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Urteil: OGH: 8 von 12 Klauseln von Orange (nunmehr Drei) gesetzwidrig

Der VKI führte im Auftrag des BMASK eine Verbandsklage gegen den Mobilfunkanbieter Orange, der mittlerweile von Hutchison Drei übernommen wurde. Der Oberste Gerichtshof (OGH) erachtete 8 von 12 Klauseln für unzulässig.

Bereits Ende Oktober 2012 brachte der VKI gegen den Mobilfunkanbieter "Orange" wegen zahlreicher Klauseln in deren Geschäftsbedingungen Klage ein. Als "Orange" vom Mobilfunkanbieter "Hutchison Drei" übernommen wurde, wurden die Verträge der "Orange"-Kunden mitübernommen. 

Der OGH bestätigte nun in weiten Teilen die Entscheidung der Vorinstanzen. 

Folgende Klauseln wurden vom OGH als gesetzwidrig beurteilt (unzulässige Klauseln bzw Klauselteile in der Folge kursiv):

Klausel 2: "[I.5.1] Orange räumt dem Kunden die Möglichkeit ein, Dienste aus dem Vertragsverhältnis jeweils bis zur Kreditgrenze in Anspruch zu nehmen. Diese beträgt, sofern nichts anderes vereinbart ist, 250 EUR an angefallenen Entgelten und Gebühren (siehe die auf den Kunden anwendbare Orange Entgeltübersicht; zum Anfall siehe Punkt I.6.1 und 2). Bei entsprechender Bonität wird die Kreditgrenze angemessen erhöht. Hingegen wird sie bei begründetem Verdacht, dass der Kunde zu leistende Zahlungen schuldig bleiben werde, angemessen herabgesetzt."

Die Klausel ist intransparent. Nach § 1052 ABGB steht dem zur Vorausleistung Verpflichteten nur im Falle der Gefährdung der Gegenleistung durch "schlechte Vermögensverhältnisse" der anderen Vertragspartei ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Während die Rechtsprechung für eine Gefährdung im Sinn dieser Bestimmung eine objektive Beurteilung der gesamten Sachlage fordert, könnte laut OGH unter "begründetem Verdacht" zumindest bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel auch der subjektive Verdacht von Orange (bzw. Drei) verstanden werden. Die Leistungsverweigerung aufgrund der Unsicherheitseinrede könne durch eine Sicherheitsleistung durch den Nachleistungspflichtigen abgewendet werden. Nach der Klausel bleibt nach dem OGH allerdings völlig offen, ob ein "verdächtiger" Kunde diesen Verdacht überhaupt entkräften und verhindern kann, dass Orange (bzw. Drei) ihre Dienste beschränkt oder gar einstellt.

Klausel 3: "[I.6.1] [...] Sofern eine vom Kunden einzuhaltende Mindestvertragsdauer (inkl. eines einseitigen Kündigungsverzichts) vereinbart ist (siehe jeweils Punkt I.11.2) und das Vertragsverhältnis vorzeitig von Orange aus wichtigem, vom Kunden verschuldeten Grund aufgelöst wird oder einvernehmlich beendet wird, so können verbleibende periodische fixe Entgelte bis zum Ablauf der Mindestvertragsdauer sofort in Rechnung gestellt werden;"

Das Berufungsgericht untersagte diese Klausel als gröblich benachteiligend.

Da - wie der OGH ausführt - der OGH bereits zu 4 Ob 227/06w (Klausel 25.2.) und 10 Ob 54/13h (Klausel 3.2.1.) vergleichbare Klauseln für unwirksam erklärt hat, beurteilte der OGH auch diese Klausel als unzulässig.

Klausel 4a: "[I.9.2] An Verzugszinsen können für die Zeit des Zahlungsverzuges ab Geltendmachung des zugrunde liegenden Anspruchs beiderseits 10 % pro Jahr gefordert werden. Orange versendet zudem eine Zahlungserinnerung, wofür Orange Bearbeitungsgebühren laut der auf den Kunden anwendbaren Orange Entgeltübersicht (s. oben Punkt I.4.) in Rechnung stellt."

Klausel 4b: "Nach erfolgloser Mahnung kann Orange Inkassoinstitute bzw Rechtsanwälte mit der Einbringlichmachung betrauen; der Kunde ist verpflichtet, die damit einhergehenden von ihm verschuldeten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen."

Die Klausel ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Nach der Klausel 4a ist das Auffinden des zu leistenden Betrags nicht durch eine unmittelbar zielführende, auch dem Durchschnittsverbraucher leicht verständliche Verweisung möglich. Das Transparenzgebot verlangt für eine Klausel über die Verpflichtung zur Tragung von Betreibungskosten jedoch, dass in ihr der zu leistende Betrag entweder selbst genannt oder sein Auffinden durch eine unmittelbar zielführende, auch dem Durchschnittsverbraucher leicht verständliche Verweisung ermöglicht wird. Dem Verbraucher darf kein unklares Bild seiner vertraglichen Verpflichtung vermittelt werden. Während in der Klausel 4a von "Bearbeitungsgebühren" für eine "Zahlungserinnerung" die Rede ist, finden sich die Beträge in der Entgeltübersicht als "Mahnspesen" bzw "Mahngebühr pro Mahnung". Hinzu kommt, dass der "Durchschnittsverbraucher" die Klausel auch so verstehen könnte, dass darin zwischen "Zahlungserinnerung" und "Mahnung" differenziert wird, was den Verweis noch weniger verständlich machen würde.

Bei Klauseln, die eine Ersatzpflicht für die zweckentsprechenden Kosten der Einbringlichmachung normieren, macht das Fehlen eines Hinweises darauf, dass die vom Schuldner zu ersetzenden Kosten der Betreibung oder Einbringung bzw der Mahnspesen in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen müssen, die Klauseln intransparent.

Klausel 5: "[I.11.7] Inwiefern bei gerechtfertigter, vom Kunden zu vertretender Sperre eine Bearbeitungsgebühr in Rechnung gestellt werden kann, ist der auf den Kunden anwendbaren Orange Entgeltübersicht zu entnehmen. Diesfalls fallen außerdem periodische fixe Entgelte (Grundgebühr inkl. Flatrate, Mindestumsatz, jährliche Servicegebühr) weiterhin sowie - sollte eine solche Sperre über Antrag des Kunden von Orange aufgehoben werden (was jedenfalls unverzüglich zu erfolgen hat, wenn die Sperre nicht mehr berechtigt ist) - ein Reaktivierungsentgelt laut, auf den Kunden anwendbarer, Orange Entgeltübersicht an."

Das Transparenzgebot verlangt, dass in einer Klausel der zu leistende Betrag entweder selbst genannt oder seine Auffindung durch eine unmittelbar zielführende, auch dem Durchschnittsverbraucher leicht verständliche Verweisung ermöglicht wird. Aufgrund des allgemeinen Verweises auf die "auf den Kunden anwendbare Orange Entgeltübersicht", die sehr umfangreich ist und eine andere Terminologie verwendet als die Klausel, sind diese Klausel laut OGH zutreffend als intransparent beurteilt worden.

Klausel 6: "[I.12.2] Orange kann Änderungen nicht individuell vereinbarter Vertragsbedingungen und Tarifbestimmungen (Entgelte und Gebühren) auch aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem Kunden vornehmen. Diesfalls wird dem Kunden das Änderungsangebot samt Zeitpunkt des Inkrafttretens der geplanten Änderungen zumindest sechs Wochen vor diesem Zeitpunkt in geeigneter schriftlicher Form, etwa auf einer periodisch erstellten Rechnung, übersandt. Es enthält sämtliche Änderungen und für den Fall, dass nur ein Teil eines Punktes geändert wird, den gesamten neuen Punkt. Darüber hinaus ist die Volltext-Version unter orange/AGB abrufbar und kann - insbesonders bei der Orange Serviceline - kostenlos angefordert werden. Das Angebot gilt als angenommen, wenn nicht bis zum Inkrafttreten der geplanten Änderungen ein - kostenloser- Widerspruch durch den Kunden erfolgt, wobei der Kunde im Angebot auch über die Widerspruchsfrist und die Bedeutung seines Verhaltens hingewiesen wird."

