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Urteil: Minutenpreis und Taktung 90/60 - irreführend

Das Handelsgericht Wien gab einer im Auftrag der AK Vorarlberg geführten Verbandsklage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen "Tele2" statt. Damit wurde die Blickfangwerbung für Gesprächspreise pro Minute untersagt, wenn nicht auf die Auswirkungen einer Taktung 90/60 eindeutig und unmissverständlich hingewiesen wird.

"Tele2" bewarb den Tarif "Champion" mit blickfangartigen Werbesprüchen wie: "Nur 1 Cent netzintern" und "Nur 8 Cent in alle anderen Netze!". Der Tarif wird aber nach einer Taktung 90/60 abgerechnet. Das bedeutet, dass man für die erste angefangene Gesprächsminute jedenfalls den Preis für 90 Sekunden in Rechnung gestellt bekommt, für jede weitere angefangene Gesprächsminute den Minutenpreis. Ein Minutenpreis von 1 bzw. 8 Cent wird also nie verrechnet, da selbst bei Kurztelefonaten zumindest 1,5 bzw. 12 Cent anfallen.

In der Werbung wurde auf diesen Umstand nicht und nur in den Tiefen der Web-Site bzw. im Kleingedruckten auf die Taktung 90/60 hingewiesen.

Das Handelsgericht Wien hat diese Werbung als irreführend verboten.

Die Werbung erwecke beim durchschnittlichen Werbeadressaten den Eindruck, er könne in alle Mobilfunknetze tatsächlich um 8 Cent pro Minute telefonieren. Effektiv zahlt der Kunde aufgrund der Taktung 90/60 immer mehr als die beworbenen 8 Cent, die den Ausschlag für die Kaufentscheidung geben sollen.

Zwar sei einem durchschnittlich verständigen Kunden der Begriff Taktung geläufig, er könne aber nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Die Auswirkungen einer 90/60 Taktung auf den tatsächlichen Minutenpreis, erfordere Kenntnisse, die das Durchschnittswissen der angesprochenen Verkehrskreise übersteige. Es bedürfe eines detaillierten und gut sichtbaren Hinweises, damit sich ein Kunde bei seiner Kaufentscheidung auch über die Taktung und deren Auswirkungen Gedanken mache. Dieser Hinweis müsste direkt im Zusammenhang mit der Werbeaussage erfolgen. Ansonsten werde sich der Kunde der Bedeutung der Abrechnung nach Taktungen nicht bewusst und treffe seine Kaufentscheidung anhand des - unzutreffenden - beworbenen Minutenpreises. Es sei einem durchschnittlichen Verbraucher nicht möglich, ohne entsprechende Zusatzinformation herauszufinden, welchen Minutenpreis er letztendlich tatsächlich bezahlen müsse.

Das Gericht ging auch davon aus, dass der - nach Klagseinbringung - geänderte Text auf der Homepage von "Tele2" - "Mindestverrechnung 90 Sekunden, danach jeweils 60 Sekunden" - nicht ausreichend sei, die Irreführung von Verbrauchern hintan zu halten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 14.5.2008, 10 Cg 44/07m
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Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG, Wien

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