Gegen die weltweit aktive Interneteinkaufsgemeinschaft Lyoness erreichte der VKI - im Auftrag des Sozialministeriums - ein erfreuliches Urteil. Das HG Wien bejaht das Rücktrittsrecht für "Businesskunden" gem. § 5e KSchG (alte Rechtslage). Hauptleistung war der Kauf von Warengutscheinen. Da die bestellten Gutscheine nicht geliefert wurden, wurde der Lauf des Rücktrittsfrist noch nicht ausgelöst,. Entgegen der Auffassung von Lyoness ist nicht von einer Dienstleistung sondern von einem Vertrag über eine Warenlieferung auszugehen. Die Teilnahme am Businesssystem von Lyoness ist lediglich Folge der Bestellung.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin wurde von einem Bekannten für das Geschäftsmodell von Lyoness angeworben. In weiterer Folge bestellte sie bei der Beklagten über das Internet Warengutscheine und leistete Anzahlungen von insgesamt EUR 27.005,--. Die Gutscheine sollten zum Bezug bei Partnerunternehmen der von der Beklagten organisierten Einkaufsgemeinschaft berechtigen. Die Klägerin wurde damit zu einer von Lyoness genannten "Businesskundin". Die Gutscheine wurden nicht an die Klägerin geliefert. Eine Übergabe an deren Besteller erfolgt erst dann, wenn neben der Anzahlung auch der Restbetrag an die Beklagte geleistet wird. Dies kann entweder durch unmittelbare Zahlung geschehen oder durch Gutschrift von Vergütungen, die für eigene Umsätze oder Umsätze von Mitgliedern der Einkaufsgemeinschaft, die vom Besteller geworben wurde, erzielt wurden.
Nennenswerte Erträge erwirtschaftete die Klägerin nicht. Mit Schreiben vom 3.4.2014 erklärte die Klägerin den Rücktritt und verlangte ihr Geld zurück. Die Beklagte verweigerte die Rückzahlung von EUR 27.005,--.
Der VKI übernahm - im Auftrag des Sozialministerium - das Prozesskostenrisiko und stellte der Konsumentin kostenlos die Rechtsvertretung zur Verfügung.
Das Gericht klärte zunächst die Vorfrage der Verbrauchereigenschaft und verneinte die von der Beklagten eingewandte Unternehmereigenschaft der Klägerin. Selbst wenn die Beklagte eine unternehmerische Anwerbetätigkeit der Klägerin als Businesspartnerin nachgewiesen hätte (was nicht der Fall war), wäre damit noch nicht bewiesen, dass die Klägerin bereits bei Vertragsabschluss (als beim Ankauf der Gutscheine) als Unternehmerin aufgetreten wäre. Eine spätere unternehmerische Tätigkeit schadet jedenfalls nicht, da Gründungsgeschäfte gem. § 1 Abs 3 KSchG noch nicht zum unternehmerischen Geschäftsbetrieb gehören. Selbst wenn die Klägerin den Vertrag mit dem Plan, sodann im Rahmen der Einkaufsgemeinschaft der Beklagten unternehmerisch tätig zu werden, abgeschlossen hätte, stünde ein späteres professionelles Anwerben der Klägerin von Kunden für das Geschäftsmodell der Beklagten der Eigenschaft als Konsumentin im Zeitpunkt des Gutscheinankaufes nicht entgegen.
Auch bei der Zulässigkeit des Rücktrittsrechts nach § 5e KSchG (alte Rechtslage) fand das HG Wien klare Worte und schmetterte die Einwände der Beklagten ab.
Die Klägerin trat wirksam von den Verträgen zurück und begehrte zu Recht die Rückabwicklung der erbrachten Leistungen. Gegenstand der Verträge war der Kauf von Warengutscheinen, so das HG Wien. Denn die Anrechnungen und Vorteile des Geschäftsmodells der Beklagten erfüllen keinen Selbstzweck wie eine Dienstleistung, sondern ermöglichen es der Klägerin nur unter Umständen, die bestellten Gutscheine günstiger zu beziehen. Hauptleistung der Beklagten war die Lieferung der Gutscheine. Da die bestellten Gutscheine nicht geliefert wurden, wurde der Lauf des Rücktrittsfrist noch nicht ausgelöst,. Auch der Einwand der Beklagten, dass es sich hier um eine Dienstleistung handelt und der Rücktritt nicht innerhalb offener Frist nach § 5e Abs 2 KSchG (alte Rechtslage) erfolgte, ließ das Gericht nicht gelten. Verfahrensgegenständlich waren nicht die Mitgliedschaft der Klägerin beim System der Beklagten, sondern lediglich die beiden konkreten Gutschein-Kaufverträge. Die Teilnahme am Businesssystem der Beklagten ist lediglich Folge der Bestellung. Damit erübrigen sich auch weitere Feststellungen zum Treue- und Bonus-System der Beklagten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 14.7.2014)
HG Wien 28.3.2014, 48 Cg 24/13h
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Klagevertreter: Mag. Eric Breiteneder, RA in Wien
Anmerkung: Im Übrigen bestätigten schon mehrere (rechtskräftige) Urteile die Rücktrittsvoraussetzungen von Businesskunden gegenüber der Einkaufsgemeinschaft Lyoness, die RA Mag. Eric Breiteneder im Auftrag mehrerer Kläger erreichen konnte.
- LG Krems 30.6.2013, 6 Cg 34/13d: Rücktritt nach § 5e KSchG und Nichtigkeit der Verträge, weil das Geschäftsmodell der Beklagten einem Schneeballsystem so ähnlich ist, dass die darauf bezüglichen Bestimmungen zumindest analog anzuwenden sind.
- BG Amstetten 12.8.2013, 30 C 125/12i: Rücktritt nach § 27 KSchG (Vorauszahlungskäufe)
- BGHS Wien 26.3.2014, 17 C 582/13g: Rücktritt nach § 5e KSchG und § 27 KSchG
Bei der seit März 2013 anhängigen Verbandsklage des VKI auf Unterlassung von 61 AGB-Klauseln steht das Urteil 1. Instanz aus.
Aus juristische Seite beschäftigt Lyoness nicht nur die Zivilgerichte. Seit Frühjahr 2012 ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa.