Der VKI führte im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage gegen T-Mobile zur Frage der Zulässigkeit der automatischen Umstellung von der Papierrechnung auf die Onlinerechnung, wenn der Kunde nicht aktiv widerspricht.
Der OGH bestätigte - wie schon die Vorinstanzen - die Auffassung des VKI, wonach die Vorgehensweise in unzulässiger Weise das Wahlrecht des Kunden auf eine Papier- oder eine Onlinerechnung aushöhlt. Dieses Wahlrecht der Kunden steht nach dem OGH einer vom Unternehmer einseitig vorgenommenen Umstellung der Abrechnung von Papier- auf eRechnung auch dann entgegen, wenn Kunden diese Umstellung durch einen Widerspruch abwenden können.
Anfang des Jahres 2013 beabsichtigte T-Mobile, Kunden einseitig auf elektronische Rechnungen umzustellen. Das Unternehmen übermittelte daher 172.200 Kunden der Marken T-Mobile und tele.ring eine Papierrechnung mit Zusatztext. Dabei - und auch im Internet - wurde unter dem Titel: "Mit der Papierrechnung wird abgerechnet - Die T-Mobile Onlinerechnung ist da." darüber informiert, dass man die Rechnung ab sofort ausschließlich elektronisch erhalte. Das sei praktisch und schone die Umwelt. Auf ausdrücklichen Wunsch könne man aber die Papierrechnung behalten.
Ausgenommen davon waren unter anderem Kunden, die sich bereits aktiv für eine Papierrechnung entschieden hatten. Alle anderen Kunden, die nicht ausdrücklich den Wunsch äußerten, weiterhin eine Papierrechnung zu bekommen, wurden nach einem Monat auf die elektronische Rechnung umgestellt.
Gegen diese Mitteilungen und diese Vorgehensweise, wie auch gegen einige Klauseln in einem Vertragsformblatt ging der VKI mit Verbandsklage nach § 28 KSchG, § 28a KSchG und UWG vor.
In der von der Beklagten erhobenen Revision waren noch die Begehren, es
a.) der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern auf ihren Webseiten und auf Papierrechnungen Klauseln zu verwenden, wonach Kunden die Rechnung in Zukunft ausschließlich elektronisch erhielten;
b.) der Beklagten zu verbieten, nach diesen Klauseln zu verfahren und derartige Umstellungen vorzunehmen;
c.) den Kläger insofern zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagausgabe der Kronen Zeitung zu ermächtigen.
strittig.
Die weiteren Begehren des Klägers bezogen auf Klauseln in einem Vertragsformblatt der Beklagten zur Änderung von Vertragsdaten, auf die Irreführung der Kunden durch die Mitteilung auf den Rechnungen und auf die Urteilsveröffentlichung auf den Webseiten waren nicht mehr Gegenstand vor dem OGH. Die Unzulässigkeit der Klauseln in einem Vertragsformblatt der Beklagten erging in zweiter Instanz in Teilrechtskraft, das lauterkeitsrechtliche Begehren wurde rechtskräftig abgewiesen.
In den noch strittigen Punkten führte der OGH aus: Die beanstandeten "Mitteilungen" über die Umstellung auf elektronische Rechnungen seien "allgemeine Geschäftsbedingungen" bzw "Vertragsformblätter" iSv § 28 KSchG. Im konkreten Fall hätten die AGB der Beklagten vorgesehen, dass die Kunden sowohl bei Abschluss, wie auch danach, zwischen einer Papier- und einer elektronischen Rechnung wählen könnten. Aus diesem Prinzip der Gleichrangigkeit von Papier- und eRechnung sei auch abzuleiten gewesen, dass die Beklagte an eine vom Kunden getroffene Wahl gebunden war. Die hier beanstandete Mitteilung hätte diese Bedingungen abgeändert. Nun sollte vorrangig elektronisch abgerechnet werden, ein Kunde müsse aktiv tätig werden, um weiterhin die Papierrechnung zu erhalten.
Nach den EB zur RV (1389 BlgNR 24. GP, 25) solle die Bestimmung des § 100 Abs 1 TGK idF BGBl I 2011/102 sicherstellen, dass der Teilnehmer "nicht gegen seinen Willen mit einer bestimmten Rechnungsform konfrontiert wird". Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Unternehmer trotz einer ausdrücklich getroffenen Wahl oder einen bestehenden Praxis einseitig eine Änderung der Rechnungsmodalitäten vornehmen könnte, der der Kunde ausdrücklich widersprechen müsse.
Der OGH habe schon mehrfach festgehalten, dass eine eRechnung gegenüber der Papierrechnung - trotz zweifellos bestehender Vorteile - auch Nachteile aufweise (4 Ob 141/11f; 3 Ob 168/12w). Nach der Wertung des § 100 Abs 1 TKG liege es am Kunden, diese Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen und danach eine Entscheidung zu treffen. Der Versuch der Beklagten, diese Entscheidung vorwegzunehmen und einen allenfalls widerstrebenden Kunden zu einer aktiven Ablehnung zu verpflichten, stehe dem diamentral entgegen.
Weil ein Verstoß gegen § 100 Abs 1 TKG vorliege, sei die vom Berufungsgericht bejahte Verletzung von § 25 Abs 3 TKG nicht mehr zu prüfen.
OGH 17.07.2014, 4 Ob 117/14f
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien
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