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Urteil: OGH zu Geschäftsbedingungen im Transportgewerbe

Der OGH lässt aber das grundsätzliche Verhältnis zwischen dem KSchG und dem Warschauer Abkommen bzw. der CMR offen.

Der VKI hatte im Auftrag des BMSGK eine Klage gegen DHL International GmbH auf Unterlassung der Verwendung einiger Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eingebracht. DHL brachte dagegen vor allem vor, dass die Geschäftsbedingungen für DHL weltweit einheitlich wären und daher nicht auf alle denkbaren nationalen Ausnahmemöglichkeiten für Verbraucher hingewiesen werden könne. Auftraggeber von DHL seien auch hauptsächlich Unternehmer. Überdies würden der CMR und das Warschauer Abkommen dem Konsumentenschutzgesetz vorgehen.

Der OGH hält in seiner Entscheidung fest, dass es auf die Frage, ob allgemeine Geschäftsbedingungen der Überprüfung nach dem Konsumentenschutzgesetz unterliegen, wenn sie sich darauf beschränken, auf Beförderungsverträge anwendbare Bestimmungen internationaler transportrechtlicher Übereinkommen wiederzugeben, im vorliegenden Fall nicht ankommt. Die vorliegenden Geschäftsbedingungen gelten nämlich für alle Fälle von Güterbeförderungen. Selbst wenn daher manche Klauseln den Vorschriften internationaler Übereinkommen im Flugverkehr entsprächen, kann daraus nicht folgen, dass sie auch einer Überprüfung hinsichtlich der Straßentransporte entzogen sind. Damit legt sich der OGH allerdings nicht fest, wie das Verhältnis zwischen Warschauer Abkommen und der CMR einerseits und dem Konsumentenschutzgesetz andererseits zu beurteilen ist. Im übrigen gesteht der OGH zwar zu, dass es für ein international tätiges Unternehmen schwierig sein mag, seine AGB den nationalen Verbraucherschutzvorschriften anzupassen. Sieht sich das Unternehmen aber dazu außer Stande, so wird es darauf verzichten müssen, allgemeine Geschäftsbedingungen für Verbraucher aufzustellen.

Zu den einzelnen Klauseln:

1. Sie stimmen zu, dass Sendungen von uns jederzeit aus jedem beliebigen Grund geöffnet und geprüft werden dürfen: Die IATA Luftfrachtgutbedingungen enthalten zwar eine vergleichbare Bestimmung, die Klausel ist aber dennoch überschießend, weil sie auch sachlich nicht gerechtfertigte Fälle erfasst (etwa die Straßenbeförderung ungefährlicher Güter).

2. Falls der Empfänger oder der Dritte nicht bezahlt, stimmen Sie zu, für diese Sendung sämtliche Frachtkosten sowie alle sonstigen Kosten, Gebühren und Steuern zu entrichten: Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot, da sie den Ersatzanspruch nicht gemäß § 1014 ABG auf den notwendig und nützlich gemachten Aufwand einschränkt.

3. Wenn Sie von DHL Schadenersatz fordern wollen: - müssen Sie die Forderung schriftlich stellen; - müssen wir Ihre Forderung innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag, an dem wir Ihre Sendung übernommen haben, erhalten; - reichen Sie Ihre Forderung bitte bei der nächstgelegenen DHL-Geschäftsstelle ein: Diese Klausel ist im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässig, da sie sich dem Wortlaut nach auch auf Personenschäden bezieht und ein diesbezüglicher Ersatz eingeschränkt wird.

4. Gemäß den unten angeführten Allgemeinen Transportbedingungen sind DHL und seine Angestellten und Agenten (Erfüllungsgehilfen) erstens in keiner Weise haftbar für gewisse Verluste und Schäden, und zweitens, wo immer sie haftbar sind, ist die Höhe des Haftungsbetrages bis zu jenem Betrag, der unter Punkt 8 angeführt ist, genau limitiert: Diese Klausel ist im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässig, da sie auch für grob fahrlässig und vorsätzlich zugefügte Schäden Haftungsbegrenzungen vorsieht.

5. Bei Verlust oder Beschädigung einer Sendung aus welchem Grunde immer ist unsere Haftung auf den niedrigsten der folgenden 3 Beträge beschränkt: - auf ATS 1.750,--; oder - auf die tatsächliche Höhe eines von Ihnen erlittenen Verlustes oder Schadens; oder - auf den tatsächlichen Wert der Sendung. Dieser beinhaltet weder den Handelswert noch den ideellen Wert der Sendung für Sie oder eine andere Person: Auch wenn diese Haftungshöchstbeträge über jenen Beträgen liegen, die nach der CMR und dem Warschauer Abkommen zu erwarten sind, ist die Klausel unzulässig im Sinn des § 6 Abs 1 Z 9 KSchG da die Haftungsbeschränkungen auch für Fälle grob fahrlässiger und vorsätzlicher Schädigung bei allen anderen Transportmöglichkeiten gelten.

6. Der tatsächliche Wert einer Sendung kann höchstens den von Ihnen ursprünglich bezahlten Kaufpreis plus 10% betragen: Die Klausel bewirkt eine nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässige Haftungseinschränkung, da es keineswegs zutrifft, dass der Schaden nur nach dem Einkaufspreis bemessen wird.

7. Wenn Sie auf der Vorderseite dieses Luftfrachtbriefes nicht das Kästchen "ja" für die Versicherung ankreuzen, übernehmen Sie sämtliche Gefahren des Verlustes bzw. der Beschädigung: Auch diese Klausel ist als Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG anzusehen, da sich DHL darin ganz allgemein auch für Fälle grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Beschädigung von jeder Haftung freizeichnet.

8. Wir haften für keinerlei Verzögerungen: Auch diese Klausel stellt eine unzulässige Haftungseinschränkung nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG dar.

9. Wir haften nicht für den Verlust, die Beschädigung oder falsche Zustellung einer Sendung, wenn dafür Umstände verantwortlich sind, die sich unserer Kontrolle entziehen. Dazu gehören:

  • ein Mangel bzw. die natürliche Beschaffenheit des Gutes, auch wenn uns dieser/diese bei Übernahme der Sendung bekannt war;
  • die Post, einen anderen Luftfrachtführer oder einen anderen Dritten, mit dem wir einen Vertrag abschließen, um Sendungen an Zielorte zu bringen, die wir selbst nicht direkt bedienen. Wir sind auch dann nicht haftbar, wenn der Versender nicht um eine Vereinbarung mit einem Dritten gebeten hat oder davon nicht gewusst hat:

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, weil sie unter anderem eine Haftung für Dritte ausschließt. Nach Art. 29 Abs 2 CMR ist das Verschulden von Erfüllungsgehilfen nämlich dem Geschäftsherrn zuzurechnen. Auch der allgemeine Haftungsausschluss für den Fall, dass der Schaden auf einen Mangel oder auf die natürliche Beschaffenheit des Gutes zurückzuführen ist, ist unzulässig.

10. Für folgende Schäden bzw. Ereignisse übernehmen wir unabhängig davon, ob sie vertraglich oder außervertraglich entstehen, keine Haftung, auch nicht, wenn sie durch Fahrlässigkeit verursacht oder von uns verschuldet wurden:

  • Folgeschäden oder untypische oder unvorhersehbare Schäden oder Verluste; - andere mittelbare Schäden;
  • Verstoß gegen andere Verträge.

Folgeschäden beinhalten insbesondere Einkommensverluste, entgangenen Gewinn und Verluste von Zinsen und Absatzmärkten:

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, da der Frachtführer nach Art 23 Abs 5 CMR auch für mittelbare Schäden einzustehen hat.

DHL wurde eine Anpassungsfrist von drei Monaten gewährt. Das Veröffentlichungsbegehren wurde abgewiesen. Ebenso wurden drei Klauselteile als zulässig eingestuft.

OGH 7.10.2003, 4 Ob 130/03a
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer

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