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Urteil: OGH zu AGB und "Hinweisen" des Reisevermittlers Airberlin Holidays

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag des Sozialministeriums - den deutschen Reisevermittler Airberlin Holidays GmbH wegen unzulässiger Bestimmungen in den AGB geklagt. Während das Berufungsgericht der Klage des VKI noch zur Gänze stattgab, änderte der OGH die Entscheidung (in teilweiser Wiederherstellung des Ersturteils) dahingehend ab, dass es sich bei den ersten beiden beanstandeten Textpassagen nicht um AGB im eigentlichen Sinn handle, sondern vielmehr um bloße "Hinweise" ohne Rechtsfolgewillen, die nicht der Klauselkontrolle des VKI unterliegen.

Eingangs stellt der Oberste Gerichtshof klar: "Wenn ein in den AGB enthaltener Satz keine Vertragsbedingung enthalte, sondern nur eine Aufklärung des Verbrauchers, (dann) ist er grundsätzlich unbedenklich." Im konkreten Fall handle es sich bei den beiden folgenden Klauseln nur um "eine Information über übliche Geschäftsgepflogenheiten von Fluggesellschaften (...) und nicht um Bedingungen seines Vertrages mit dem Vermittler der Reise."

Der OGH kam damit zu dem Schluss, dass die vom VKI beanstandeten Klauseln 1 und 2 zulässig sind, da sie nur auf die Folgen hinweisen, die Dritte (insbesondere die Airline als Leistungsträger) vorsehen könnten:

1.    Wird der Hinflug nicht wahrgenommen, zieht dies regelmäßig auch eine Stornierung des Rückfluges nach sich.

2.    Gleiches gilt bei Unterlassen einer von einigen Fluggesellschaften geforderten Bestätigung des Rückfluges.

Dass diese beiden Klauseln in den AGB einer Airline unzulässig wären, weil Rückflüge bei Nicht-Inanspruchnahme eines Hinfluges oder bei einer unterlassenen Rückflugbestätigung nicht ohne weiteres gestrichen werden dürfen, darauf stellt der OGH offenbar nicht ab. Er scheint es daher für unproblematisch zu erachten, wenn ein Reisevermittler auf unzulässige Rechtsfolgen "bloß hinweist".

Anmerkung zu Klausel 1 und 2:
Dass Konsumenten regelmäßig nicht zwischen solchen "Hinweisen" und AGB unterscheiden können, wird zu verstärkter Rechtsunsicherheit führen: Nicht nur, dass die Abgrenzung, die der OGH hier vertritt, in der Praxis schwierig ist, sehen sich Verbraucher auch damit konfrontiert, dass es Unternehmen ungestraft möglich sein soll, unzulässige Rechtsfolgen (von Seiten Dritter) anzudrohen. Dass Dritte solche Rechtsfolgen gar nicht vorsehen dürfen, bleibt VerbraucherInnen verborgen. Gegenüber dem Reisevermittler soll dieser Umstand aber nicht aufgreifbar sein.




Die übrigen Klauseln wurden rechtskräftig für unzulässig erklärt.

Bemerkenswert ist insbesondere die Begründung zu Klausel 3, da sie die Gradwanderung bei der differenzierenden Beurteilung einer Klausel als normativ und bloß informativ gut veranschaulicht: Hier folgte der OGH der Argumentation der Beklagten nicht, wonach lediglich ein Hinweis auf Gesetzesbestimmungen vorliege. Dazu führte der OGH aus, die Klausel sehe vor, dass "jede Klage ausgeschlossen (...)" sei und ein entsprechender Haftungsausschluss unzulässig ist.
Interessanterweise hält der OGH in diesem Zusammenhang zudem fest, dass es demgegenüber nicht entscheidend wäre, ob ein Schadenersatzansprüch für Gepäckschäden gegenüber der Reisevermittlerin tatsächlich in Frage kommen könnte: Die Klausel sei geeignet, beim Adressaten eine unrichtige Vorstellung von seinen Rechten zu erwecken und ihn von der Verfolgung berechigter Ansprüche abzuhalten, und wäre daher intransparent.

Anmerkung:
Weshalb der OGH diese Begründung nicht auf bei der Beurteilung der Klausel 1 und 2 herangezogen hat, bleibt unklar; hätte sich doch auf diese Weise auch ihre Unzulässigkeit argumentieren lassen.


Auf die in dieser Entscheidung illustrierte Abgrenzung des Gerichtshofs zwischen AGB und rechtlich unbeachtlichen Hinweisen wird zukünftig besonderes Augenmerk zu legen sein.


3.    Die Meldung eines Gepäckschadens/-verlustes hat gegenüber dem Anfertigungsagenten des ausführenden Luftfrachtführers am Zielflughafen unmittelbar durch Aufnahme eines Schadenprotokolls (P.I.R.) zu erfolgen. Bei Gepäckschäden/-verlust ist jede Klage ausgeschlossen, wenn der Berechtigte nicht unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, bei internationalen Reisen jedenfalls aber spätestens sieben Tage nach Erhalt des Gepäcks schriftlich Anzeige an den Luftfrachtführer erstattet. Das gleiche gilt für die verspätete Auslieferung von Gepäck mit der Maßgabe, dass dieses Anzeige unverzüglich, jedenfalls aber spätestens 21 Tage nach Andienung des Gepäcks zu erstatten ist. Die Anzeige bedarf der Schriftform und muss innerhalb der vorgenannten Fristen abgesandt werden.

4.    Datenverwendung und Datenschutz
airberlin holidays erhebt und verwendet Ihre Daten gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu Bewerbung, Verkauf, Vermittlung und Durchführung von Reisen. Nur soweit gesetzlich zulässig, werden Ihre Daten an Dritte übermittelt, z.B. Fluggesellschaft, Hotel, sonstige Auftragnehmer sowie Konsumentenauskunft, die zur Ermittlung Ihres wahrscheinlichen Zahlungsverhaltens u.a. Ihre Anschriftendaten heranzieht.


5.    Soweit gesetzlich zulässig holen wir ggf. eine Bonitätsauskunft ein - in Deutschland bei Creditreform Boniversum GmbH (Hellersbergstraße 11, D-41460 Neuss) sowie SCHUFA Holding AG (Kormoranweg 5, D-65201 Wiesbaden), in Österreich bei Deltavista GmbH (Diefenbachgasse 35, A-1150 Wien). Hierzu übermitteln wir die zu einer Bonitätsprüfung benötigten personenbezogenen Daten an die oben genannten Auskunfteien und verwenden die erhaltenen Informationen für eine abgewogene Entscheidung über die Begründung und Durchführung eines Vertragsverhältnisses. Die Bonitätsauskunft kann Wahrscheinlichkeitswerte (Score-Werte) beinhalten, die auf Basis wissenschaftlich anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren berechnet werden und in deren Berechnung unter anderem Anschriftendaten einfließen. Ihre schutzwürdigen Belange werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt.

6.    Es gilt deutsches Recht.

7.    Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten gegen airberlin holidays ist Baden-Baden.

8.    Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen unwirksam sein oder werden, so behalten die übrigen Bedingungen gleichwohl Gültigkeit. Die Wirksamkeit des Vermittlungsvertrages als solchem bleibt unberührt.


HG Wien 11.08.2016, 43 Cg 6/16d
OLG Wien 29.11.2016, 5 R 164/16y
OGH 20.12.2017, 8 Ob 24/17p
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien


Das Urteil im Volltext.

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