Die Klausel 6 enthält Regelungen betreffend eine einvernehmliche Änderung "nicht individuell vereinbarter Vertragsbedingungen und Tarifbestimmungen (Entgelte und Gebühren)". Die Klausel ist intransparent, weil sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zuließ (s zB 1 Ob 210/12g). Auch nach gegenständlicher Klausel bleibt unbestimmt, welche Vertragsbedingungen und Tarifbestimmungen Orange bzw Hutchison Drei mit fingierter Zustimmung des Teilnehmers ändern kann. 

Klausel 10: "[I.21.2] Eine Übermittlung der Stamm- und Verkehrsdaten kann - über erforderliche Auskünfte an Notruf-Organisationen oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen hinaus - jedenfalls insoweit erfolgen, als dies für die Erbringung jenes Dienstes, für den diese Daten ermittelt und verarbeitet worden sind, durch Orange erforderlich ist."

Eine wirksame Zustimmung zur Verwendung nichtsensibler Daten liegt nur vor, wenn der Betroffene weiß, welche seiner Daten zu welchem Zweck verwendet werden. Nur dann kann davon gesprochen werden, dass er der Verwendung seiner Daten "in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall" zustimmt.

Aus der Formulierung der Klausel 10 geht nicht klar hervor, dass mit der "Erbringung jenes Dienstes, für den die Daten ermittelt und verarbeitet worden sind" ausschließlich die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen zwischen Auftraggeber und Betroffenem iSd § 8 Abs 3 Z 4 DSG 2000 gemeint ist. Vielmehr lässt die Klausel offen, auf welcher Rechtsgrundlage der genannte "Dienst" erbracht wird, an wen dieser "Dienst" durch Orange bzw Hutchison Drei erbracht wird und was in diesem Zusammenhang überhaupt unter "Dienst" zu verstehen ist. Damit ist die Klausel ausführt  geeignet, dem Durchschnittskunden ein unklares Bild seiner Rechtsposition zu vermitteln, weil dieser annehmen könnte, er hätte einer Übermittlung seiner Daten über den nach § 7 Abs 2 iVm § 8 Abs 1 Z 4 und § 8 Abs 3 Z 4 DSG 2000 ohnehin zulässigen Umfang hinaus zugestimmt.

Klausel 12: "[I.22.] [...] Änderungen von Daten, die für die Vertragsabwicklung von wesentlicher Bedeutung sind, hat der Kunde Orange unverzüglich mitzuteilen. Hierzu zählen jedenfalls Änderungen von (soweit bekanntgegeben): Name, Anschrift, E-MailAdresse, Telefaxnummer, Bankverbindung, Firmenbuch- oder sonstige Registernummer und Rechtsform. Bei nicht bekanntgegebener Änderung der Adresse, Telefaxnummer und/oder E-Mail-Adresse können dorthin vorgesehene Übermittlungen an die zuletzt bekannt gegebene Adresse bzw. Telefaxnummer erfolgen."

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG. Der OGH erklärt die Klausel unter Verweis auf 2 Ob 20/15b für unzulässig. In 2 Ob 20/15b (Klausel 12 (2)) hatte der OGH eine Klausel, die hier Klausel 12 Satz 3 entspricht, für gesetzwidrig gem § 6 Abs 1 Z 3 KSchG erklärt.

Hingegen wurde in 2 Ob 20/15b der erste Teil der Klausel (12 (1)), die dem gegenständlichen Sätzen 12.1 und 2 entspricht, für unbedenklich eingestuft.

Die Revision der Beklagten im gegenständlichen Verfahren, die eine überschießende Verurteilung vorbrachte, wurde in diesem Punkt wegen eines formellen Fehlers als unbeachtlich angesehen. 

Klausel 13a: "[II.5.1.] Nicht verbrauchte Beträge können vom Kunden rückgefordert werden, sofern ihnen bezüglich des jeweiligen Teilnehmeranschlusses tatsächlich getätigte Vorabzahlungen zugrunde liegen. Eine Rückforderung ist - vorbehaltlich einer wirksamen außerordentlichen Kündigung - erst mit Ablauf von zwölf Monaten seit dem letzten das Vertragsverhältnis verlängernden Ladevorgang möglich. Dabei hat der Kunde seine Identität und Legitimation (SIM-Karte und PUK2-Code) nachzuweisen."

Klausel 13b: "Für die Rückerstattung ist vorab, außer im Falle einer von Orange verschuldeten außerordentlichen Kündigung durch den Kunden, eine Bearbeitungsgebühr laut Orange Entgeltübersicht zu entrichten. Mit der Rückerstattung endet das Vertragsverhältnis jedenfalls."

Die Vorinstanzen untersagten diese Klausel als intransparent (Klausel 13a) und gröblich benachteiligend (Klausel 13b).

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH begnügt sich das Transparenzgebot nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher "durchschaubar" sind. Der Klausel 13a mangelt es nach Auffassung des erkennenden Senats im Hinblick auf den Einschubsatz "vorbehaltlich einer wirksamen außerordentlichen Kündigung" bereits an der Textverständlichkeit, legt dieser doch nahe, dass (nur) bei einer außerordentlichen Kündigung eine Wartefrist einzuhalten sei.

Es ist für den OGH tatsächlich nicht einsichtig, weshalb der Kunde zwar keine Bearbeitungsgebühr leisten muss, wenn die Beklagte die außerordentliche Kündigung verschuldete, wohl aber dann, wenn sie eine solche sonst zu vertreten hat. 

Leistungsfrist:

Bereits das OLG Wien untersagte Hutchison Drei mit sofortiger Wirkung sich auf die für unzulässig erklärten Klauseln zu berufen und räumte lediglich für die Änderung der AGB ("Verwendung der unzulässigen Klauseln") eine Leistungsfrist von vier Monaten ein. Dies wurde in weiterer Folge nicht vor dem OGH bekämpft. 

Folgende Klauseln wurden vom OGH als zulässig beurteilt (eingeklagte Klauseln bzw Klauselteile in der Folge kursiv):

Klausel 1: "[I.4.1] Soweit nichts anderes vereinbart ist, kommt bei den monatlichen fixen Entgelten in Gestalt von Grundgebühr und Mindestumsatz eine Indexbindung zur Anwendung (siehe Punkt I.12.3)."

Klausel 7: "[I.12.3] Mangels anderer Vereinbarung ist Orange bei Änderungen des (Kalender-)Jahresdurchschnitts des Verbraucherpreisindexes (Jahres-VPI) wie von der Statistik Austria veröffentlicht (sollte diese den Jahres-VPI nicht mehr veröffentlichen, so tritt dessen amtlicher Nachfolger an dessen Stelle) im Fall einer Steigerung berechtigt und im Falle einer Senkung verpflichtet, fixe monatliche Entgelte in Gestalt von Grundgebühr und Mindestumsatz in jenem Verhältnis anzupassen, in dem sich der Jahres-VPI für das letzte Kalenderjahr vor der Anpassung gegenüber dem Jahres-VPI für das vorletzte Kalenderjahr vor der Anpassung geändert hat (Indexbasis: Jahres-VPI 2010 = 100). Dabei bleiben Schwankungen des Jahres-VPI gegenüber der Indexbasis nach oben oder unten bis 3% unberücksichtigt (Schwankungsraum). Sobald hingegen der Schwankungsraum durch eine oder mehrere aufeinanderfolgende Schwankungen des Jahres-VPI über- bzw unterschritten wird, ist die gesamte Änderung in voller Höhe maßgeblich. Der hieraus resultierende außerhalb des Schwankungsraums liegende Wert bildet die Grundlage für eine zulässige Entgelterhöhung bzw für die gebotene Entgeltreduktion; gleichzeitig stellt er die neue Indexbasis für zukünftige Anpassungen dar (und damit auch die neue Bezugsgröße für den Schwankungsraum). Eine daraus ableitbare Entgelterhöhung kann jeweils nur mit dem Datum ab 1. April bis 31. Dezember jenes Kalenderjahres erfolgen, welches auf jenes Kalenderjahr folgt, für welches sich die Indexbasis geändert hat; eine daraus abzuleitende Entgeltreduktion muss jeweils mit 1. April jenes Kalenderjahres erfolgen, welches auf jenes Kalenderjahr folgt, für welches sich die Indexbasis geändert hat. Erstmalig kann bzw muss gegebenenfalls eine solche Anpassung in dem auf das Zustandekommen (bzw die einvernehmliche Verlängerung) des Vertragsverhältnisses folgenden Kalenderjahr vorgenommen werden. Soweit sich aufgrund der Bestimmungen dieses Punktes eine Verpflichtung von Orange zur Entgeltreduktion ergäbe, verringert sich diese Verpflichtung in jenem betraglichen Ausmaß, in dem Orange letztmals aufgrund besagter Bestimmungen zu einer Entgelterhöhung berechtigt gewesen wäre, ohne von diesem Recht Gebrauch gemacht zu haben. Über die Vornahme einer solchen Entgeltanpassung wird der Kunde samt den zu ihr Anlass gebenden Umständen in geeigneter Weise (zum Beispiel durch Rechnungsaufdruck) in der der Entgeltänderung vorangehenden Rechnungsperiode informiert."

Der OGH verweist auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der über ein Vorabentscheidungsersuchen des OGH gemäß Art 267 AEUV in einem einen anderen österreichischen Anbieter von Mobilfunkleistungen betreffenden Verfahren klargestellt hat (C-326/14 [VKI/A1 Telekom Austria AG] ÖJZ 2016/11 [EuGH]), dass Art 20 Abs 2 der Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) idF RL 2009/136/EG dahin auszulegen ist, dass eine Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz- oder Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den AGB eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, keine "Änderung der Vertragsbedingungen" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH stellt die in der Klausel 7 enthaltene Tarifänderung somit für den OGH keine Änderung der Vertragsbedingungen iSv Art 20 Abs 2 der UniversaldienstRL dar.

Laut OGH kommt daher im Anwendungsbereich des § 25 TKG dem Teilnehmer ein

außerordentliches Kündigungsrecht nicht zu, wenn im Telekommunikationsbereich eine Entgeltänderung aufgrund einer vertraglich vorgesehenen Anpassungsklausel mittels eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Index (hier: Verbraucherpreisindex) erfolgt.

Infolge Wirksamkeit der Klausel 7 hat der OGH auch die Klausel 1, die auf erstere verweist, nicht für unzulässig erklärt.

Klausel 8: "[I.15.3] Ein allfälliger Verlust der Verfügungsgewalt über eine SIM-Karte (insbesonders Verlorengehen, Diebstahl) ist unverzüglich - sofern tunlich telefonisch - unter der im Impressum auf www.orange.at bzw auf der jeweiligen Rechnung angeführten Service-Rufnummer an Orange zu melden. Sinngemäßes gilt, sofern Kundenkenndaten in die Hände unbefugter Dritter gelangen oder die konkrete Gefahr hierzu besteht. Orange veranlasst unverzüglich nach Meldungslegung die Sperre (siehe Punkt I.11.6 und 7) bzw die Änderung der Kundenkenndaten. Eine entsprechende schriftliche Mitteilung sowie bei Diebstahl der SIM-Karte jedenfalls eine Diebstahlsanzeige sind unverzüglich nachzureichen. Hinsichtlich der von Orange erbrachten Dienste (nicht somit hinsichtlich von Mehrwertdiensten) hat der Kunde - unbeschadet der in Punkt I.11.7 vorgesehenen Zahlungen - für die infolge Verlorengehens oder Diebstahls bis zur Meldungslegung angefallenen Entgelte aufzukommen; entsprechendes gilt auch für Fälle sonstigen Missbrauchs durch Dritte, es sei denn, es hätte sich hierbei ein nicht vom Kunden beherrschbares Risiko verwirklicht (zB Ausnützen von allfälligen Schwachstellen in der Orange-EDV)."

Der OGH beurteilte diese Klausel als zulässig und verweist hierzu auf 10 Ob 70/07b, wonach keine Sittenwidrigkeit anzunehmen sei, wenn die Kreditkartengesellschaft dem Kreditkarteninhaber das in seiner Sphäre auftretende Risiko des Missbrauchs gestohlener oder sonst abhanden gekommener Kreditkarten ohne Rücksicht auf sein Verschulden (also selbst die Haftung für die Folgen unverschuldeten Verlusts der Karte) auferlegt. Eine solche Risikoüberbürdung durch AGB für den Fall des Abhandenkommens einer Kredit- bzw Bankomatkarte habe der OGH also ausdrücklich zugelassen und lediglich für das Risiko "technischen Missbrauchs" verworfen.

Diese Grundsätze können laut OGH auch auf Verlust, Diebstahl und sonstigen Missbrauch durch Dritte einer SIM-Karte übertragen werden, wobei die Klausel 8 für Verlust und Diebstahl eine verschuldensunabhängige Haftung des Teilnehmers anordnet, dieser sich jedoch bei sonstigem Missbrauch der Karte durch Dritte entlasten kann.

Klausel 8 ist nach Ansicht des OGH auch nicht intransparent.

Klausel 11: "[I.21.4] Der Kunde stimmt hiermit - jederzeit kostenlos widerruflich - zu, dass Stammdaten und sein Geburtsdatum im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (TKG 2003, Datenschutzgesetz DSG) an - jeweils behördlich befugte - Kreditschutzverbände, Kreditinstitute, weiters Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Auskunfteien über Kreditverhältnisse berechtigt sind (§ 152 GewO) sowie an die Yesss! Telekommunikation GmbH übermittelt werden, soweit sie erforderlich sind, um hinsichtlich des betreffenden Vertragsverhältnisses die Bonität des Kunden überprüfen zu können. Orange ist zudem berechtigt, soweit für Inkassozwecke erforderlich, Stammdaten und personenbezogene Daten, die Orange vom Kunden zur Verfügung gestellt wurden, jedenfalls Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Beruf, Angaben zu Zahlungsverzug und offenem Saldo an Rechtsanwälte und Inkassobüros zu übermitteln."

Nach stRsp des OGH liegt eine wirksame Zustimmung zur Verwendung nichtsensibler Daten nur vor, wenn der Betroffene weiß, welche seiner Daten zu welchem Zweck verwendet werden. Unter diesem Gesichtspunkt hat der OGH bereits mehrfach Klauseln für intransparent erklärt, in denen etwa von der Datenweitergabe an "Auskunfteien", an eine Vielzahl näher umschriebener Unternehmer, "soweit dies für die Erlangung von Auskünften notwendig" bzw "zur Abwicklung zweckmäßig" ist, oder an "eine zentrale Evidenzstelle und/oder Gemeinschaftseinrichtungen von Kreditunternehmungen" die Rede war. Die Klausel 11 nimmt jedoch nach Ansicht des OGH auf all diese Entscheidungen Bedacht (vgl bereits 7 Ob 84/12x zur Zulässigkeit der Begriffe Kreditschutzverband und Kreditinstitut"). Sie vermeidet - wie der OGH ausführt - auch den Begriff Auskunfteien und stellt auf die konkrete Bestimmung des § 152 GewO. Der OGH beurteilte diese Klausel daher als zulässig.

OGH 22.12.2016, 6 Ob 233/15f
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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