Zum Inhalt

Urteil: OGH zu Glücksspielvertrag

Der Klage eines Spielsüchtigen auf bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Glücksspielverträgen gegen die Betreiberin einer Spielstätte wurde stattgegeben. Die Beklagte brachte mehrere Gründe gegen die Klage vor, alle wurden vom Gericht abgelehnt.

Unschlüssigkeit der Klage?
Wenngleich grundsätzlich jeder von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein muss, hat es der OGH in Fällen, in denen sich ein Begehren aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzte, die während eines längeren Zeitraums aufgelaufen sind, als Überspannung des Gebots nach einer Präzisierung des Vorbringens angesehen, würde man für jeden einzelnen von unter Umständen hunderten Fällen ein gesondertes detailliertes Vorbringen fordern. Nicht nur ein einheitlicher Anspruch, sondern auch gleichartige Ansprüche können bei sonstiger Unzumutbarkeit zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden, sodass etwa bei Geldleistungsansprüchen nur mehr die Gesamtsumme im Klagebegehren aufscheint.  Gegenständlich wäre die Aufschlüsselung jedes einzelnen klagsgegenständlichen Glücksspiels unzumutbar, die Konkretisierung des Anspruchs nach dem Zeitraum des wiederholten Spielgeschehens und dem Gesamtverlust wird als hinreichend schlüssig angesehen. Die genaue Wiedergabe jedes einzelnen von hunderten oder sogar tausenden Einzelspielen übersteigt die Grenzen des menschlichen Erinnerungsvermögens wohl deutlich und eine laufende detaillierte Mitprotokollierung durch den Spieler ist sozial unüblich.

Teilweise Geschäftsunfähigkeit des Klägers?
Geschäftsunfähigkeit eines an geistigen Störungen leidenden Vertragsschließenden ist schon dann anzunehmen, wenn das in Betracht kommende Geschäft - wie hier - von diesen geistigen Störungen "tangiert" wurde.

Mitverschulden?
Ein allfälliges Mitverschulden des Klägers am Abschluss der Glücksspielverträge wurden unberücksichtigt gelassen, da es auf ein solches bei der vorliegend begehrten bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nicht ankommt. Die Rückabwicklung eines wegen Geschäftsunfähigkeit eines Vertragsteils nichtigen Vertrags erfolgt nach § 877 ABGB. Es handelt sich dabei um einen vom Verschulden unabhängigen Kondiktionsanspruch, sodass eine unmittelbare Anwendung des § 1304 ABGB nicht in Betracht kommt.

OGH 20.12.2016, 4 Ob 199/16t

Das Urteil im Volltext.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums insgesamt 27 Klauseln aus den AGB der Aurena GmbH – einem Veranstalter von Online-Versteigerungen – abgemahnt. Die Aurena GmbH war in Folge bereit, zu 22 Klauseln eine Unterlassungserklärung abzugeben, bestritt aber die Gesetzwidrigkeit der übrigen fünf Klauseln, woraufhin der VKI eine Verbandsklage einbrachte. Zentrales Thema im Verfahren um diese Klauseln war die Frage, ob Verbraucher:innen bei einem Kauf im Rahmen einer Auktion der Aurena GmbH ein Rücktrittsrecht haben. In den AGB wurde ein solches Rücktrittsrecht ausgeschlossen. Während das LG Leoben dem VKI zur Gänze recht gab und die fünf eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig erklärte, war das OLG Graz als Berufungsgericht der Ansicht, dass die von der Aurena GmbH angebotene Unterlassungsverpflichtung trotz der vorgenommenen Einschränkung die Wiederholungsgefahr beseitigen würde. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

„Zufriedenheits“-Garantie

„Zufriedenheits“-Garantie

Eine „gewerbliche Garantie“ kann sich auch auf subjektive Umstände der Verbraucher:innen wie die in ihr Belieben gestellte Zufriedenheit mit der erworbenen Ware beziehen, ohne dass das Vorliegen dieser Umstände für die Geltendmachung der Garantie objektiv geprüft werden müsste.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang