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Urteil: OLG Wien erkennt Entgeltänderungs- und Erklärungsfiktionsklauseln in den AGB der A1 Telekom Austria AG als rechtswidrig

Der VKI führt - im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich - eine Unterlassungsklage gegen A1. Es geht um zahlreiche Bestimmungen der AGB für die Festnetztelefonie. Das OLG Wien hat unter anderem nun bestätigt, dass auch bei vereinbarten Entgeltänderungsklauseln (Indexklauseln) und Erklärungsfiktionsklauseln, die eine nicht begünstigende Änderung von AGB oder Entgelterhöhungen herbeiführen, das Prozedere des § 25 Abs 3 TKG einzuhalten ist. Das heißt, Kunden ist in diesen Fällen ein außerordentliches, kostenloses Kündigungsrecht einzuräumen.

1.) Werden Kunden durch die Änderung(en) ausschließlich begünstigt, so kann/können diese Änderung(en) durch A1 bereits an dem Tag der Kundmachung der Änderung(en) angewandt werden. Dies gilt auch für Entgeltänderungen aufgrund einer vereinbarten Indexanpassung.

 
Das Erstgericht beurteilte die Klausel wegen Verstoßes gegen § 25 TKG als gesetzwidrig und wegen Verschleierung der wahren Rechtsklage als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Das OLG Wien bestätigte diese Entscheidung. Verfahrensgegenständlich sei nach der Klausel eine Entgeltänderung aufgrund einer vereinbarten Indexanpassung, also in der Regel eine Entgelterhöhung. Nach § 25 TKG sei der Anbieter ex lege zu einer einseitigen Vertragsänderung berechtigt, soweit es die Änderung von AGB und Entgeltbedingungen beträfe. Als Ausgleich dafür erhalte der Teilnehmer ein kostenloses außerordentliches Kündigungsrecht, das spätestens bis zum In-Kraft-Treten der Änderungen auszuüben sei (vgl 1 Ob 123/09h). Zur konkreten Fallkonstellation sei auch auf die Entscheidung 3 Ob 107/11y zu verweisen. Dort sei eine Klausel nach § 29 ZadiG iVm § 6 Abs 1 Z 5 KSchG zu beurteilen gewesen. Demnach sei in allen nicht in § 29 Abs 2 Satz 1 ZaDiG angeführten Fällen einer Änderung der Entgelte nach Abschluss des Rahmenvertrages die in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Vorgangsweise einzuhalten, also insbesondere die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung des Zahlungsdienstenutzers einzuholen. Diese Überlegungen bedeuten nach dem OLG Wien für den konkreten Fall, dass die Beklagte bei Entgelterhöhungen, auch wenn sie grundsätzlich dazu berechtigt ist und diese Folge einer vereinbarten Indexklausel sind, das Prozedere des § 25 Abs 3 TKG einhalten muss. Diese gesetzliche Regelung kann nicht dadurch umgangen werden, dass Änderungsklauseln in den AGB vereinbart werden und dann, wenn die Voraussetzungen für eine Änderung (Erhöhung) eintreten, die dafür gesetzlich vorgesehene Vorgangsweise durch Verweis auf eine solche AGB - Vereinbarung umgangen wird.  Eine Verletzung der Bestimmung des § 25 Abs 3 TKG ist zu bejahen. 

Weiters schließt nach dem OLG Wien die Bestimmung des § 25 Abs 3 TKG nicht eine Prüfung der AGB nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen (Geltungs- und Inhaltskontrolle) und konsumentenschutzrechtlichen Bestimmungen aus (vgl 1 Ob 123/09h). Die Bestimmung verschleiere dem Verbraucher auch die wahre Rechtslage. Er werde nicht über die ihm zustehende Möglichkeit einer außerordentlichen Vertragskündigung informiert. Ein Verstoß gegen das Transparentgebot nach § 6 Abs 3 KSchG sei gegeben. 

2.) Werden Kunden durch die Änderung(en) nicht ausschließlich begünstigt, so wird A1 diese Änderung(en) - soweit diese nicht nur für künftige Kunden gelten sollen - zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten kundmachen. Der wesentliche Inhalt der den Kunden nicht ausschließlich begünstigende(n) Änderung(en) und der Hinweis auf § 25 Abs. 3 TKG 2003 wird dem Kunden in schriftlicher Form, etwa durch Aufdruck auf einer Rechnung, zumindest einen Monat vor Inkrafttreten mitgeteilt. Die Mitteilung über den wesentlichen Inhalt der Änderung wird einen Hinweis auf das kostenlose Kündigungsrecht und die Kündigungsfrist enthalten. Auf Ersuchen des Kunden wird der Volltext der aktuellen AGB übermittelt. Entgeltänderungen aufgrund eines vereinbarten Index berechtigten nicht zur außerordentlichen Kündigung.  

Als "Komplementärbestimmung" zu Klausel 1 beurteilte das Erstgericht auch diese Klausel, die zwar zunächst die Regelung des § 25 Abs 3 TKG wiedergebe, dann aber die Entgelterhöhungen aufgrund einer vereinbarten Indexklausel explizit ausnehme, als gesetzwidrig gemäß § 25 TKG und intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. 

3.) Einvernehmliche Vertragsänderungen: A1 kann Änderungen mit dem Kunden auch einvernehmlich vereinbaren. Der Kunde erhält ein Angebot zur einvernehmlichen Vertragsänderung mindestens 1 Monat vor In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen in schriftlicher Form, z.B. durch Rechnungsaufdruck oder als Rechnungsbeilage. Darin finden sich alle Änderungen. Auch wenn A1 nur einen Teil eines Punktes ändert, sendet A1 dem Kunden den gesamten neuen Punkt. Zusätzlich findet der Kunde einen Hinweis auf die Volltext-Version unter www.A1.net . Der Kunde kann die Volltext-Version auch bei der A1 Serviceline kostenlos anfordern. Gleichzeitig informiert A1 den Kunden über den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der geplanten Änderungen. Das Angebot gilt als angenommen, wenn der Kunde nicht bis zum In-Kraft-Treten der geplanten Änderungen schriftlich widerspricht. A1 wird den Kunden in diesem Angebot über diese Frist sowie über die Bedeutung seines Verhaltens informieren. 

Unter Verweis auf die Entscheidung 7 Ob 84/12x führte das OLG Wien aus, dass die Klausel - wie auch die Klauseln 1 und 2 - gegen § 25 Abs 3 TKG verstoße, weil damit AGB-Änderungen ohne die Einhaltung des Prozedere des § 25 Abs 3 TKG möglich seien. Die Klausel verstoße aber auch gegen § 864a ABGB,  § 6 Abs 1 Z 2 KSchG und § 6 Abs 3 KSchG. Diesbezüglich sei auf die ausführliche rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zu verweisen, der sich das OLG Wien anschloss. 

Das Erstgericht führte aus, die Klausel sei in ihrer konkreten Ausgestaltung überraschend und nachteilig gemäß § 864a ABGB. Aufgrund des "entwarnenden" Einleitungssatzes, den der typische/durchschnittliche Verbraucher als "ausdrückliches vereinbaren" verstehen müsste, sei der weitere Verlauf der Klausel, nämlich das Vertragsänderungen gerade doch nicht ausdrücklich vereinbart werden müssten, sondern durch Schweigen zustande kommen könnten, überraschend. Für eine derart weitreichende, inhaltlich unbeschränkte Änderungsmöglichkeit gebe es auch keine sachliche Rechtfertigung, weshalb die Klausel auch gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB sei. Bei kundenfeindlichster Auslegung könnten jegliche Vertragsänderungen - daher auch Änderungen der Hauptleistungspflichten -   vorgenommen werden, dem die Kunden ausdrücklich widersprechen müssten. Das HG Wien bezog sich auch auf eine Entscheidung des BGH. Dieser habe in III ZR 63/07 ausgesprochen, dass eine Zustimmungsfiktion für wesentliche Vertragsänderungen, worunter namentlich die essentialia des Vertrags, insbesondere alle von der Beklagten geschuldeten Leistungen, unter Einschluss der Hauptleistungen fielen, nicht ausreiche, sondern einer individualvertraglichen Regelung bedürfen.  Letztlich sei die Klausel intransparent gemäß 3 6 Abs 3 KSchG. Eine solche Klausel bedürfe einer Konkretisierung, die einem durchschnittlichen Verbraucher eine Vorstellung davon vermittle, in welchen Bereichen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen habe. Die vorliegende Klausel erfülle diese Voraussetzungen nicht.

 
Das OLG Wien verwies nochmals explizit auf die Entscheidung 6 Ob 85/11k, wo ausgesprochen wurde, dass aus der Norm des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG grundsätzlich überhaupt die Wirkungslosigkeit vertraglicher "Erklärungsfiktionen" folge. Die diese Wirkungslosigkeit beseitigenden Einschränkungen seien streng zu Lasten des Unternehmers auszulegen. Für die dort bekämpfte Zulässigkeit der Klausel reiche es nicht aus, dass der Unternehmer lediglich de facto unter Einhaltung einer angemessenen Frist bei Beginn dieser Frist auf die Erklärungsbedeutung des Verbraucherverhaltens und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweise. Sowohl die Widerspruchsmöglichkeit als auch die Frist müssten bereits in den Vertragstext aufgenommen werden. Ebenfalls unter Verweis auf die Entscheidung des BGH III ZR 63/07 führte auch das OLG Wien aus, dass die beanstandete Klausel der Beklagten das Recht gäbe, bestehende Verträge in jeder Weise - somit auch hinsichtlich der essentialia des Vertrages abzuändern. 

Nicht beigepflichtet könne der Beklagten, dass der Kunde mit der Klausel besser gestellt werde als bei einer kostenlosen Kündigung, weil er im Fall des Widerspruchs den alten Vertrag behalte. Nach Auffassung des OLG Wien wird dem Konsumenten die Möglichkeit genommen, sich nach einem anderen, möglicherweise günstigeren Anbieter umzusehen und mit diesem einen Vertrag zu schließen, weil ihm nicht bewusst ist, dass er zu einer unentgeltlichen Beendigung des Vertrages berechtigt ist und sich zum Beispiel vor einer Kündigung scheut, um einen Kostenanfall zu vermeiden. Selbst das Bedürfnis nach einfacher Abwicklung im Massenverkehr verpflichte die Beklagte, bei ihren Geschäftsabschlüssen die Interessen des Verbrauchers zu beachten und gesetzmäßige Bestimmungen auszuarbeiten. 

4.) Der Kunde kann den Vertrag mit A1 auf einen Dritten übertragen sofern A1 schriftlich zustimmt.

Nach dem HG Wien verstoße die Klausel gegen § 10 Abs 3 KSchG, wonach die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter zum Nachteil des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden kann.  Das OLG Wien bestätigte die Rechtswidrigkeit nach § 10 Abs 3 KSchG unter neuerlichem Verweis auf die Entscheidung 7 Ob 84/12x. 

5.) Wird das Vertragsverhältnis oder eine Vereinbarung über eine zusätzliche Leistung beendet, ist der Kunde verpflichtet, sofern er das Vertragsverhältnis durch außerordentliche Kündigung zu Recht beendet hat, das monatliche Grundentgelt bis zum Tag der Beendigung anteilig zu bezahlen. In allen anderen Fällen hat der Kunde die vollen Grundentgelte inklusive jenes Monats, in welchem die Kündigung wirksam wurde, zu bezahlen. 

Nach dem HG Wien sei die Klausel gröblich benachteiligend und verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel führe nämlich dazu, das etwa der Kunde im Fall einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten am 2.9.2012 das volle Grundentgelt bis zum 30.9.2012 bezahlen müsse, obwohl die Beklagte in diesem Zeitraum keine Leistungen zu erbringen habe.  Das OLG Wien bestätigte die Entscheidung. Zum Einwand der Beklagten, dass eine ordentliche Kündigung des Verbrauchers grundsätzlich zum Monatsletzten möglich sei und daher keine gröbliche Benachteiligung vorliege entgegnete das OLG Wien, dass eine ordentliche Kündigung nach den AGB nicht nur zum Monatsletzten, sondern nach Punkt 18 auch zu anderen Zeitpunkten vorgesehen sei, zu denen eine ordentliche und außerordentliche Kündigung durch den Kunden oder die Beklagte erfolgen könne. Auf ein etwaiges Verschulden des Kunden habe sich die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht berufen. In der beanstandeten Klausel werde darauf auch nicht abgestellt (durch eine diesen Umstand für den Durchschnittsverbraucher genau definierende, klare, verständliche und damit gesetzlich zulässige Regelung).

6.) Erst mit der richtigen Zuordnung tritt die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung ein, was allerdings nur dann gilt, wenn sich A1 ohne schuldhafte Verzögerung bemüht, die Zuordnung vorzunehmen.

Das HG Wien beurteilte die Klausel als unzulässig nach § 864a ABGB. Nach § 1424 ABGB erlösche eine Forderung dann durch Zahlung, wenn sie dem Empfänger zugegangen dh in seinen Machtbereich gelangt sei. Ein Verbraucher würde typischerweise erwarten, dass jeder Betrag, den er auf das Konto der Beklagten überweist, damit als zugegangen gilt. Dem Einwand des erheblichen Aufwandes durch die manuelle Zuordnung hielt das Gericht entgegen, dass mit der Bereitstellung von personellen und organisatorischen Ressourcen zu reagieren sei, nicht mit Verbraucher generell benachteiligenden AGB Klauseln. Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB, weil der Kunde im schlimmsten Fall eine längere Unsicherheitsphase in Kauf nehmen müsse, während der er möglicherweise bereits Mahnungen seitens der Beklagten erhält, obwohl er die Zahlung an sich rechtzeitig vorgenommen habe. Letztlich sei die Klausel wegen der Formulierung des "Bemühens" und "ohne schuldhafte Verzögerung" intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Es sei nicht klar, was darunter zu verstehen sei, damit sei nicht transparent, wann seine Überweisung zugeordnet werden kann.

Diese rechtliche Würdigung des Erstgerichts könne nicht in Zweifel gezogen werden. Die von der Beklagten ins Treffen geführten faktischen Gegebenheiten (extrem hoher Aufwand der manuellen Zuordnung im Massengeschäft) rechtfertigen den Inhalt der Klausel nicht. Dem Verbraucher könne zwar zugemutet werden, Zuordnungsparameter auf dem Zahlschein anzugeben, dass berechtigte im Fall des Unterlassens aber nicht, dem Verbraucher derart nachteilige, vom dispositiven Recht des § 1424 ABGB abweichende Rechtsfolgen aufzubürden. Vielmehr seien dem Kunden interne Unternehmensabläufe nicht bekannt, was keine Folge auf den Zeitpunkt der schuldbefreienden Wirkung haben dürfe. Der Kunde werde vielmehr mit großer Rechtsunsicherheit belastet, weil aus der Formulierung "ohne schuldhafte Verzögerung bemüht" nicht klar zum Ausdruck komme, wann denn nun Schuldbefreiung eintrete. 

7.) 10.12. Ist eine Indexanpassung in den Entgeltbestimmungen oder einer Individualvereinbarung ohne nähere Festlegung vereinbart, so gelten die nachfolgenden Regelungen. 
Wenn sich der (Kalender-)Jahresdurchschnitt des Verbraucherpreisindex ("Jahres-VPI") der Statistik Austria ändert, hat das folgende Auswirkungen auf die Entgelte:  
 -A1 ist berechtigt Entgelte für das folgende Kalenderjahr entsprechend der Steigerung des Jahres-VPI zu erhöhen.  
 -A1 ist verpflichtet Senkungen des Jahres-VPI weiterzugeben und die besagten Entgelte entsprechend der Senkung zu reduzieren. 
Über die Anpassungen informiert A1 den Kunden in schriftlicher Form (z.B. über Rechnungsaufdruck). 
Sofern nicht anders vereinbart ergibt sich der Umfang der Entgeltanpassungen aus dem Verhältnis der Änderung des Jahres-VPI für das letzte Kalenderjahr vor der Anpassung gegenüber dem Jahres-VPI für das vorletzte Kalenderjahr vor der Anpassung (Indexbasis: Jahres-VPI 2010 = 100). Schwankungen von 2% (Schwankungsraum) gegenüber der Indexbasis berücksichtigt A1 nicht. Wird dieser Schwankungsraum allerdings in den Folgejahren insgesamt über- oder unterschritten, passt A1 die Entgelte in voller Höhe an. Der neue Wert stellt die neue Indexbasis für zukünftige Anpassungen dar. Eine Verpflichtung zur Entgeltreduktion verringert sich in dem Ausmaß, in dem A1 im Vorjahr ein Recht zur Erhöhung der Entgelte nicht ausgeübt hat.  
Anpassungen der Entgelte erfolgen im Jahr nach der Änderung der Indexbasis, frühestens jedoch im Folgejahr des Vertragsabschlusses:  
Entgelterhöhung: 1. April bis 31.Dezember.  
Entgeltreduktion: immer am 1. April.  
Wird der Jahres-VPI nicht mehr veröffentlicht, tritt sein amtlicher Nachfolger an dessen Stelle.

Diese Klausel stehe in Zusammenhang mit den Klauseln 1 und 2 und gäbe der Beklagten das Recht, Entgelte auf Basis des Verbraucherpreisindex zu erhöhen. Unter Verweis auf die Begründung zu den Klauseln 1 und 2 sei darauf zu verweisen, dass bei Entgelterhöhungen jedenfalls eine den Verbraucher nicht ausschließlich begünstigende Änderung der Entgeltbestimmungen vorliege und damit auch hier das Procedere des § 25 Abs 3 TKG einzuhalten sei. Die Klausel verstoße daher ebenfalls gegen § 25 Abs 3 TKG. Auch nach dem OLG Wien verstößt die Klausel gegen § 25 Abs 3 TKG und verschleiert die wahre Rechtslage gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

8.) Werden Einwendungen nicht binnen drei Monaten nach Zugang der Rechnung bei A1 schriftlich erhoben, so gilt die Forderung der A1 als anerkannt. A1 wird einen Verbraucher durch einen deutlich sichtbaren Hinweis auf der Rechnung nochmals auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen.  

Hat der Kunde fristgerecht Einwendungen gegen die Rechnung von A1 erhoben, wird A1 die Richtigkeit der beeinspruchten Rechnung entweder bestätigen oder diese korrigieren. Die Entscheidung wird dem Kunden schriftlich zugestellt. A1 ist berechtigt, ein standardisiertes Überprüfungsverfahren durchzuführen. In diesem Falle hat der Kunde die Möglichkeit, binnen einem Monat nach Zugang der Überprüfungsentscheidung weitere Überprüfungen zu verlangen, ansonsten die bestrittene Entgeltforderung als anerkannt gilt. A1 wird einen Verbraucher in ihrer Entscheidung auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen.  

Lehnt A1 die Einwendungen endgültig ab oder trifft sie, sofern der Kunde Unternehmer ist, innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Einwendungen bei der für die Verrechnung zuständigen Stelle keine Entscheidung, so kann der Kunde binnen einem Monat nach Zugang der endgültigen Entscheidung oder, sofern er Unternehmer ist, nach erfolglosem Ablauf der Entscheidungsfrist, eine Streitschlichtung gemäß §§ 121 und 122 TKG 2003 in Anspruch nehmen oder den Rechtsweg beschreiten, anderenfalls bestrittenen Entgeltforderungen als anerkannt gelten. A1 wird einen Verbraucher in ihrer Entscheidung auf die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zur Verfügung stehende Frist hinweisen. 

Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist der Kunde berechtigt, Streit- und Beschwerdefälle nach § 122 TKG 2003 der Regulierungsbehörde vorzulegen. Das Verfahren vor der Regulierungsbehörde erfolgt gemäß der jeweils gültigen Richtlinie, die von der Regulierungsbehörde veröffentlicht wird. 

Nach dem HG Wien erwecken die Klausel(n) den Eindruck, dass es bei Versäumung der darin vorgesehen Fristen keine Möglichkeit mehr gebe, gegen die Rechnungen vorzugehen. Nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung komme einem Saldoanerkenntnis, dass aufgrund Unterlassens einer geforderten fristgebundenen Reklamation gegen Rechnungsabschlüsse entstehe, im Regelfall nur deklarative Wirkung zu. Ein konstitutives Anerkenntnis sei nur anzunehmen, wenn im konkreten Fall in der Tat ein ernstlicher Streit (oder Zweifel) beigelegt werden sollte (zuletzt 9 Ob 39/11t). In Wahrheit stehe daher auch bei Versäumung von festgelegten Fristen weiterhin der Rechtsweg offen. Auch wenn die Beklagte in den Klauseln auf die Möglichkeit des ordentlichen Rechtsweges hinweise, sei der Gesamteindruck der Klausel, dass er bei Versäumung der Fristen weder bei einer Streitschlichtungseinrichtung, noch vor Gericht oder vor der Regulierungsbehörde "eine Chance haben werde", die Forderung zu bestreiten. Der typische Verbraucher werde daher über die wahre Rechtslage in die Irre geführt, was einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG begründe.  Unter abermaligem Verweis auf 7 Ob 84/12x, wo eine ähnliche Klausel zu beurteilen war schloss sie das OLG Wien der Rechtsauffassung des Erstgerichts an. Dem durchschnittlichen Verbraucher gegenüber werde der unrichtige Eindruck erweckt, dass er keine Rechte mehr geltend machen könne, wenn er nicht fristgerecht Einwendungen erhebe. Damit sei er der Gefahr der Verjährung ausgesetzt.

9.)  Hat der Kunde keine geeigneten, üblichen Sicherungsmaßnahmen getroffen, ist die Haftung für Datenverluste und Datenschäden ausgeschlossen.  

10.) Der Ersatz von Schäden ausgenommen Personenschäden ist für jedes schadenverursachende Ereignis gegenüber dem einzelnen Geschädigten für Unternehmer mit EUR 7.000,--, gegenüber der Gesamtheit der Geschädigten mit EUR 700.000,-- beschränkt. Wenn der Gesamtschaden höher ist, verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilig.

Gegenüber Verbrauchern sei die Klausel 10 intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Es werde in keiner Weise konkretisiert, was unter "geeigneten, üblichen Sicherungsmaßnahmen" zu verstehen sei. Hinsichtlich Klausel 11 liege gegenüber Verbrauchern ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG vor, weil die Haftung auch für Fälle grober Fahrlässigkeit und Vorsatz ausgeschlossen werde und sie zum anderen auch gegenüber der Gesamtheit der Geschädigten eine Begrenzung erfahre. Das führe im Fall eines die Gesamtsumme übersteigenden Gesamtschadens zu einer Verringerung der Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten. Dem Einwand der Beklagten, diese Klauseln würden nur gegenüber Unternehmern gelten, hielt das Gericht entgegen, dass es ein leichtes wäre, etwa die Überschrift "Haftungsausschluss: Alle folgenden Bestimmungen gelten nur gegenüber Unternehmern" voranzustellen.  Das OLG Wien schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an. 

11.) Die Mindestvertragsdauer beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Leistung betriebsfähig bereitgestellt wurde, frühestens jedoch mit Abschluss einer die Mindestvertragsdauer vorgesehenen Vereinbarung.

Das Erstgericht beurteilte die Klausel als nachteilig gemäß § 864a ABGB. Ohne die Klausel würde die Mindestvertragsdauer ab Datum Vertragsabschluss laufen, wodurch der Verbraucher länger gebunden sei als ohne die Klausel. Sie sei ungewöhnlich und überraschend, weil der typische Verbraucher berechtigterweise davon ausgehen würde, eine "Mindestvertragsdauer" laufe ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Es liege auch eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB vor, weil der Verbraucher durch die längere Bindung erst später die Möglichkeit habe, zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Schließlich sei Intransparenz gegeben, weil der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehen könne, an welchem Tag "die Leistung betriebsfähig hergestellt" werde. Damit gäbe es keine Möglichkeit der Kalkulation, bis wann er gebunden sei. Das OLG Wien schloss sich auch zu dieser Klausel der Rechtsansicht des Erstgerichts an. 

12.) Sollte eine der Bestimmungen der AGB von A1 unwirksam sein, so tritt anstelle dieser Bestimmung eine wirksame Bestimmung, die im Falle von Verbrauchern gesetzlich vorgesehen ist. 

Die Klausel sei intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Im Fall der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel trete dispositives Recht an seine Stelle. Dies werde durch die Verwendung der Wortfolge "eine wirksame Bestimmung" verschleiert, weil der typische Verbraucher annehme, dass anstelle der unwirksamen Klausel irgendeine andere Bestimmung treten wird, nicht aber die dispositive Gesetzeslage. Auch nach dem OLG Wien ist die Klausel für den normalen Verbraucher verwirrend. Es ist nicht klar, was unter der erwähnten "wirksamen Bestimmung"  zu verstehen ist.  Es wird nicht klar darauf hingewiesen, dass in diesem Fall die gesetzlichen Regelungen anzuwenden sind. 

Das OLG Wien hat der Beklagten eine Leistungsfrist von sechs Monaten hinsichtlich des Verwendens der Klauseln, aber auch hinsichtlich des "Sich-Berufens" auf bereits bestehende Verträge eingeräumt. 

 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (Stand 19.6.2013).

OLG Wien, 16.05.2013, 5 R 4/13i
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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