eine 5-fache Überschreitung des im Datenauszug angegeben Wertes. Die Realfahrtmessung nach dem Software-Update ergab einen mittleren NOx Werte von 318,9 mg/km. Dies bedeutet eine Überschreitung von 77% des Grenzwertes oder dem 2,5-fachen des im Datenauszug angegeben Wertes.

Die Richterin gab zwar an, dass es im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung sei, dass Prüfstandwerte im Realbetrieb überschritten werden. Es wurde festgehalten, dass ein Überschreiten von 20-30% noch akzeptabel erscheine, ein Überschritten von 247% vor bzw 77% nach dem Update aber frappiere.

Das Fahrzeug besitze nicht die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften wenn der Schadstoffausstoß im Realbetrieb um mehr als 200% höher sei als auf dem Prüfstand. Der Käufer müsse davon ausgehen können, dass ein Neuwagen allen gesetzlichen Anforderungen entspreche und keine unzulässige Abschalteinrichtung aufweise. Die Kläger seien daher einem wesentlichen Geschäftsirrtum unterlegen. Der Irrtum sei von der Beklagten veranlasst worden, auch wenn diese keine Kenntnis vom Umstand hatte.

Es sei keine Schadlosstellung durch das Software-Update erfolgt. Einerseits sei das Software-Update erst über ein Jahr nach dem Auffliegen des Skandals zur Verfügung gestanden. Außerdem werde nach dem Update zwar auf dem Prüfstand die Euro-5-Norm eingehalten, im Realbetrieb gäbe es aber nach wie vor eine Überschreitung von 77%. Zwar behaupte die beklagte Partei es gäbe keine gesetzlichen Vorgaben der Verordnung zur Einhaltung im Realbetrieb. Hier sei aber auf Art 5 Abs 1 der Verordnung zu verweisen nach welcher die Herstellerin das Fahrzeug so auszustatten habe, dass die Bauteile das Emissionsverhalten voraussichtlich so beeinflussen, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen der VO entspricht. Sowohl das Ziel der Verordnung als auch die Erwartung der Käufer sei es, dass die Grenzwerte auch im normalen Straßenverkehr (annähernd) erreicht werden. Dies sei nicht erreicht worden. Die klagenden Parteien sind daher zur Vertragsrückabwicklung berechtigt. Sie müssen das Fahrzeug zurückgeben und bekommen dafür den Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 29.05.2018)

LG Eisenstadt 14.05.2018, 18 Cg 18/16y
Klagevertreter: Mag. Michael Poduschka, RA in Linz/Wien

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