Zum Inhalt

Urteil: Unzulässige Bearbeitungsgebühr bei Flugstornierung

Eine Konsumentin buchte bei einer Fluglinie 2 Flugtickets. Zwei Monate vor dem geplanten Flug stornierte sie eines der Tickets. Die Fluglinie erstattete EUR 11,17 zurück; sie zog vom Gesamtpreis iHv EUR 338,17, Folgendes ab: nicht refundierbarer Tarif EUR 224,--, nicht refundierbarer Kerosinzuschlag EUR 68,--, Bearbeitungsgebühr EUR 35,--.

In den Tarifinformationen fand sich folgender Hinweis:

"Rückerstattung: Nein, der von Ihnen ausgewählte Tarif ist nicht erstattungsfähig. Jene im Gesamtpreis enthaltenen Steuern und Gebühren, die durch Ihre Nichtinanspruchnahme des Fluges nicht anfallen, sind jedoch erstattungsfähig (ausgenommen der internationale/nationale Zuschlag YQ). In diesen Ländern heben wir eine Bearbeitungsgebühr für die Rückerstattung der Steuern und Gebühren ein."

Folgt man dem Link "diesen Ländern" gelangt man auf die Website der Fluglinie, auf der die für Österreich gültigen Bearbeitungsgebühren für die Erstattung mit EUR 35,-- ausgewiesen sind.

Die Vereinbarung eines pauschalierten Bearbeitungsentgelts zusätzlich zum (gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB) gekürzten Entgeltanspruch bei Stornierung eines Flugs durch den Kunden bedeutet eine gröbliche Benachteiligung. Der Fluggast (Werkbesteller) hat ein ihm nach dem Gesetz zustehendes Rücktrittsrecht ausgeübt und hat dafür ohnehin den nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB zu kürzenden Werklohn zu zahlen. Dennoch wird in vorformulierten Vertragsbestimmungen die Verrechnung von Kosten für "die Rückerstattung der Steuern und Gebühren" vorgesehen, ohne dass es darauf ankommt, ob überhaupt ein zusätzlicher Kostenaufwand entsteht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass organisatorisch für die Abwicklung von Flugstornierungen Vorsorge getroffen wird und der Personal- und Sachaufwand dafür ohnehin bereits in die Ticketpreise einkalkuliert ist.

Da bei dem gekürzten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB der Verdienst nicht gekürzt werden darf und diese Kosten ohnehin im Entgelt nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB enthalten sind, weil sich ein Werkunternehmer (hier Luftfahrtunternehmen) durch die Stornierung eines Fluges diese Aufwendungen nicht erspart, liegt durch eine mehrfache Abgeltung desselben Aufwandes eine gröbliche Benachteiligung vor.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

HG Wien 19.10.2018, 60 R 80/18x

Das Urteil im Volltext

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums MyTrip (OY SRG FINLAND AB) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 33 Klauseln, darunter unzulässige Gutscheinregelungen, Haftungsbeschränkungen, Bearbeitungs- und Servicegebühren beanstandet wurden. MyTrip ließ es nicht auf ein Urteil ankommen und erklärte sich zu einem gerichtlichen Unterlassungsvergleich bereit. Der Vergleich ist rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang