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Urteil: OLG Wien bestätigt: AGB des Reiseveranstalters Holidays.ch AG gesetzwidrig

Eine Vertragsbestimmung, mit der ein Schweizer Reiseveranstalter in seinen AGB generell die Anwendbarkeit Schweizer Rechts vorsieht, ist unzulässig und daher unwirksam, da österreichischen VerbraucherInnen der zwingende Schutz ihrer Heimatrechtsordnung nicht entzogen werden darf.

Das stellte der EuGH in der Entscheidung C-191/15 VKI / Amazon vom 28.7.2016 klar. Das OLG Wien erklärte diese Entscheidung auch in Bezug auf ein Unternehmen für maßgeblich, das in der Schweiz beheimatet ist und über keinen Sitz in einem Mitgliedstaat der EU verfügt.

Nebst der Anwendbarkeit österreichischen Rechts hatte die Beklagte zunächst auch die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte bestritten, die Zuständigkeit des HG Wien in ihrer Berufung jedoch nicht mehr in Zweifel gezogen.

Auch betreffend die einzelnen Klauseln gab das OLG Wien der Berufung der holidays.ch AG keine Folge, sondern bestätigte die Unzulässigkeit der vom VKI beanstandeten Vertragsbestimmungen: 

Klausel 1 sei bereits aus dem Grund unzulässig, da suggeriert werde, Mängel könnten nur der Reiseveranstalterin oder der örtlichen Reiseleitung angezeigt werden, in Wahrheit sei aber jeder Repräsentant des Veranstalters (jeder, der in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für den Veranstalter ausübt) ein geeigneter Empfänger der Mängelrüge, weshalb Verbrauchern ein unzutreffendes Bild ihrer vertraglichen Position vermittelt werde (§ 6 Abs 3 KSchG).

Die erstinstanzliche Entscheidung, mit der auch Klausel 2 für unzulässig erklärt wurde, bekämpfte die Beklagte nur in Bezug auf Satz 2, wonach Personal und sonstige Leistungsträger nicht berechtigt wären, Ansprüche entgegen zu nehmen oder anzuerkennen. Das würde jedoch bedeuten, dass während der Reise keine Mängel angezeigt werden könnten (§ 31e Abs 2 KSchG). Dass gemäß Satz 1 der Klausel die Normierung einer Monatsfrist zur Anspruchsgeltendmachung unzulässig ist hielt die Beklagte nichts entgegen.

Klausel 5, wonach zulässige Haftungsbegrenzungen eines Leistungsträgers auch von der Reiseveranstalterin eingewandt werden könnten, möge zwar dem deutschen Recht entsprechen (§ 651h BGB) und sei konkret nicht gröblich benachteiligend, jedoch bleibe unklar, auf welche Regelwerke in der Klausel abgestellt werde (§ 6 Abs 3 KSchG).

Die Normierung eines Kreditkartenentgelts in Klausel 6 widerspreche § 27 Abs 6 ZaDiG, das aufgrund der generellen Anwendbarkeit österreichischen Rechts maßgeblich sei. Da die Klausel eine Einheit bilde, könnten auch einzelne Sätze der Klausel keinen Bestand haben.

Mit Klausel 7 werde ein Rücktrittsrecht von gebuchten Zusatzleistungen gegen Zahlung eines Reugeldes eingeräumt, darüber hinaus aber ein pauschalierter Schadenersatzanspruch normiert, ohne dass die dafür erforderliche Rechtswidrigkeit vorliege, zumal ja erkennbar ein Rücktrittsrecht eingeräumt werde, was die Klausel gröblich benachteiligend mache (§ 879 Abs 3 ABGB); zudem verweise die Klausel auf möglicherweise unbekannte Stornobedingungen (§ 6 Abs 3 KSchG).

Die in den Klauseln 9 und 10 angekündigte automatische Stornierung eines Fluges sei im Hinblick auf die dazu ergangene Judikatur des BGH und OGH gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB), und zudem, selbst wenn man dem Einwand der Beklagten folgen wolle, dass die Klauseln lediglich Hinweischarakter hätten, auch intransparent, da diesfalls die Rechtsfolgen offen blieben; unklar bleibe auch der Anwendungsbereich der Klauseln (§ 6 Abs 3 KSchG).

Klausel 11 betreffend die Geltendmachungung von Gepäckschäden bzw. -verlust sei - nebst den schon vom HG Wien erkannten Gründen - bereits aus dem Grund unzulässig, da offen bleibe, ob lediglich die Rechtslage zwischen Verbraucher und Fluggesellschaft beschrieben werde, oder das Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Reiseveranstalterin geregelt werden solle (§ 6 Abs 3 KSchG).

Das in Klausel 12 wiedergegebene besondere Kündigungsrecht des § 651j BGB kenne das österreichische Recht nicht: Rückreisekosten in Zusammenhang mit Leistungsstörungen träfen immer den Veranstalter (31e Abs 1 KSchG).

Eine wirksame Zustimmung zur Datenweitergabe könne nur bei Kenntnis von Datenumfang und Verwendungszweck erteilt werden; welche Daten Klausel 13 umfasse, bleibe jedoch offen (§ 6 Abs 3 KSchG).

Die enthaltene Rechtswahlklausel (Klausel 14) zugunsten Schweizer Rechts sei gröblich benachteiligend (§ 6 Abs 3 KSchG). 

Klausel 16 stelle lediglich darauf ab, dass der Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigt werden dürfe, und übersehe dabei, dass es auch innerhalb dieses Maßstabs eine erhebliche Reiseänderung geben könne; mangels Hinweises auf ein dann zustehendes Wahlrecht gemäß § 31c Abs 2 KSchG sei die Klausel intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG) und hinsichtlich des Vorbehalts kurzfristiger Flugzeitenänderungen auch unzumutbar (§ 6 Abs 2 Z 3 KSchG).

Zu den in Klausel 17 normierten Stornosätzen hielt das OLG Wien an der grundsätzlichen Erwägung fest, dass der Unternehmer, damit sein Werklohnanspruch fällig werden kann, zunächst konkret dazu Stellung nehmen müsse, aus welchen Gründen er durch eine mögliche "anderweitige Verwendung" weder etwas erwerben konnte, noch zu erwerben absichtlich versäumt hätte. Anders als die Klausel dies suggeriere sei es eben nicht generell Sache des Kunden, die Enstehung eines geringeren Schadens zu beweisen, und die Klausel daher in ihrer Gesamtheit unzulässig (§ 6 Abs 3 KSchG).

Mit den Klauseln 3+4+8+15, deren Unzulässigkeit vom HG Wien festgestellt wurde, setzte sich das OLG Wien inhaltlich nicht auseinander, da die Berufung der Beklagten diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt worden sei.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OLG Wien 19.04.2017, 1 R 28/17w
HG Wien 16.12.2016, 19 Cg 26/16v
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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