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Urteil: Mobilkom "Zahlscheinentgelt" - 2. Instanz negativ / nur Revision

Im Musterprozess des VKI gegen die Mobilkom um das umstrittene Zahlscheinentgelt von 30.- Schilling hat das Berufungsgericht nunmehr das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Gleichzeitig hat es aber die ordentliche Revision zugelassen.

Das HG Wien geht davon aus, dass die einseitige Vertragsänderung gemäß § 18 Abs TKG wirksam sei. Gegen die Wirksamkeit der Vertragsänderung hatte der VKI im Wesentlichen vorgebracht:

1) Die Mobilkom hat nicht auf das Kündigungsrecht des Kunden (gemäß § 18 Abs 2 TKG innerhalb von vier Wochen ab Kundmachung der Änderung) hingewiesen. Das Gericht hält entgegen, dass ein Hinweis auf das Kündigungsrecht nur in den Erläuternden Bemerkungen zu § 18 Abs 2 TKG erwähnt sei und lediglich als Empfehlung verstanden werden könne. Zu diesem Punkt wurde aber die Revision zugelassen.

2) Eine schrankenlose Zulässigkeit der einseitigen Änderung von AGB ist verfassungswidrig. Diese Argumentation hat der VKI durch ein Rechtsgutachten bestärkt. Dem Handelsgericht war das zuwenig: "den blankettartig vorgetragenen Bedenken der Klägerin" wurde nicht Rechnung getragen.

3) Geht man davon aus, dass nur angemessene Änderungen der AGB durch § 18 Abs 2 TKG ermöglicht werden, dann stellt sich die Frage, nach der Angemessenheit. Dabei ist wohl zum einen auf die Wirkungen des Zahlscheinentgeltes ebenso Bedacht zu nehmen, wie auf seine Höhe.

Das Erstgericht hatte in der Bevorzugung der Einzugsermächtigung eine gröblich benachteiligende Klausel gesehen. Die Einzugsermächtigung bewirke im Fall der Bestreitung einer Telefonrechnung, dass der Kunde

- entweder gegen die Abbuchung Widerspruch erheben, dann aber mit nachteiligen Folgen (bei Rückleitung des gesamten Betrages kommt er mit der Zahlung der unbestreitbaren Grundgebühr jedenfalls in Verzug) rechnen müsse;

- oder seine Rechte nunmehr als Kläger statt als Beklagter geltend machen müsse; darin sah das Erstgericht eine unzulässige Beweislastverschiebung gemäß § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.

Das HG Wien sah keine Beweislastverschiebung, sondern nur einen Wechsel in der Rollenteilung: Der Kunde werden von der Beklagtenrolle in die Rolle des Klägers gedrängt. Das sei - ohne weitere Begründung - unbedenklich. Im übrigen zitierte das Gericht ein Urteil des BGH, ohne sich in der Tiefe mit diesem auseinanderzusetzen. Der BGH sah dort eine Einzugsermächtigung in den AGB eine Kabelfernsehunternehmens für unbedenklich an, betonte aber (und das ist der entscheidende Unterschied zur Telefonrechnung), dass es sich jeweils um feststehende Beträge handle, die eingezogen würden. Wäre dem nicht so, dann lässt die BGH-Entscheidung durchaus Bedenken erkennen, ohne diese näher auszuführen.

Das HG Wien monierte sodann, dass es das Erstgericht unterlassen habe, gemäß § 273 ZPO festzustellen, dass das Entgelt von 30.- Schilling auch angemessen sei. Das Erstgericht meinte diese Feststellung ohne einen Sachverständigen nicht treffen zu können. Das Berufungsgericht trug diese Feststellung aus richterlichem Ermessen nach. Dabei - so hat es den Anschein - meinte das Berufungsgericht sogar den Akteninhalt vernachlässigen zu können. Die Gebühr von 30.- Schilling erscheine wegen der "kostenintensiveren Zahlscheinbearbeitung" als angemessen. Die Mobilkom dagegen hatte Kalkulationen vorgelegt, aus denen sich ergab, dass rund 15.- Schilling auf die Mahnung bei Zahlungsverzug entfallen würden. Der VKI verwies auf die AGB der Mobilkom, die eine Einhebung dieser Kosten bei den Verursachern - den säumigen Zahlern - ermöglichen (Mahnentgelte). Damit wäre der Betrag von 30.- Schilling schon nach den Argumenten der Mobilkom nicht haltbar. Das Gericht ging darüber aber einfach hinweg und meinte weiters, dass die Aufwendungen auch mit den Aufwendungen eines Inkassobüros bzw. mit den Entgelten von Banken und Versicherungen zu vergleichen seien. Wobei der Vergleich mit Inkassobüros hinkt: Ein Inkassobüro schreitet ein, wenn ein Zahler in Verzug ist, nicht aber zur einfachen Rechnungslegung gegenüber dem pünktlichen Zahler. Der Vergleich mit Banken und Versicherungen widerlegt sich aus dem Akt: Eine Übersicht der Mobilkom - vorgelegt in erster Instanz - zeigt, dass Versicherungen und Banken nur ein "Zahlscheinentgelt" von 6.- bis 10.- Schilling kennen. Immerhin hat das HG Wien auch zu der Frage, ob dieses richterliche Ermessen zulässig ist, die Revision zugelassen.

Der Musterprozess wirft viele interessante Rechtsfragen auf. Leider hat sich das Berufungsgericht kaum auf die Prüfung dieser Fragen eingelassen. Es ist daher zu hoffen, dass der OGH die Tragweite seiner Entscheidung - das Urteil wird über den Einzelfall hinaus weithin Bedeutung haben - erkennt und auf die aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht.

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