Zum Inhalt

Urteil: SARS-Angst rechtfertigt Reise Rücktritt

In einem Musterprozess des VKI geht das Gericht von einer unzumutbaren Gefahrenlage aus und rechtfertigt den Rücktritt.

Am 6.2.2003 buchten die Verbraucher eine Pauschalreise nach Burma, China und Thailand von 18.3. - 10.4.2003

Am 11.2.2003 meldeten chinesische Behörden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch einer Lungenkrankheit unbekannter Ursache in Guangdong. Am 12.3.2003 schlug die WHO Alarm und am 15.3.2003 ging die WHO wegen SARS von einer weltweiten Gefahr aus. Besonders gewarnt wurde vor Reisen nach China und Thailand. Davon wurde in den Medien breit berichtet.

In einem Telefonat mit dem Außenministerium erklärte ein Journaldienst den besorgten Verbrauchern, dass eine offizielle Reisewarnung nicht zu erwarten sei, nach seiner persönlichen Meinung er aber nicht reisen würde.

Die Verbraucher traten schließlich am 17.3.2003 von der Reise zurück, bekamen aber vom Reisepreis in Höhe von 5.192.- Euro nur 15 % zurückbezahlt. Der Rest wurde als "Stornogebühr" einbehalten.

Der VKI ließ sich den Anspruch auf Rückzahlung - im Auftrag des BMSGK - abtreten und klagte.

Das BGHS Wien gab dem VKI Recht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wiewohl zum Zeitpunkt des Rücktrittes von der Reise keine offizielle Reisewarnung des Außenministeriums vorlag, geht das Gericht - im Lichte der damals vorliegenden seriösen Medienberichte, wonach eine epidemische Ausbreitung im Zielgebiet der Reise unmittelbar befürchtet wurde, von einer Gefahrenlage aus, die den Reisenden nicht zuzumuten sei. Diese hätten - aus Wegfall der Geschäftsgrundlage - zu Recht von der Reise Abstand genommen. Die Stornogebühr sei unberechtigt einbehalten worden.

Das Gericht führte aus, dass nach objektiven Gesichtspunkten ex post gesehen die Gefahr nicht so groß gewesen sei, wie zunächst angenommen. Bei der Beurteilung der Berechtigung eines Reiserücktrittes sei aber auf den Informationsstand zum Zeitpunkt des Rücktrittes abzustellen.

BGHS Wien 5.3.2004, 6 C 1444/03d
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Gerhard Deinhofer

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der Belvilla AG

Unzulässige Klauseln in AGB der Belvilla AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Belvilla AG (Belvilla), ein Schweizer Unternehmen im Bereich der Ferienunterkunftvermietung, wegen 25 Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Da Belvilla zu der für den 19.3.2024 anberaumten Verhandlung nicht erschienen ist, erging über Antrag des VKI ein (nicht rechtskräftiges) Versäumungsurteil.

Gesetzwidrige Klauseln eines Pauschalreiseveranstalters

Die Bundesarbeiterkammer klagte ein Reiseveranstaltungsunternehmen; dieses veranstaltet insbesondere Maturareisen in Form von Pauschalreisen. Im Verbandsverfahren wurden alle 11 eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Unzulässige Klauseln in Entschädigungsbedingungen der WESTbahn

Der VKI hat Westbahn wegen drei Klauseln in ihren Entschädigungsbedingungen abgemahnt, ua. eine Klausel, die einen Höchstbetrag von EUR 80 für das Hotel im Fall einer Übernachtung wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des letzten Anschlusses am selben Tag vorsieht. Die Westbahn hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

In der EU haben Fluggäste eine Vielzahl an Schutzrechten. Bei gestrichenen Flügen kommt es dennoch öfter zu Problemen. Rückzahlungen kommen mitunter nicht bei den Verbraucher:innen an. Bei einigen Fluglinien regeln eigene Klauseln, wie eine Rückerstattung erfolgen soll – so auch bei der Swiss International Air Lines AG (SWISS). Drei dieser Rückerstattungsklauseln wurden vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums beanstandet. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat die Ansicht des VKI jetzt bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang