Das Handelsgericht untersagte der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung eines Tarifs für Mobilfunkdienstleistungen, insbesondere für ihren Tarif "Fairplay" zu unterlassen, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, der Tarif bestehe lediglich aus einer Grundgebühr und der damit verbundenen Befreiung von Gesprächsentgelten, etwa durch Aussagen wie: "Alle Gespräche. Alle Netze. Ein Preis. Nur 25 € im Monat!", wenn sie tatsächlich eine Befreiung von den Gesprächsentgelten nur bis zu einer bestimmten Gesprächsdauer, etwa 1000 Minuten im Monat, gewährt und darüber hinausgehende Telefonate zusätzlich zeitabhängig verrechnet werden.
Weiters untersagte es der Beklagten, es bei der Bewerbung eines Tarifs für Internetleistungen, etwa für den Tarif "Fairclick" zu unterlassen, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, der Tarif bestehe nur aus einer Grundgebühr für ein unbegrenzt zur Verfügung stehendes Datenvolumen, insbesondere durch Ankündigungen wie: "Du surfst völlig entfesselt. Klick soviel Du willst. Alle Seiten. Alle Klicks. Zum Fixpreis von nur 25 Euro im Monat.", wenn durch dieses Grundentgelt tatsächlich nur ein begrenztes Datenvolumen, etwa 10 Gigabyte pro Monat abgedeckt ist, für jede darüber hinausgehende Datenübertragung aber ein vom herunter geladenen Datenvolumen abhängiges Entgelt, etwa ein Entgelt von 10 Cent pro Megabyte, zusätzlich zur Grundgebühr verrechnet wird.
Sachverhalt
Der Tarif "Fairplay" wurde zum Preis von 25 Euro angeboten und umfasste insgesamt 4.000 Freiminuten Telefonie, getrennt in 4 Kontingente: 1.000 Minuten ins Festnetz, 1.000 Minuten netzintern, 1.000 Minuten zur Mobilbox und 1.000 Minuten insgesamt in alle Fremdnetze.
Darüber hinaus betrug der Minutenpreis 20 Cent.
Der Tarif "Fairclick" umfasste ein Datentransfervolumen von 10 Gigabyte zum Preis von 25 Euro monatlich. Bei Überschreitung des inkludierten Transfervolumens verrechnete T -Mobile 10 Cent pro Megabyte (das bedeutet, dass außerhalb der Flatrate 10 Gigabyte Datentransfer 1.000 Euro, d.h. das 40 - fache kosten).
In den Radio- und Fernsehspots wurde einerseits auf die Webseite der Beklagten, andererseits darauf hingewiesen, es gelte "Fairlimit".
Das Gericht wendete das UWG in der neuen Fassung an, weil die beanstandeten Handlungen nach dem 12.12.2007 gesetzt bzw. wiederholt worden seien, und setzte sich sehr ausführlich mit den im Verfahren aufgeworfenen Fragen auseinander.
Die Irreführung nach § 2 UWG indiziere die im § 1 UWG geforderten Tatbestandsmerkmale der Verletzung der beruflichen Sorgfalt und der wesentlichen Beeinflussung eines Durchschnittsverbrauchers, weshalb diese nicht gesondert geprüft werden müssten.
Unrichtige Werbeaussagen
Die beanstandete Werbung der Beklagten enthalte unrichtige oder zumindest missverständliche Angaben. Beide der oben zitierten Slogans implizierten eine unbegrenzte oder zumindest so große Freimenge, dass es ohne bewusste Zweckentfremdung nicht zu einer Überschreitung der Nutzungsgrenzen kommen könne. Dieser Eindruck sei jedoch objektiv unrichtig und stehe in krassem Widerspruch zur tatsächlichen Begrenzung mit maximal 4.000 Minuten. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass der durchschnittliche Mobiltelefonnutzer ein Kontingent von 1.000 Minuten zur Mobilbox wohl nie ausreizen würde, das Telefonieren in Fremdnetze aber auf 1.000 Minuten begrenzt sei.
Eine marktschreierische Anpreisung läge hier nicht vor, denn selbst der Slogan "Du surfst völlig entfesselt" sei nicht so realitätsfern, dass er als offenbar unrichtig erkannt würde. Der Durchschnittskonsument verfüge nämlich nicht über den technischen Sachverstand hinsichtlich Netzkapazitäten und Mobilfunktechnik, dass es ihm von vornherein absurd schiene, dass eine unlimitierte Nutzung angeboten würde. Denn aus einer Laienperspektive verursache ein Mobilfunknetz zwar hohe Infrastrukturkosten (Fixkosten), aber nur geringe nutzungsabhängige Betreibungskosten (variable Kosten), sodass aus dieser Perspektive eine geringe und eine hohe Nutzung ca. gleich hohe Kosten verursachten.
Der Hauptinhalt der Werbung sei daher unrichtig oder zumindest unklar, wobei Unklarheit allerdings wie Unrichtigkeit zu werten sei, weil der Werbende die ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muss.
Keine Beseitigung des unrichtigen Gesamteindrucks durch aufklärende Hinweise
Weiters sei zu überprüfen, ob durch den unrichtigen Hauptinhalt auch ein unrichtiger Gesamteindruck entstanden sei, der sich auch nach Berücksichtigung blickfangartiger Hervorhebungen für den Durchschnittsverbraucher ergibt. Allfällige aufklärende Hinweise, die einen richtigen Gesamteindruck herstellen könnten, seien streng zu beurteilen. Solche Hinweise müssen deutlich sichtbar sein und unmissverständlich klarstellen, was die objektiv unrichtige Hauptaussage eigentlich meine.
Hinweis auf ein "Fairlimit"
Ausreichend deutlich wahrnehmbar seien hier höchsten die Hinweise in den Werbespots ("Es gilt Fairlimit", Hinweis auf die Website der Beklagten), nicht jedoch die Informationen in der Printwerbung und auf der Webseite selbst (Hinweis im linken unteren Eck, in Kleindruck bzw. im unteren Bereich der Webseite, der erst durch Hinunterscrollen aufgedeckt werden kann). Letztere erfüllten daher die Anforderungen an einen deutlichen aufklärenden Hinweis nicht, weil es mangels Verweises (z.B. hochgestellte Nummer o.ä.) im Slogan bzw. im Tarifblock für den Konsumenten keine Veranlassung gebe, den Rest des Inserats oder der Webseite nach Zusatzinformationen abzusuchen (mit Verweis auf 4 Ob 18/08p).
Unabhängig von der Deutlichkeit sei der "aufklärende" Hinweis aber auch missverständlich und somit ungeeignet, den unrichtigen Eindruck des Hauptteils zu korrigieren. Das Einzige, was der Verbraucher aus "Fairlimit" ableiten könnte, sei, dass es bestimmte Beschränkungen gebe. Jedoch sei etwa beim Tarif "Fairplay" keinesfalls von vornherein klar, dass damit Minutenbeschränkungen gemeint seien, es könnte sich auch um eine Klarstellung handeln, dass z.B. Auslandsnetze oder SMS nicht inkludiert seien.
Ebenso ließen sich beim "Fairclick" - Tarif zahlreiche Interpretationen finden.
Es sei daher nicht ohne weiteres klar, dass "Fairlimit" eine Beschränkung nach Minuten oder Gigabyte darstellen, womit die Konnexität zum Hauptslogan fehle. Selbst wenn der Nutzer eine Assoziation mit dem Hauptslogan machen würde, so müsste er bei "Limit" nicht mit Zusatzkosten rechnen.
Es sei eine maßlose Überspannung der vom Durchschnittsverbraucher zu erwartenden Aufmerksamkeit, und auch nicht nachvollziehbar, dass der verständige Verbraucher aus der Silbe "Fair" auf das - in Österreich unter diesem Begriff weithin unbekannte und hauptsächlich in den USA verbreitete - "Fair Use" -Prinzip schließen solle, wie die Beklagte unterstellte. Dieses Argument sei daneben aber auch nicht zielführend, denn die Definition des "Fair Use" - Prinzips sage nur allgemein, dass es bei Überbenutzung zu Einschränkungen kommen kann, es könne daraus aber nicht auf eine Begrenzung nach Minuten oder Gigabyte geschlossen werden bzw. auf eine zusätzliche Entgeltverrechnung für darüber hinaus konsumierte Einheiten.
Hinweis auf die Unternehmerwebseite
Auch der Hinweis auf die Webseite der Beklagten sei unzureichend, werde mittlerweile doch fast in sämtlichen Einschaltungen in der einen oder anderen Form auf Webseiten verwiesen, weshalb der Durchschnittsverbraucher von dort bestenfalls ergänzende, nicht aber grundlegende Hinweise (wie Einschränkungen für den als unlimitiert angepriesenen Tarif) erwarte.
Abgesehen davon, erfüllte im gegenständlichen Fall auch die Darstellung auf der Webseite nicht die Anforderungen an einen unmissverständlichen aufklärenden Hinweis.
Hinsichtlich des "Fairclick" - Tarifs sei die Darstellung auf der Webseite zwar übersichtlicher als hinsichtlich des "Fairplay" -Tarifs, weil direkt im Textblock auf eine Beschränkung von 10 GB hingewiesen würde, jedoch sei ein Verweis auf eine Webseite für einen Verbraucher, der sich erst auf der Suche nach einem Internetanschluss befindet, im Regelfall nicht zielführend und könne daher nicht als leichter zugänglich bezeichnet werden.
Das Gericht stellte jedoch nochmals klar, dass ein Verweis auf die Webseite schon für sich genommen keinen ausreichenden aufklärenden Hinweis ersetzen kann.
Wohl käme hier auch ein Verstoß gegen das Verbot der Lockvogelwerbung in Betracht, wenn der Verbraucher über ein sehr günstiges Angebot (unbegrenzte Nutzung für 25 Euro) auf den Webshop gelockt werde, um dort zu erfahren, dass die Nutzung eben nicht unbegrenzt sei, das Gericht sah jedoch keine Notwendigkeit mehr, sich mit dieser Frage näher zu befassen.
Zur "Beschaffenheit des Kommunikationsmediums" gem. § 2 Abs 4 UWG
Das Gericht betonte schließlich noch, dass hier die Unterlassung aufklärender Hinweise nicht mit der Beschaffenheit des Kommunikationsmediums argumentiert werden könnte, weil der einschlägige § 2 Abs 4 UWG nur Fälle erfasse, in denen alle Informationen, die gegeben werden, richtig sind, und sich die Unrichtigkeit bloß aus der Unterlassung weiterer Informationen ergibt, ohne die die Darstellung des Produktes unvollständig wäre. Im Gegensatz dazu habe die Beklagte aber eine objektive Falschaussage (unbegrenzte Nutzung) getätigt, sodass sich die Aufklärungspflicht daraus ergibt, die Falschaussage zu berichtigen. Niemand habe die Beklagte dazu gezwungen, unrichtige Angaben zu verwenden, die dann entsprechende Aufklärungspflichten nach sich ziehen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
HG Wien vom 5.8.2009, 41 Cg 10/08s
Klagsvertreter: Dr. Anne Marie Kosesnik - Wehrle, Dr. Stefan Langer, RAe in Wien