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Urteil: OGH: Kombinationsverbot von Fluggutscheinen bei Airberlin unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Airberlin PLC & Co Luftverkehrs KG wegen rechtswidriger Klauseln in den Fluggutscheinbedingungen eine Verbandsklage. Das nun vorliegende Urteil des OGH gab dem VKI zum Teil Recht.

Mangels Revision der Beklagten musste der OGH lediglich über zwei der drei eingeklagten Klauseln entscheiden.

Klausel 3: "Pro Buchung kann nur ein Gutschein eingelöst werden; das Zusammenführen mehrerer Gutscheine im Rahmen einer Buchung ist ausgeschlossen."

Gegenständliche Klausel wurde vom HG Wien als unzulässig beurteilt, da Konsumenten durch sie gröblich benachteiligt werden. Außerdem ist diese Klausel als überraschend und nachteilig im Sinne des § 864a ABGB beurteilt worden. Da diese Fluggutscheine oftmals als Geschenk verwendet werden, und Geschenkgeber regelmäßig nicht die gesamten Kosten des Fluges abdecken möchten, sah das HG Wien keine sachliche Rechtfertigung, warum nicht verschiedene Gutscheine durch mehrere Geschenkgeber geschenkt und kombiniert werden können. Nachdem es üblich ist, dass sich verschiedene Personen mit Gutscheinen an einem "Gesamtgeschenk" beteiligen, ist das Verbot einer Kombination der Gutscheine laut HG Wien auch überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB.

Das OLG Wien führte diesbezüglich aus, dass es gerade nicht auf der Hand liegen würde, weshalb –wie von der Beklagten dargestellt- ein Computersystem nicht in der Lage sein sollte, eine Einlösung von mehreren Gutscheinen pro Buchung zuzulassen oder warum dies lediglich mit unverhältnismäßigem technischen und finanziellem Aufwand möglich wäre. Das OLG Wien teilt die Rechtsansicht des HG Wien und bewertete die Klausel als überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB. Entgegen der Ansicht der Beklagten entspricht es keinesfalls der Lebenserfahrung sowie Denkgesetzen, dass lediglich ein Gutschein pro Buchung eingesetzt werden kann. Auch der Online-Auftritt der Beklagten lässt laut OLG Wien nicht auf ein Kombinationsverbot schließen. Denn durch die beinahe empfohlene "(Klein-) Stückelung" wird nicht mit einem derartigen Verbot, Gutscheine zu kombinieren, gerechnet. Das Gericht betonte, dass "die Bezeichnung der Klausel als überraschend als durchaus zurückhaltend und milde anzusehen" wäre. Die Klausel verstößt daher gegen § 864a ABGB. Eine Revision zu dieser Klausel seitens der Beklagten wurde nicht eingebracht.

Klausel 2: "Eine Barauszahlung des (Rest-)Guthabens eines Fluggutscheines ist nicht möglich."(inweiterer Folge "Klausel 2" genannt)

Diese Klausel bewertete der VKI als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, da der Zweck der Bestimmung inhaltlich darauf abzielt, dass der Konsument bei Vorliegen eines Fluggutscheines mit lediglich geringem Wert folgendermaßen vorgehen kann/muss: Entweder muss der Konsument neuerlich eine Leistung des Unternehmens in Anspruch nehmen, wodurch eine Umsatzsteigerung lukriert wird, oder der Konsument kann den Gutschein verfallen lassen, wodurch das Unternehmen jedoch bereichert wird. Diese Vorgangsweise ist aus Sicht des VKI unzulässig.

Das HG Wien beurteilte diese Klausel jedoch als zulässig, da keine "sittenwidrige Gestaltung der AGB" erkannt werden konnte.

Das Restguthaben steht laut HG Wien im "Austauschverhältnis mit der Sachleistung des Gutscheinausstellers", wobei ein "Kaufzwang" bei allen Gutscheinen vorliegen würde. Das OLG Wien beurteilte dies Klausel ebenso als zulässig und gerade nicht als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Einen besonderen Kaufzwang sieht das OLG Wien nicht gegeben.

Das OLG Wien verweist auf die Begründung des HG Wien.

Entgegen der Meinung der Vorinstanzen gab der OGH der Argumentation des VKI Recht. Es wurde darauf hingewiesen, dass Flugleistungen nicht der täglichen Bedarfsdeckung dienen und ein breites Publikum ansprechen. Auch ist die Flugbuchung keine alltägliche oder wertmäßig unbeachtliche Ausgabe, sondern erfolgen Buchungen als besonderes Ereignis. Bei der Prüfung dieser Klausel bezog der OGH auch die Klausel 2 mit ein, wonach lediglich ein Gutschein pro Buchung eingelöst werden durfte. Besonders hob der OGH die vorliegende Stückelung der Gutscheine in Höhe von 10 EUR, 20 EUR, 30 EUR, 50 EUR, 100 EUR und 200 EUR hervor. Konsumenten konnten daher davon ausgehen, dass aufgrund vertraglicher Vereinbarung eine Kombination mehrerer Gutscheine nicht möglich war. Wenn beispielsweise ein Konsument einen derartigen Fluggutschein verschenken möchte, der Flugpreis bei ca 120 EUR liegt und eine zeitliche Fixierung noch fehlt, so müsste der Verbraucher zum höchst wählbaren Betrag in Höhe von 200 EUR greifen. Durch diese Vorgehensweise können laut OGH sachlich nicht gerechtfertigte "Überhänge" zu Gunsten des Unternehmens entstehen. Konsumenten sind somit dem Druck ausgesetzt, entweder den Restwert verfallen zu lassen, oder um einen Verfall zu vermeiden nochmals zu buchen. In Zusammenschau mit dem Kombinationsverbot entsteht durch die gegenständliche Klausel somit ein gröblich benachteiligendes Missverhältnis zu Lasten des Konsumenten. Der OGH äußerte sich auch zu den vorgebrachten Argumenten des Unternehmens, wonach durch die Rückzahlung des Restwertes Kosten erwachsen oder somit an "praktisch jedem […] betriebenen Schalter" größere Mengen Bargeld bereitgehalten werden müssten.

Der OGH teilte mit, dass dies durch wenige Auszahlungsstellen gelöst werden könnte und verneinte bei diesen Restbeträgen die Gefahr der Geldwäsche.

Die Klausel "Eine Barauszahlung des (Rest-)Guthabens eines Wertgutscheines ist nicht möglich" wurde vom OGH daher als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, wenn lediglich Gutscheinstückelungen in Höhe von 10 EUR, 20 EUR, 30 EUR, 50 EUR, 100 EUR und 200 EUR angeboten werden und eine Kombination mehrerer Gutscheine verboten wird.

Klausel 1: "Sollte eine oder mehrere Klauseln dieser Geschäftsbedingungen unwirksam sein oderwerden, wird hierdurch die Wirksamkeit der übrigen Klauseln nicht berührt"

Aus Sicht des VKI liegt bei dieser Klausel ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vor, da in diesem Fall darauf abgezielt wird, dass alle weiteren Regelungen des Vertrages aufrecht bleiben sollen, wenn eine einzelne, bestimmte Regelung unwirksam wird und somit wegfällt. Damit kommt es jedoch in der hier vorliegenden Konstellation zu einer Verpflichtung des Konsumenten eine nicht vorhersehbare Erklärung abzugeben, sowie einer Abänderung des Vertrages zuzustimmen. Außerdem wird aus Sicht des VKI die Rechtslage falsch dargestellt, weswegen ebenso Intransparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG vorliegt. Das HG Wien folgte der Argumentation des VKI nicht und entschied stattdessen, dass gegenständliche Klausel zulässig ist.

Das OLG Wien teilte die Ansicht des HG Wien und entschied, dass keine Intransparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG vorliegt. Ein Widerspruch zu vorliegender EuGH-Judikatur (EuGH 30.4.2014, C-26/3, Kasler und Kaslerne Raibi/OTP Jelzalogbank Zrt sowie EuGH 21.1.2015, C-482/13 ua, Uicaja Banco SA/Rueda ua) wurde vom OLG Wien nicht gesehen. Eine ähnliche Klausel sei laut OLG Wien bereits als "unbedenklich" beurteilt worden und auch eine "salvatorische Klausel" liegt hier nicht vor. Auch ein Verweis auf vorliegende RIS-Justiz RS0122040 sei unzutreffend, da sich die gegenständliche Klausel auf die Rechtslage nach Wegfall von unzulässigen Klauseln bezieht.

Der OGH schloss sich der Meinung der Vorinstanzen an und führte aus, dass der Grundsatz, wonach bei Nichtigkeit von Nebenabreden/Vertragsklauseln der Restvertrag weiterhin aufrecht bleibt, bei kundenfeindlichster Auslegung, durchaus auch als bestimmte Rechtsfolge für die Unwirksamkeit (jeder) Klausel verstanden werden könne, da dies im hier vorliegenden Fall explizit in den AGB hervorgehoben wird. Unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 30.05.2013 (RS C – 397/11) und dem Hinweis, dass die Definition der Hauptleistungspflichten in der Inhaltskontrolle gem § 879 Abs 3 ABGB eng zu verstehen sei, wurde ausgeführt, dass der Wegfall des gesamten Vertrages grundsätzlich denkbar wäre. Dies insbesondere, wenn etwa mehrere Klauseln oder eine zentrale Bestimmung als unwirksam erklärt wird. Konsumenten wird somit die wahre Rechtslage verschleiert, da diese bei Unwirksamkeit einer (egal welcher) Klausel, aufgrund vertraglicher Vereinbarung, vom Weiterbestehen des Vertrages ausgehen könnten.

Weiters besteht die Möglichkeit, dass Bestimmungen die inhaltlich aufeinander aufbauen sinnlos werden, sofern eine Klausel unwirksam wird. Bei einem Verweis auf eine unzulässige Klausel, führt dies zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung. Wird eine Klausel unwirksam so kann dies laut OGH auch zur Nichtigkeit des gesamten Restvertrages bzw somit auch der übrigen Klauseln führen. Außerdem kann die Unzulässigkeit einer Klausel dazu führen, dass eine weitere Klausel unwirksam wird. Für den OGH waren derartige Fälle (mangels entsprechender Darlegung) bezüglich der gegenständlichen Klausel nicht ersichtlich.

Mangels Darbietung einer Gefährdung des Vertrages durch die Unwirksamkeit einer Klausel bzw Verweisungsbestimmung waren oben beschriebene Fälle für den OGH nicht ersichtlich. Zu den Ausführungen der Revision hinsichtlich des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion und ergänzenden Vertragsauslegung gab der OGH an, dass daraus eine Unzulässigkeit für die hier gegenständliche Klausel nicht abzuleiten ist. Weder würde die Klausel den Ersatz einer anderen Klausel mittels ergänzender Vertragsauslegung anordnen, noch die Anwendung dispositiver Rechtsnormen bei Wegfall einer Bestimmung.

Aussage der Klausel ist lediglich, dass andere Klauseln durch die Unzulässigkeit einer anderen Bestimmung nicht berührt werden. Der OGH bestätigte somit die Meinung der Vorinstanzen, wonach die gegenständliche Klausel eine Fragestellung nach dem Ersatz des Regelungsgehalts einer anderen Klausel nicht berührt. Diese Klausel wurde daher auch vom OGH als zulässig erachtet.

OGH, 22.12.2015, 1 Ob 222/15a
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Klage
vertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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