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Urteil: Schutz Jugendlicher vor der "Kostenfalle" Klingeltöne

Das Kammergericht Berlin entschied in zweiter Instanz, dass Werbung für Klingeltöne in einer Jugendzeitschrift nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (dUWG) sittenwidrig ist, wenn sie nicht in einer für Minderjährige verständlichen und eindeutigen Weise die tatsächlich entstehende Kostenbelastung angibt.

Ein Anbieter von Handy- Klingeltönen, Logos etc. bewarb in der "BRAVO", der auflagenstärksten deutschen Jugendzeitschrift, sein Angebot. Die Werbung "Nur das Beste für Dein Handy" zielte insbesondere auf Kinder und Jugendliche ab. Die Dienste konnten unter einer als "Bestellhotline" bezeichneten Mehrwertnummer abgerufen werden. Auf die Kosten von 1,86 EUR pro Minute wurde nur in winzigen, kaum lesbaren Lettern und quer zum sonstigen Schriftbild hingewiesen.

Zudem wurde der Leser mit dem Satz "In 1 Minute auf dem gewünschten Handy" zum Kauf eines Klingeltones animiert. Tatsächlich beträgt die durchschnittliche Dauer eines Klingeltonabrufes aber ca. 3 Minuten - die Kosten summieren sich im Endeffekt auf mehr als 5 Euro!

Nach §§ 3, 4 Nr. 2 dUWG handelt im Wettbewerb unlauter, d.h. sittenwidrig, wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen. Kinder und Jugendliche sind nämlich typischerweise noch nicht in ausreichendem Maße in der Lage, Waren- bzw. Dienstleistungsangebote kritisch zu beurteilen. Zwar sei nicht jede Werbung, die sich an diese Zielgruppe richtet verboten, unlauter sei es aber zum Beispiel, wenn die Werbung keine klare, eindeutige und verständliche Aufklärung über die aus dem Kauf resultierenden Kosten enthält.

Das sei hier der Fall, urteilte das Gericht, wären doch die Kosten der Mehrwertabfrage von 1,86 EUR/min kaum lesbar und die tatsächliche Dauer des Abrufvorgangs und damit der Endpreis unbekannt. Darüber hinaus würde der minderjährige Verbraucher nicht nur unzureichend aufgeklärt, sondern sogar über die Kostenbelastung getäuscht, weil die Werbung fälschlicherweise den Eindruck vermittelt, der Ladevorgang würde lediglich 1 Minute - das heißt man geht von Kosten iHv  1,86 € aus- betragen.

Im Ergebnis gab das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren des klagenden Verbraucherschutzverbandes gegen die Werbemaßnahme statt.

KG Berlin 02.08.2005 - 5 U 95/04

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