Zum Inhalt

Urteil: Kein Verbrauchergerichtsstand bei nicht willentlicher Werbung durch Dritte

Wirbt ein Dritter auf seiner Website auch für einen anderen Unternehmer, zwar mit dessen Wissen, aber ohne seine Zustimmung oder Einflussmöglichkeit, begründet dies keine Zurechnung an diesen Unternehmer, sodass hierdurch ein Verbrauchergerichtsstand iSd Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO 2001 nicht begründet wird.

Die Beklagte betreibt in Ungarn in einer Therme als selbstständige Unternehmerin ein Friseurgeschäft. Die Klägerin nahm im Zuge eines Aufenthalts in der Therme Friseurdienstleistungen der Beklagten in Anspruch. Die Klägerin klagte in Österreich auf Schmerzengeld wegen einer fehlerhaft durchgeführten Dauerwelle. Die Leistungen der Beklagten waren auf der Homepage der Therme angeboten worden. Dies zwar mit Wissen der Beklagten, aber ohne ihre Zustimmung.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Verbrauchergerichtsstand hat ein Verbraucher bei einer Klage gegen einen Unternehmer das Wahlrecht diese Klage im Staat des Unternehmers (hier Ungarn) oder im eigenen Wohnsitzstaat (hier Österreich) einzubringen. Dieses Wahlrecht steht ihm ua dann zu, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, auf irgendeinem Wege ausrichtet (Art 15 Abs 1 lit c 2.Alternative EuGVVO 2001 - nunmehr Art 17 Abs 1 lit c 2.Alternative EuGVVO 2012).

Da die Klage vor dem 10.1.2015 eingeleitet wurde, ist noch die EuGVVO 2001 anzuwenden. Der 4. Abschnitt der EuGVVO 2001 (Zuständigkeit bei Verbrauchersachen) umfasst auch vertragliche Schadenersatzansprüche aus einem Werk- und/oder Dienstleistungsvertrag. Die Beweislast für das Vorliegen einer Verbrauchersache iSd Art 15 EuGVVO 2001 trifft die Klägerin. Da der Verbrauchergerichtsstand eine Ausnahme von den allgemeinen Zuständigkeitsregeln darstellt, ist er eng auszulegen.

Der OGH verneinte hier die Zuständigkeit österreichischer Gerichte, weil die Friseurunternehmerin zu den Marketingaktivitäten der Therme nicht nur keinen Auftrag erteilt und kein Entgelt geleistet hat, diese erfolgten vielmehr zwar mit ihrem Wissen, aber ohne ihre Zustimmung.

Die österreichischen Gerichte sind daher in diesem Fall nicht zuständig. Die Klage wurde daher wegen internationaler Unzuständigkeit zurückgewiesen.

OGH 28.4.2015, 5 Ob 18/15f

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Unzulässige Klauseln in den AGBs von BravoNext S.A.

Unzulässige Klauseln in den AGBs von BravoNext S.A.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die BravoNext S.A. (Bravofly) wegen verschiedener Klauseln in den von ihr verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt.

HG Wien: Erfolg gegen Coaching-Plattform CopeCart

HG Wien: Erfolg gegen Coaching-Plattform CopeCart

Im Auftrag der AK OÖ klagte der VKI erfolgreich die Online-Plattform CopeCart GmbH, weil Verbraucher:innen nicht ordnungsgemäß über ihr Rücktrittsrecht informiert wurden und diesen der Rücktritt zu Unrecht verweigert wurde.

Unzulässige Klauseln in den ABB der AUA

Unzulässige Klauseln in den ABB der AUA

Der VKI ist – im Auftrag des Sozialministeriums – mit einer Verbandsklage gegen 17 Klauseln in den Beförderungsbedingungen der Austrian Airlines AG vorgegangen. Das OLG Wien hat diese Entscheidung bestätigt.

OLG Wien verurteilt Iglo wegen Shrinkflation

OLG Wien verurteilt Iglo wegen Shrinkflation

Im Auftrag des Sozialministeriums brachte der Verein für Konsumenteninformation Klage gegen die Iglo Austria GmbH ein. Anlass war das Tiefkühlprodukt „Iglo Atlantik Lachs“, dessen Füllmenge im Februar 2023 von 250 Gramm auf 220 Gramm reduziert worden war, ohne dass dies für Verbraucher:innen klar erkennbar war.

unterstützt durch das 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang