Zum Inhalt

Urteil: OLG Wien: Automatische Umstellung auf elektronische Rechnung unzulässig

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage gegen T-Mobile zur Frage der Zulässigkeit der automatischen Umstellung von der Papierrechnung auf die Onlinerechnung, wenn der Kunde nicht aktiv widerspricht. Nun folgte auch das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht der Auffassung des VKI. Sowohl die verwendeten Mitteilungen an die Kunden über die sofort erfolgende Umstellung wie auch die faktische Umsetzung sind binnen zwei Monaten zu unterlassen.

Anfang des Jahres 2013 beabsichtigte T-Mobile, Kunden einseitig auf elektronische Rechnungen umzustellen. Das Unternehmen übermittelte daher 172.200 Kunden der Marken T-Mobile und tele.ring eine Papierrechnung mit Zusatztext. Dabei - und auch im Internet - wurde unter dem Titel: "Mit der Papierrechnung wird abgerechnet - Die T-Mobile Onlinerechnung ist da."  darüber informiert, dass man die Rechnung ab sofort ausschließlich elektronisch erhalte. Das sei praktisch und schone die Umwelt. Auf ausdrücklichen Wunsch könne man aber die Papierrechnung behalten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten im wesentlichen keine Folge.

Demnach hat T-Mobile binnen 2 Monaten auf Papierrechnungen und auf ihren Websites folgende Klauseln (Mitteilungen) zu unterlassen:
a) "Ab sofort erhalten unsere Kunden die tele.ring Rechnung ausschließlich elektronisch".
b) "Ab jetzt erhalten T-Mobile Kunden ihre Rechnung ausschließlich elektronisch".
c) "Mit der Umstellung auf die tele.ring Online Rechnung erhalten unsere Kunden ihre Rechnung ab jetzt ausschließlich elektronisch".

Weiters hat es T-Mobile binnen 2 Monaten zu unterlassen, nach den oben genannten Klauseln zu verfahren und derartige Umstellungen vorzunehmen.

Die Mitteilungen auf den Papierrechnungen und auf den Internetseiten sind nach dem Oberlandesgericht Wien als Änderung der Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, die allen bestehenden Verträgen einseitig zugrunde gelegt wurden. Diese Vertragsbedingungen seien für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. 

Es liege ein Verstoß gegen § 100 TKG vor, wonach ein Teilnehmer bei Vertragsabschluss zwischen einer elektronischen Rechnung oder einer Papierrechnung wählen könne. Die Möglichkeit des Teilnehmers, eine unentgeltliche Papierrechnung erhalten zu können, dürfe vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Das Wahlrecht sei dem Kunden nach dieser Bestimmung bei Vertragsabschluss einzuräumen. Vor diesem Hintergrund dürfe T-Mobile den Kunden nur ein von ihnen auszuübendes Wahlrecht anbieten. Den Kunden werde aber evidenter maßen eben keine Wahlmöglichkeit eingeräumt sondern bestenfalls ein Widerspruchsrecht bzw eine Abwahlmöglichkeit einer von T-Mobile gewünschten und ihren Kunden einseitig nachträglich aufgedrängten Form.

Die Argumentation von T-Mobile in der Berufung, sie sei nur zum Vorteil der Kunden vorgegangen, sei mit den Ausführungen zu § 100 TKG schon der Boden entzogen. Das Vorgehen verstoße gegen § 25 Abs 3 TKG, weil der Kunde nicht auf das außerordentliches Kündigungsrecht hingewiesen würde, welches ihm aufgrund der nicht ausschließlich begünstigenden Änderung zustehe.

Hingegen hat Berufungsgericht das Begehren, die irreführende Geschäftspraktik auf Grundlage der oben genannten Klauseln zu unterlassen, abgewiesen. Grundsätzlich seien zwar die beiden Unterlassungsansprüche (jener nach § 28ff  KSchG wie auch jener nach § 14 UWG) nicht völlig deckungsgleich, sodass die Anspruchsgrundlagen nebeneinander bestehen könnten. Im vorliegenden Fall könne jedoch dahingestellt bleiben, ob beide Anspruchsgrundlagen bestünden, weil kein anderer normativer Gehalt beim Unterlassungsbegehren nach UWG zu erkennen sei als der, die Klauseln nicht zu verwenden, sich nicht auf sie zu berufen und nicht ihnen gemäß gegen Verbraucher vorzugehen.

Weiters wurde T-Mobile ohne Leistungsfrist die Verwendung oder das sich Berufen auf folgende Klauseln untersagt:

a) Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich mit den jeweils geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und der darin enthaltenen widerruflichen Zustimmungserklärung nach dem Datenschutzgesetz einverstanden.
b) Ebenso bin ich bis auf Widerruf damit einverstanden, dass auch nach zweimalig erfolgloser Mahnung und damit verbundener Übergabe der Forderung an ein Inkassoinstitut (=qualifizierter Zahlungsverzug) bzw. zum Zwecke des Gläubigerschutzes, mein Name, Wohnadresse, Information über Art und Inhalt des Vertragsverhältnisses sowie Bonitätsdaten (§ 92 Abs. 3 Z3 TKG 2003idgF) an behördlich befugte Kreditschutzverbände und Auskunfteien übermittelt werden.  
c) Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzes (KSchG) können unter den Voraussetzungen des § 3 KSchG (Haustürgeschäft) und §5a KSchG (Fernabsatz) binnen einer Woche bzw. innerhalb von sieben Werktagen ab Freischaltung schriftlich vom Vertrag zurücktreten.
d) Ich bin einverstanden, meine tele.ring Rechnung ausschließlich auf elektronischem Weg zu erhalten. Sollte ich eine Rechnung in Papierform wünschen, kann tele.ring ein angemessenes Entgelt lt. Tarifbestimmung verrechnen.

Hinsichtlich dieser Klauseln hat die Beklagte argumentiert, es handle sich bei diesen Klauseln um ein veraltetes Formular, dass seit Mai 2012 nicht mehr in Verwendung sei. Das veraltete Formular sei irrtümlich im Selbstadministrationsbereich online geblieben und aus Anlass der Klage entfernt worden.  Das Berufungsgericht bejahte jedoch die Wiederholungsgefahr, zumal die Beklagte in erster Instanz die Auffassung vertreten habe die Klauseln wären nicht rechtswidrig. Außerdem sei der Einwand, eine Klausel werde in der Praxis anders gehandhabt, ebenso unbeachtlich wie eine klärende Erläuterung des Unternehmers.

Der VKI hat zu Klausel a.) argumentiert, die Klausel verstoße als dynamischer Verweis gegen das Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Außerdem verstoße die Klausel gegen § 4 Z 14 DSG und § 8 Abs 1 Z 2 DSG.

Auch Klausel b.) verstoße gegen das Transparenzgebot und gegen das DSG.

Die Klausel c) verstoße gegen § 6 Abs 3, § 3 Abs 1, § 5e KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB und die Klausel d.) verstoße gegen § 100 TKG, § 879 Abs 3 und § 864a ABGB sowie § 6 Abs 1 Z 3 KSchG.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand 25.04.2014).

OLG Wien 25.03.2014, 1 R 21/14m
Volltextservice
Klagevertreter. Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums insgesamt 27 Klauseln aus den AGB der Aurena GmbH – einem Veranstalter von Online-Versteigerungen – abgemahnt. Die Aurena GmbH war in Folge bereit, zu 22 Klauseln eine Unterlassungserklärung abzugeben, bestritt aber die Gesetzwidrigkeit der übrigen fünf Klauseln, woraufhin der VKI eine Verbandsklage einbrachte. Zentrales Thema im Verfahren um diese Klauseln war die Frage, ob Verbraucher:innen bei einem Kauf im Rahmen einer Auktion der Aurena GmbH ein Rücktrittsrecht haben. In den AGB wurde ein solches Rücktrittsrecht ausgeschlossen. Während das LG Leoben dem VKI zur Gänze recht gab und die fünf eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig erklärte, war das OLG Graz als Berufungsgericht der Ansicht, dass die von der Aurena GmbH angebotene Unterlassungsverpflichtung trotz der vorgenommenen Einschränkung die Wiederholungsgefahr beseitigen würde. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

„Zufriedenheits“-Garantie

„Zufriedenheits“-Garantie

Eine „gewerbliche Garantie“ kann sich auch auf subjektive Umstände der Verbraucher:innen wie die in ihr Belieben gestellte Zufriedenheit mit der erworbenen Ware beziehen, ohne dass das Vorliegen dieser Umstände für die Geltendmachung der Garantie objektiv geprüft werden müsste.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang