Zum Inhalt

Urteil: Klauseln in (Fremdwährungs-)krediten unzulässig

Das OLG Innsbruck erkannte vier eingeklagte Klauseln in (Fremdwährungs)krediten als unzulässig. Hierbei geht es vor allem um die Besicherungslage des Kredites, die Folgen einer Kursverschlechterung beim Fremdwährungskredit, die Vereinbarung des Zinssatzes und die Folgen einer vorzeitigen Rückzahlung.

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Tirol die Volksbank Tirol Innsbruck-Schwaz AG wegen vier Klauseln eines Fremdwährungskredites und dessen Zusatzvereinbarung. Das OLG Innsbruck stufte alle vier als rechtswidrig ein. 

1. "Treten Beeinträchtigungen der Werthaltigkeit des Besicherungsobjektes (z.B. durch nicht ausreichenden Ankauf oder mangelhafte Performance der Fondsanteile) nach Beurteilung der Bank ein, ist die Bank berechtigt, vom Kunden die Wiederherstellung der Werthaltigkeit oder andere Sicherheiten zu verlangen oder den Kredit fälligzustellen." 

Für das OLG Innsbruck ist diese Klausel ungewöhnlich und nachteilig und ein Kunde braucht mit ihr nach den Umständen nicht zu rechnen. Während auf Seite 2 des Vertragsformblattes unter dem Punkt "Sicherheiten" diese im Detail behandelt werden, findet sich gegenständliche Klausel auf der Folgeseite inmitten eines Textes, der das Wesen und die Risiken von Fondsanteilen darstellt. Die Klausel verstößt daher gegen § 864a ABGB.

Das OLG Innsbruck sieht auch einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB: Wird der Wert der Pfandsache so vermindert, dass eine Deckung der besicherten Forderung im Verwertungsfall nicht mehr zu erwarten ist, kann der Pfandgläubiger in zwei von § 458 ABGB ausdrücklich genannten Fällen ein Ersatzpfand vom Pfandschuldner verlangen: Nämlich als Naturalrestitution für ein schuldhaftes Verhalten des Pfandschuldners selbst oder als Gewährleistungsanspruch. Das dispositive Recht räumt dem Pfandgläubiger das Verlangen nach einer weiteren Sicherheit oder zur vorzeitigen Verwertung eines Pfandobjektes nur dann ein, wenn mit der Veränderung des Wertes des Sicherungsobjektes die Gefahr einer (teilweisen) Uneinbringlichkeit der Forderung einhergeht. Diese Einschränkung ist nun der inkriminierten Klausel gerade nicht zu entnehmen; vielmehr offeriert sie das Recht der Bank auf Wiederherstellung der Werthaltigkeit oder Verlangen anderer Sicherheiten auch in Fällen, in denen überhaupt keine Gefahr der Einbringlichkeit der Forderung besteht. Die Klausel benachteiligt daher den Kreditnehmer gröblich und ist unzulässig.

Des Weiteren stellt die Klausel als Grund für ein berechtigtes Anliegen der Bank ausschließlich auf deren Beurteilung der Beeinträchtigung der Werthaltigkeit des Besicherungsobjektes ab, was schon angesichts des Ausschlusses des Vertragspartners eine gröbliche Benachteiligung des Kunden darstellt. 

Da der Begriff "Werthaltigkeit des Besicherungsobjektes" unterschiedlich zu verstehen ist, ist die Klausel auch intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG.

Außerdem sieht das Gericht einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG, der (nicht im Einzelnen ausverhandelte) Klauseln untersagt, die dem Unternehmer ein Rücktritts(Kündigungs)recht ohne sachlichen Grund einräumen. Die Klausel räumt nun der Beklagten das Recht ein, vom Kunden die Wiederherstellung der Werthaltigkeit oder andere Sicherheiten zu verlangen oder den Kredit fällig zu stellen, und zwar bei kundenfeindlichster Auslegung auch ohne sachlichen Grund.

2. "Sollte der Kreditnehmer eine vorzeitige Rückzahlung von Kredit(teil)beträgen vornehmen wollen, zu der er vertraglich (z.B. mangels Kündigungsvereinbarung oder infolge deren Nichteinhaltung) nicht berechtigt ist, kann die Bank ihre Zustimmung von der Entrichtung einer von ihr bestimmten Vorfälligkeitsentschädigung in der Höhe von mindestens 5,0000% vom Rückzahlungbetrag abhängig machen." 

Fraglich war hierbei vor allem, ob die Klausel bei Altverträgen, also solchen die vor dem Inkrafttreten des VKrG (11.06.2011) abgeschlossen wurden, gesetzwidrig war. (Im Anwendungsbereich des VKrG ist sie auf jeden Fall unzulässig, was aber die Beklagte auch im Vorfeld durch eine darauf beschränkte Unterlassungserklärung zugestand).

Das OLG Innsbruck sieht einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB, da die Vorfälligkeitsentschädigung in beliebiger, 5 % nicht unterschreitender, Höhe von der Bank festgelegt werden kann. Dies stellt keine faire Vertragsbedingung dar, könnte die Beklagte doch eine vorzeitige Rückzahlung vom Vielfachen des ihr dadurch Entgangenen abhängig machen.

Ebenso nimmt das OLG Innsbruck einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG an: Wenngleich hier die Art der konkreten Berechnung (Prozentsatz vom zurückbezahlten Betrag) eindeutig geregelt ist, ist doch die Einschätzung einer maximalen Höhe der vom Verbraucher zu bezahlenden Vorfälligkeitsentschädigung völlig offen. Damit ist die Klausel unklar.

3. "Der unter Punkt "Konditionen" vereinbarte Aufschlag gilt auf die Dauer von 5 Jahren als vereinbart. Nach Ablauf dieser Frist wird die Bank mit dem Kredit/Darlehensnehmer den Aufschlag neu vereinbaren. Kommt es innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu keiner Einigung, kann das Kredit/Darlehensverhältnis von beiden Seiten mit einer einmonatigen Frist zum nächsten Quartalsende pönalefrei gekündigt werden." 

Der "Durchschnittskunde" erwartet diese Regelung, die selbst auf den Punkt "Konditionen" Bezug nimmt, in diesem Teil des Vertragsformblattes und nicht zwei Seiten später in einem anderen Zusammenhang. Es liegt daher ein Verstoß gegen § 864a ABGB vor.

§ 6 Abs 2 Z 1 KSchG untersagt (nicht im Einzelnen ausverhandelte) Klauseln, die dem Unternehmer ein Rücktritts(Kündigungs)recht ohne sachlichen Grund einräumen. Eine solche offeriert die Klausel in zweifacher Hinsicht. Zum einen steht es der Beklagten nach der gebotenen "kundenfeindlichsten" Auslegung dieser Klausel zu, aus wie immer gearteten Erwägungen und damit auch unsachlichen, zu keiner Einigung zu gelangen, sodass die bloße Verweigerung des Abschlusses einer neuen Vereinbarung seitens der Beklagten ihr eine grundlose Kündigung des Vertragsverhältnisses ermöglicht. Zum anderen versagt die Klausel der Beklagten auch nicht eine vorzeitige Kündigung, ohne dass es auf eine (nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche) Gefährdung der Rechtsstellung der Bank ankommt.

Außerdem liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem § 6 Abs 3 KSchG vor: Die Intransparenz dieser Bestimmung legt schon das Vorbringen der Beklagten offen: Nach der im Kapitel "Konditionen" enthaltenen Regelung beläuft sich der jeweilige Zinssatz für den in Fremdwährung in Anspruch genommenen Betrag auf 0,7500 Prozentpunkte über der Summe aus dem 3-Monats-Libor zuzüglich eines Refinanzierungsaufschlages von 0,25 %. Die inkriminierte Klausel spricht von einem neu zu vereinbarenden Aufschlag. Rein sprachlich kann sich dieser somit nur auf den Refinanzierungsaufschlag beziehen, da ansonsten in den Konditionen das Wort Aufschlag nicht enthalten ist. Dessen ungeachtet geht die Beklagte wie selbstverständlich davon aus, dass der gesamte Zuschlag zum vereinbarten Indikator gemeint sei, sohin auch die 0,75 Prozentpunkte. Damit ist die inkriminierte Klausel unklar und unverständlich.

4. "Steigt der Kurs der Fremdwährung seit dem Zeitpunkt der Aufnahme der ersten Fremdwährungstranche um 15% oder mehr an, sind wir berechtigt, Sie mit gesondertem Schreiben aufzufordern, uns innerhalb von 10 Tagen zusätzliche Sicherheiten für den Differenzbetrag/Kursverlust beizubringen bzw den entstandenen Kursverlust abzudecken. Falls wir auf unser Schreiben kein Anbot Ihrerseits auf Beibringung tauglicher Sicherheiten für den errechneten Kursverlust erhalten, werden wir, falls der FW-Kurs innerhalb der genannten Frist nicht wieder unter die 15% fällt, den FW-Kredit unverzüglich (spätestens jedoch zum Tranchenablauf) in EURO zum Kurs bestens konvertieren." 

Die Beklagte räumt sich mit dieser Klausel das Recht auf zusätzliche Sicherheiten und letztlich zur Konvertierung auch dann ein, wenn überhaupt keine Gefährdung der Einbringlichkeit des Obligos eintritt. Nach den Feststellungen verlangt die Beklagte bei Kreditverträgen idR eine Übersicherung von 40 % des Kreditbetrages. Im Fall eines 15 %-igen Kursverlustes liegt sohin in diesen Fällen weiterhin eine 25 %-ige Übersicherung vor. Dem steht im Fall der Konvertierung ein endgültiger Wertverlust des Kunden im Ausmaß von 15 % der Darlehensvaluta gegenüber, ohne dass die Rechtsstellung der Bank gefährdet wäre. Schon dieses Rechenbeispiel offenbart die mangelnde sachliche Rechtfertigung und die gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB dieser Klausel.

Das Urteil ist rechtskräftig. 

OLG Innsbruck 25.11.2011, 3 R 183/11b
Volltextservice
Klagevertreter: Kanzlei Kosesnik-Wehrle & Langer, Rechtsanwälte-KG in Wien 

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang