Zum Inhalt

Urteil: OGH: Geschäftsführerhaftung bei fehlender Haftpflichtversicherung

Besteht bei einem Wertpapierdienstleister keine ausreichende Eigenkapitalausstattung, ist eine Berufshaftplichtversicherung abzuschließen. Wird dies nicht veranlasst, kommt eine Haftung des Geschäftsführers für Schäden der Anleger wegen Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 20 WAG 1996 in Betracht.

Ein Konsument hatte im Juni 2001 einen AMIS Generationenplan abgeschlossen. Dass er dabei durch die UOP Versicherungsmakler und Vermögensberater GmbH falsch beraten wurde, hatte bereits das OLG Wien mit Urteil vom 10.5.2010 festgestellt (OLG Wien 2 R 238/09y, vgl. VR-Info 6/2010).

In der Folge ging die UOP in Konkurs, der Konsument klagte den Geschäftsführer und Alleingesellschafter der UOP. Dieser habe es zu verantworten, dass die UOP über zu geringes Eigenkapital verfügte und auch keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde. Der VKI unterstützte den Konsumenten dabei im Auftrag des Sozialministeriums.

Erste und zweite Instanz wiesen diese Klage ab, das OLG Wien verwies dabei u.a. darauf, dass nach den ausgewiesenen Aktiva und Passiva auch ein höheres Eigenkapital nichts an der Insolvenz der UOP geändert hätte.

Der OGH hält zunächst fest, dass Geschädigte den Geschäftsführer einer GmbH nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen in Anspruch nehmen können, soweit dieser ihnen als organschaftlicher Vertreter durch Verletzung eines zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetzes einen Schaden zugefügt hat.

Nach den tatsächlich erbrachten Leistungen war die UOP als Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig und hätte als solches eine Konzession nach § 20 WAG 1996 benötigt. Tatsächlich bestand im Juni 2001 aber lediglich eine beschränkte Bewilligung für Vermögensberatung nach § 127 Z 17 GewO idF Novelle 1997.

Der OGH verweist darauf, dass der UOP nach § 20 WAG 1996 eine Konzession als Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur erteilt hätte werden dürfen, wenn sie über ein Eigenkapital von ATS 650.000,-- verfügt hätte. Diese Voraussetzung hätte nach § 20 Abs 4 WAG 1996 allerdings als erfüllt gegolten, wenn eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen worden wäre. Insofern ist eine Berufshaftpflichtversicherung mangels entsprechenden Eigenkapitals eine Pflichtversicherung. § 20 WAG 1996 stellt insofern ein Schutzgesetz zugunsten der Anleger dar.

Damit wäre es Aufgabe der organschaftlichen Vertreter gewesen, das fehlende Eigenkapital durch eine Versicherung nach § 20 Abs 4 WAG 1996 (Haftungssumme mindestens ATS 5 Mio) zu substituieren. Der beklagte Geschäfsführer war im Jahr 2001 einer von zwei selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführern der UOP. Es ist ihm daher eine Verletzung des Schutzgesetzes, nämlich der Unterlassung des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung, vorzuwerfen.

Zu erheben ist daher (nur) noch, wie sich der Abschluss einer Berufshaftplichtversicherung auf den Vermögensstand des geschädigten Konsumenten ausgewirkt hätte, dies unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Insolvenzverfahrens und der Deckungsverpflichtung einer derartigen Haftpflichtversicherung.

Das Erstgericht wird dazu noch Feststellungen zu treffen haben. Der OGH hebt daher die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verweist die Sache an das Erstgericht zurück.

OGH 28.8.2014, 6 Ob 32/14w
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang