Zum Inhalt

Urteil: OGH zu Telefonsex und Sorgfaltsplfichten beim Netzbetreibers

Telefonsex-Verträge sind grundsätzlich nicht sittenwidrig. Den Netzbetreiber treffen im Verhältnis zum Telefonkunden Schutzpflichten dahingehend, dass er eine Verbindung zu einem Telefonsexanbieter nach 30 Minuten trennen muss.

In Anlehnung an die oben angeführte Entscheidung des OGH vom 27.5.2003 hält der OGH nunmehr fest, dass Telefonsex-Verträge nicht generell sittenwidrig im Sinn des § 879 ABGB sind. Im Vergleich zur Prostitution fehlt es dabei nämlich am körperlichen Kontakt, der Intimbereich der Anbieterin werde nicht zur Ware degradiert, sondern lediglich eine davon losgelöste stimmlich darstellerische Leistung. Telefonsex vermeidet die Berührung mit der oftmals mit Prostitution zusammenhängenden Kriminalität sowie die Gefahr der Ansteckung. Im übrigen sei nicht alles, was als unmoralisch empfunden wird, deshalb schon sittenwidrig im Sinn des § 879 ABGB.

Bedenklich ist aus Sicht des OGH allerdings die absolute Höhe der Kosten. Die zu diesen Kosten führende ungewöhnliche Länge der Telefonate von oft mehreren Stunden ergibt sich daraus, dass die Kunden von einer Beendigung des Telefonates abgehalten werden. Die Willensfreiheit des Anrufers bei der Weiterführung und Beendigung ist somit "verdünnt". Dieser Problematik ist sich die klagende Telekom Austria offenbar bewusst, weil sie in ihren Verträgen mit den Telefonsexanbietern diesen auferlegt, die Verbindung nach 30 Minuten zu trennen. Diese AGB-Klausel wurde zugunsten des Telefonkunden vereinbart, weshalb sich dieser im Hinblick auf den vorliegenden Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter auch darauf berufen kann. Auch eine Unterlassung (hier: der Führung eines mehr als 30-minütigen Gesprächs) kann nämlich Gegenstand eines Vertrages zu Gunsten Dritter sein. Die Klausel beschreibt aber auch die Schutzpflichten des Netzbetreibers gegenüber dem Telefonkunden, weshalb sie dem Telefonkunden auch im Verhältnis zum Netzbetreiber zugute kommt. Als Sanktion für die Verletzung dieser Schutzpflicht ist nur das Entgelt für die ersten 30 Minuten zu bezahlen. Eine andere Wertung ergebe sich nur dann, wenn dem Netzbetreiber der Beweis gelänge, dass die gesamte Gesprächszeit auch bei bedingungsgemäßer Trennung des Gesprächs gleichgeblieben wäre.

OGH 12.6.2003, 2 Ob 23/03a

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

VKI: Gesetzwidrige Klauseln bei Streaming-Anbieter DAZN

VKI: Gesetzwidrige Klauseln bei Streaming-Anbieter DAZN

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die DAZN Limited (DAZN), mit Sitz in London, wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt. DAZN ist ein führender Anbieter von Onlinediensten zur Übertragung von Sportveranstaltungen.

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Der VKI hatte die Sky geklagt, nachdem diese ihren Kund:innen angekündigt hatte, personenbezogene Daten mit der Österreichischen Post abgleichen zu wollen. Der OGH wertete die zugrundeliegende Vertragsbedingung und zwei weitere Datenschutzklauseln von Sky für unzulässig.

Klausel zur Abrechnung von Datenvolumen bei A1-Marke „Bob“ unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die A1 Telekom Austria AG (A1) wegen einer Klausel in den Entgeltbestimmungen des Tarifs minibob geklagt. Dort wurde festgelegt, dass die Abrechnung in ganzen Blöcken zu je einem Megabyte (MB) pro Session erfolgen sollte. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte nun die Rechtsansicht des VKI, dass eine solche Verrechnungsklausel unzulässig ist. Es blieb vollkommen unklar, wie eine Session definiert sein soll.

Urteil: Irreführende „5G-Ready“-Werbung von T-Mobile

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt und bekam nun vom Handelsgericht (HG) Wien Recht: Nach Auffassung des Gerichts erweckt die Werbung den unrichtigen Eindruck, Kunden könnten bei den mit „5G-Ready“ beworbenen Tarifen bereits den Kommunikationsstandard 5G nutzen. Tatsächlich handelte es sich bei „5G-Ready“ lediglich um eine Option, die es dem Kunden ermöglicht, zu einem späteren Zeitpunkt ohne Vertragsverlängerung und Zusatzkosten auf einen 5G-fähigen Tarif zu wechseln, sobald dieser verfügbar ist. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Urteil: A1-Kundenhotline: Keine Zusatzkosten für Anrufe bei vorhandenen Freiminuten

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - A1 wegen einer unzulässigen Geschäftspraktik und einer unzulässigen Klausel. Das OLG Wien bestätigte dem VKI im Verfahren gegen A1 (Marke "Georg"), dass in Tarifen inkludierte Freiminuten auch zur Helpline gelten müssen. Zudem muss es auch Internetkunden möglich sein, dass sie die bestehende Hotline zum Grundtarif erreichen können.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang