Die Klägerin - ein in Deutschland ansässiges Unternehmen - bietet seit ca. 20 Jahren Ausbildungslehrgänge für den Beruf eines Heilpraktikers an. Auch in Österreich wurde für solche Ausbildungslehrgänge durch Inserate geworben. Der Beklagte schloss im Jahr 1996 einen Ausbildungsvertrag ab, wofür Einschreibgebühr von S 90.390,-- sowie ein Betrag von S 18.000,-- für ein Videolernprogramm zu entrichten waren. Vor Vertragsabschluss wurden dem Beklagten Informationsunterlagen zugesandt, in welchen die Studienordnung der Klägerin abgedruckt war. Dort wurde darauf hingewiesen, dass der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht ausgeübt werden dürfe und die amtsärztliche Prüfung zum Heilpraktiker in Deutschland abzulegen sei.
Der Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen das Ausbildungsvorbehaltsgesetz nichtig sei. Sowohl Erstgericht als auch Berufungsgericht gaben der Klägerin Recht und verpflichteten den Beklagten zur Zahlung der Ausbildungskosten. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes verlangt das Ausbildungsvorbehaltsgesetz nicht die Nichtigkeit des entsprechenden Ausbildungsvertrages.
Die Revision des Beklagten war zulässig und berechtigt. Das Ausbildungsvorbehaltsgesetz besage, dass die Ausbildung im Zusammenhang mit ärztlichen Tätigkeiten und der Krankenpflege ausschließlich von dazu berechtigten Einrichtungen (wie etwa Kliniken) durchgeführt werden dürfe. Das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen sei verboten. Als Sanktion sehe das Gesetz Geldstrafen bis zu S 500.000,-- vor. Eine ausdrückliche Nichtigkeit sei nicht vorgesehen. Nach den erläuternden Bemerkungen bezwecke der Gesetzgeber mit dieser Norm, den Aktivitäten jener Institute, die in Österreich Heilpraktikerausbildungen intensiv bewerben und anbieten, entgegenzutreten.
Der OGH verwies auf seine neuere Rechtsprechung, wonach ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht nur bei ausdrücklicher Normierung nichtig sei sondern auch dann, wenn der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäftes notwendig verlange. Bei Verstößen gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, sei die Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Auf die Nichtigkeit könne sich der Vertragspartner auch dann berufen, wenn er diese bei Vertragsabschluss gekannt habe.
Mit dem Ausbildungsvorbehaltsgesetz wollte der Gesetzgeber - so der OGH - eine sehr oberflächliche Ausbildung in Teilbereichen der Heilberufe bereits in der Wurzel bekämpfen und daher eine derartige Ausbildung nur bestimmten Ausbildungsstätten vorbehalten. Die Durchsetzbarkeit eines Entgeltanspruches, der aus der verbotenen Ausbildungsvereinbarung resultiert, würde der Vereitelung dieses Normzweckes Vorschub leisten. Der vorliegende Vertrag war daher nichtig im Sinn des § 879 ABGB.
Im Zuge dieses Verfahrens wurde auch ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof angeregt. Dieser stellte klar, dass der Vorbehalt, den der österreichische Gesetzgeber im Zuge der Ausbildung zu medizinischen Tätigkeiten zu Gunsten der Kliniken macht, auch mit dem EU-Recht (Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr) vereinbar ist.
OGH 19.12.2002, 8 Ob 174/02z