Ein Verbraucher kaufte aufgrund eines Fernabsatzvertrags eine Armbanduhr über eine Onlineplattform. Die Verkäuferin veröffentlichte dort unter einem Pseudonym insgesamt acht Anzeigen über den Verkauf verschiedener - neuer wie gebrauchter - Waren, darunter die Uhr. Die Frage war nun, ob die Verkäuferin hier als Unternehmerin agierte, sodass auf dieses Geschäft die Schutzvorschriften für Verbrauchergeschäfte (zB umfassende Informationspflichten, Rücktrittsrecht) zur Anwendung kommen. Entscheidend ist, ob die Verkäuferin hier im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit oder im Namen oder Auftrag eines Gewerbetreibenden bzw Unternehmers gehandelt hat. Die Einstufung als "Unternehmer" erfordert eine "Vorgehensweise von Fall zu Fall". Folglich wird dies das vorlegende - bulgarische - Gericht auf der Grundlage aller ihm vorliegenden tatsächlichen Angaben prüfen müssen.
Der EuGH hat aber eine Reihe von Kriterien herausgearbeitet, die hierbei zu beachten sind: Dabei ist zu untersuchen,
- ob der Verkauf über die Online-Plattform planmäßig erfolgte,
- ob mit diesem Verkauf Erwerbszwecke verfolgt wurden,
- ob der Verkäufer über Informationen oder technische Fähigkeiten hinsichtlich der angebotenen Waren verfügt, über die der Verbraucher nicht notwendigerweise verfügt, so dass er sich gegenüber diesem Verbraucher in einer vorteilhafteren Position befindet,
- ob der Verkäufer eine Rechtsform hat, die ihm die Vornahme von Handelsgeschäften erlaubt,
- in welchem Ausmaß der Online-Verkauf mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Verkäufers zusammenhängt,
- ob der Verkäufer mehrwertsteuerpflichtig ist,
- ob der Verkäufer, der im Namen oder im Auftrag eines bestimmten Gewerbetreibenden oder durch eine andere Person auftritt, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, eine Vergütung oder Erfolgsbeteiligung erhalten hat,
- ob der Verkäufer neue oder gebrauchte Waren zum Zweck des Wiederverkaufs erwirbt und dieser Tätigkeit auf diese Weise eine gewisse Regelmäßigkeit, Häufigkeit und/oder Gleichzeitigkeit im Verhältnis zu seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit verleiht,
- ob die zum Verkauf gestellten Waren alle gleichartig sind oder denselben Wert haben, insb, ob sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert.
Diese Kriterien sind weder abschließend noch ausschließlich, so dass der Umstand, dass eines oder mehrere von ihnen erfüllt sind, für sich genommen grundsätzlich nicht ausreicht, um zu beurteilen, ob der Online-Verkäufer unter den Begriff "Unternehmer" fällt. Die bloße Tatsache, dass mit dem Verkauf ein Erwerbszweck verfolgt wurde oder dass eine Person gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen auf einer Online-Plattform veröffentlichte, reicht für sich genommen nicht aus, um diese Person als "Unternehmer" einzustufen.
EuGH 4.10.2018, C-105/17 (Kamenova)