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Urteil: OGH zur Schriftgröße

Eine von der Eigentümerin einer Liegenschaft beauftragte Immobilienmaklerin wurde nach Inseraten von den beklagten Verbrauchern um Übersendung eines Exposés der Liegenschaft ersucht. Dieses per Email übermittelte Exposé enthielt unmittelbar unter der Angabe des Kaufpreises folgenden Passus in kleinerer Schrift (Größe 8 oder 9 pt): "Kaufnebenkosten: 3,5 % Grunderwerbsteuer, 1,1 % Grundbucheintragungsgebühr, Vertragserrichtungskosten: je nach Tarif des Urkundenverfassers, 3 % zzgl. 20 % USt. Vermittlungsprovision (Höchstbetrag)". Es kam in der Folge ein Vertrag zustande.


Zulässige Schriftgröße

Der OGH hat zum Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG bereits klargestellt, dass dieses sowohl formale Verständlichkeit iSv Lesbarkeit als auch Sinnverständlichkeit verlangt, wobei die Frage der Lesbarkeit jedoch regelmäßig eine solche des Einzelfalls ist und von Schriftgröße, drucktechnischer Gestaltung, Farbwahl usw abhängt.

Nach zweitinstanzlicher Rechtsprechung (OLG Wien 14. 9. 2010, 1 R 66/10y [VKI/Hutchison 3G Austria]) ist eine Klausel, die in der Größe von rund 5,5 pt und mit geringem Zeilenabstand geschrieben ist, intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Aus dem Gebot der Erkennbarkeit, eines der Grundprinzipien des Transparenzgebots, ergebe sich, dass Klauseln in AGB mühelos lesbar sein müssen, weil die schwierige Lesbarkeit der Vertragsbestimmungen ebenso ein Informationsdefizit des Verbrauchers bewirke wie eine schwierige Sinnverständlichkeit; eine nicht einwandfrei lesbare Klausel sei unwirksam. Zu den Kriterien führte das OLG Wien aus, bei langen Texten ohne klare Untergliederung und einem unscharfen Druck, insb aber bei einem engen Schriftbild, könne auch eine Schriftgröße von 6 pt oder sogar darüber nicht ausreichen, um ein müheloses Lesen zu ermöglichen; intransparent sei eine Klausel, die nicht ohne äußerste Mühe und Konzentration lesbar sei, was nicht nur an der kleinen Schriftgröße und dem geringen Zeilenabstand, sondern insb auch an der geringen Zeichenbreite und dem geringen Zeichenabstand liegen könne.

Nach d Rsp ist maßgeblich für die mühelose Lesbarkeit einer Klausel grundsätzlich deren Schriftgröße. Diese darf nicht so klein gehalten sein, dass die Lektüre dem Kunden besondere Anstrengungen abnötigt, was bei Schriftgrößen unter 6 pt meist vermutet wird, sofern nicht andere Komponenten dieses Defizit ausgleichen wie beispielsweise Fettdruck. Neben der Schriftgröße kommt es aber auch auf das Druckbild an, also die Wort- und Zahlenanordnung, die Gliederung, das Papier, die Schriftart, die Farbe und den Hintergrund. AGB müssten in deutlich lesbarer Schriftgröße abgedruckt werden.

Zieht man diese Grundsätze zur Beurteilung der gegenständlichen Provisionsklausel heran, so ist laut OGH die Auffassung der Vorinstanzen, die Klausel sei gerade noch nicht intransparent, durchaus vertretbar. Abgesehen davon, dass die Klausel in einer Druckgröße von 8 oder 9 pt geschrieben ist, findet sie sich auf dem einseitigen Exposé auch nicht an einer unerwarteten oder versteckten Stelle, sondern unmittelbar unterhalb des Kaufpreises. Die Kaufnebenkosten sind zwar tatsächlich in kleinerer Schrift abgedruckt als der sonstige Text und das Druckbild ist leicht verschwommen, die Lektüre erfordert für einen Durchschnittsverbraucher aber keine besondere Anstrengung.


Schriftlichkeitsgebot gem § 30b KSchG

Nach § 30b Abs 1 KSchG hat der Immobilienmakler vor Abschluss des Maklervertrags dem Auftraggeber, der Verbraucher ist, eine schriftliche Übersicht mit bestimmtem Inhalt zu übermitteln. Die Mitteilung der nach § 3 Abs 3 MaklerG erforderlichen Nachrichten muss zwar schriftlich sein; das Gebot der Schriftlichkeit in § 30b KSchG bedeutet aber nicht, dass die Parteien das Dokument unterschreiben müssen. Eine Unterfertigung der schriftlichen Übersicht durch den Verbraucher ist somit nicht erforderlich (2 Ob 190/13z).


Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers

Aus der Übersicht nach § 30b Abs 1 KSchG muss hervorgehen, dass der Immobilienmakler als Makler einschreitet und es müssen die Kosten, die den Verbraucher durch den Abschluss des zu vermittelnden Geschäfts voraussichtlich erwarten, angegeben werden. Dazu gehört auch, dass der Makler die Vermittlungsprovision ausweist. Die Höhe der Vermittlungsprovision ist gesondert anzuführen. Erfüllt der Makler diese Pflichten nicht spätestens vor einer Vertragserklärung des Auftraggebers zum vermittelten Geschäft, kann der Verbraucher nach § 3 Abs 4 MaklerG einerseits Schadenersatz geltend machen und andererseits, soweit dem Makler ein Provisionsanspruch zusteht, wegen der Verletzung wesentlicher Pflichten auch eine Mäßigung nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren Verdienstlichkeit des Maklers verlangen.
Das Ausmaß der Provisionsminderung ist immer eine Entscheidung im Einzelfall; laut OGH liegt kein grober Ermessensfehler der Vorinstanzen vor.


OGH 28.2.2018, 6 Ob 203/17x
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