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Urteil: Unzulässige Klauseln von "FlixBus"

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die FlixMobility GmbH ("FlixBus") wegen diverser Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte nun in zweiter Instanz das Urteil des Handelsgerichts (HG) Wien, in dem alle 30 eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt wurden.

Klausel 1: Die Buchungsbestätigung (vgl. Ziffer 3.1) berechtigt den Fahrgast zu einer Fahrt zwischen dem auf dem Ticket angegebenen Start- und Zielort. Ein späterer Zu- oder früherer Ausstieg ist aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen nicht gestattet.

Die Beklagte machte geltend, dass es in einzelnen Ländern rechtliche Hindernisse gibt, die einem Zu- und Ausstieg entgegenstehen. Der pauschale Verweis auf gesetzliche Verbote verschleiert aber die wahre Rechtslage und macht die Klausel intransparent. Ein generelles Verbot ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Klausel 2: (...) Durch Anklicken des Buttons "Buchen" / "Zur Zahlung" wird eine verbindliche Bestellung der im Warenkorb enthaltenen Waren abgegeben. (...) Die Bestätigung des Eingangs der Bestellung erfolgt unmittelbar nach dem Absenden durch die automatisierte E-Mail-Bestätigung. Der Beförderungsvertrag kommt erst zustande, wenn FlixMobility die Bestellung durch eine Annahmebestätigung angenommen hat. Diese Annahmebestätigung kann zusammen mit der automatisierten E-Mail-Bestätigung oder gesondert im Nachgang erfolgen.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2. Instanz nicht mehr in Abrede. Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 8 Abs 2 FAGG, § 6 Abs 3 KSchG und § 6 Abs 1 Z 1 KSchG erkannt.

Klausel 3: Änderungen der genehmigten und veröffentlichten Fahrzeiten, Termine, Fahrstrecken und Fahrpreise aus wichtigem Grund, insbesondere zur Umsetzung von Entscheidungen der Genehmigungsbehörden, bleiben vorbehalten.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, § 6 Abs 2 Z 4 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB erkannt.

Klausel 4: Fahrgäste, die vorsätzlich oder fahrlässig Verschmutzungen des Busses herbeiführen, haben an die FlixGesellschaften eine Reinigungsgebühr in Höhe von mindestens 100 EUR zu entrichten, wobei dem Fahrgast der Nachweis gestattet wird, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger ist als die genannte Pauschale. (...)

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB erkannt.

Klausel 5: Die Beförderer können den Beförderungsvertrag fristlos kündigen, wenn sich der Fahrgast trotz (mündlicher) Abmahnung so störend verhält, dass dem Beförderer und/oder den übrigen Fahrgästen die Fortsetzung der Fahrt nicht mehr zumutbar ist. Dies gilt auch, wenn der Fahrgast sich nicht an sachlich begründete Hinweise (etwa Sicherheitshinweise) hält. Den Beförderern steht in diesem Falle der Fahrpreis weiter zu. Eine Ausnahme stellt der krankheitsbedingte Ausfall eines Fahrgastes mit einer ansteckender Krankheit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VO-ABB dar. In diesem Fall steht dem Fahrgast die volle Erstattung des Fahrpreises zu.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 6 Abs 2 Z 1 KSchG, § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB erkannt.

Klausel 6: FlixBus behält sich das Recht vor, dem Fahrgast die Mitfahrt zu verweigern,- wenn er kein Dokument oder Ausweispapier mit seinem vollständigen Namen und seinem Foto vorweisen kann; - wenn er ein Dokument oder Ausweispapier vorlegt, dessen Informationen nicht mit den Informationen auf dem Ticket übereinstimmen. Im Fall von 10.4 ist FlixBus nicht verpflichtet, das Ticket ganz oder teilweise zu erstatten oder eine andere Form der Entschädigung zu leisten.

In Klausel 10.4. geht es um Sitzplatzreservierungen. Nach der Klausel sind nicht nur Ausweiskontrollen vor Fahrtantritt erfasst, sondern auch bei einem Ticketerwerb kurz vor Fahrtantritt. Unter die Klausel fallen also auch Fälle, in welchen die Beklagte den Sitzplatz an andere potentiellen Fahrgäste weitergeben darf. Die Klausel ist daher sachlich nicht gerechtfertigt.

Klausel 7: Sollte eine Änderung einer Sitzplatzreservierung vorgenommen und kein Sitzplatz in der gebuchten oder einer höherwertigen Kategorie zugewiesen werden können, kann der Reisende die Sitzplatzreservierungsgebühr zurückfordern.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB erkannt.

Klausel 8: Eine Anmeldung des Zusatzgepäcks ist im Voraus notwendig. Entweder (sofern für die jeweilige Fahrt möglich) über das Buchungssystem oder telefonisch über die folgenden Hotlines: (...) Anrufe aus Österreich (österreichisches Festnetz): +43 820 910 340 (...).

Aufgrund des weiten Verständnisses bei Auslegung von § 6b KSchG ist auch eine telefonische Anmeldung eines Zusatzgepäcks erfasst, wenn Fahrgäste nach Erwerb eines Tickets eine Erweiterung des bereits bestehenden Vertrags um die Beförderung von zusätzlichem Gepäck wünschen. Die Klausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 6b KSchG gesetzwidrig, weil die Beförderung von Zusatzgepäck mit einem bereits abgeschlossenen Vertrag, der insoweit geändert werden soll, in Zusammenhang steht.

Klausel 9:
Es ist eine Anmeldung des Sondergepäcks notwendig, entweder (sofern für die Fahrt möglich) über das Buchungssystem oder telefonisch, frühestens 48 Stunden vor Fahrtantritt, über die folgenden Hotlines: (...) Anrufe aus Österreich (österreichisches Festnetz): +43 820 910 340 (...)

Siehe Klausel 8.

Klausel 10: Werden Wertgegenstände dennoch im Reisegepäck befördert, besteht kein Anspruch auf Haftung. Hiervon sind Fälle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgenommen.

Die Intransparenz unbestimmten Wertsachenbegriffs macht die Klausel bereits deshalb zur Gänze unzulässig, weil eine geltungserhaltende Reduktion auf einen zulässigen Teil nicht in Betracht kommt, zumal ein eigenständiger Restinhalt nicht vorliegt.

Klausel 11: Bei leichter Fahrlässigkeit wird - außer im Fall der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit - nur gehaftet, sofern wesentliche Vertragspflichten verletzt werden. Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit besteht unbeschränkt.

Der OGH hat die Intransparenz der Wendung "wesentliche Pflichten aus diesem Vertrag verletzt" iSd § 6 Abs 3 KSchG zuletzt in 1 Ob 124/18v (K 3), aber auch schon in 4 Ob 59/09v (K 18) bejaht. Einem Verwender sei es zuzumuten, seiner Auffassung nach wesentliche Pflichten durch Hinweis auf einzelne Vorschriften in seinen AGB zu konkretisieren. Das Erstgericht ist daher zu Recht von der Unzulässigkeit dieser Klausel ausgegangen.

Klausel 12: Die Haftung für mittelbare Schäden wird im Falle einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Das gilt nicht bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit.

Dass der bloß mittelbar Geschädigte nicht anspruchsberechtigt ist, entspricht st Rsp (RIS-Justiz RS0021473). Des Weiteren spricht man bei einem Schaden, der außerhalb des Schutzzwecks der übertretenen Norm liegt, von einem (ebenfalls nicht zu ersetzenden) mittelbaren Schaden. Es drängt sich daher in diesem Zusammenhang die Frage auf, warum für mittelbare Schäden eine Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit eigens ausgeschlossen wird. Ausgehend davon liegt es nahe, dass die Beklagte bei dieser Klausel von einem davon abweichenden Verständnis dieser Rechtsbegriffe ausgeht, der für einen Durchschnittsverbraucher ungeklärt bleiben muss. Die Klausel ist daher intransparent.

Klausel 13: Die Höhe der Entschädigung bei Tod oder Körperverletzung wird auf 220.000 EUR je Fahrgast begrenzt, wobei die Höhe der Entschädigung im Anwendungsbereich des StVG ausdrücklich unberührt bleibt.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 10 EKHG erkannt.

Klausel 14:
Die Haftung und die Höhe der Entschädigung für Gepäckschäden wird wie folgt begrenzt bzw. ausgeschlossen: Für Beschädigung von Gepäckstücken, die im Zusammenhang mit einem aus der Nutzung des Kraftomnibusses resultierenden Unfall steht, oder Verlust von Gepäckstücken, der im Zusammenhang mit einem aus der Nutzung des Kraftomnibusses resultierenden Unfall steht, wird die Höhe der Entschädigung pro Schadensfall je Fahrgast und je Gepäckstück auf 1.200 EUR begrenzt.

Die Beklagte räumte in ihrer Berufung ein, die betragsmäßige Haftungsbeschränkung auf Fälle der leichten Fahrlässigkeit begrenzen zu wollen. Damit gesteht sich die Unzulässigkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG zu. Eine geltungserhaltende Reduktion ist mangels Eigenständigkeit einzelner Klauselteile nicht möglich. Die Klausel ist daher insgesamt unzulässig.

Klausel 15:
Für Verlust von Gepäckstücken, der nicht im Zusammenhang mit einem aus der Nutzung des Kraftomnibusses resultierenden Unfall steht, sowie für Vertausch oder Diebstahl der Gepäckstücke wird die Haftung, außer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, ausgeschlossen.

Eine Klausel, nach welcher der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit - Personenschäden ausgenommen - umfassend sein soll und nicht zuletzt auch eine Freizeichnung bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten für die von der Beklagten oder ihren Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden erfasst, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Jedenfalls bei Zusatz- oder Sondergepäck, für deren Beförderung ein zusätzliches Entgelt zu bezahlen ist, ist die Beförderungsleistung als Hauptpflicht der Beklagten anzusehen, weshalb eine Haftungsbegrenzung nur unter sehr strengen Auflagen zulässig ist. Die Klausel ist daher unzulässig.

Klausel 16: Für Schäden oder Schadenausweitungen, die durch vom Fahrgast zu vertretende unsachgemäße Verpackung der Gepäckstücke entstehen, wird die Haftung, außer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, ausgeschlossen.

Die Beklagte anerkannte die Unzulässigkeit der Klausel wegen der Intransparenz des Begriffes "Schadensausweitung". Damit räumt sie deren gesamte Unzulässigkeit ein, weil mangels ihrer Teilbarkeit eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht kommt.

Klausel 17: Die Höhe der Entschädigung bei allen übrigen Sachschäden, die keine unfallbedingten Gepäckschäden und keine Beschädigungen an Rollstühlen und anderen Mobilitätshilfen oder Hilfsgeräten sind, wird nach § 23 Personenbeförderungsgesetz (PBfG) auf 1.000 EUR beschränkt, es sei denn, der Sachschaden beruht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

Nach Meinung des Klägers sei die Klausel intransparent, weil sie die wahre Rechtslage nicht richtig wiedergebe. Nach Art 5 Abs 2 VO (EG) Nr 593/2008 (Rom I-VO) sei auf Beförderungsverträge mangels gültiger Rechtswahl das Recht des Aufenthaltsortes der zu befördernden Person anzuwenden. Für in Österreich aufhältige Fahrgäste sei daher das in der Klausel genannte Personenbeförderungsgesetz, das nicht Teil der österreichischen Rechtsordnung sei, gar nicht anzuwenden. Die Beklagte anerkannte die Unzulässigkeit der Klausel wegen dieser Intransparenz.

Klausel 18: Die genannten Haftungsbeschränkungen und Haftungsausschlüsse gelten nicht bei einer gesetzlich zwingend vorgeschriebenen verschuldensunabhängigen Haftung oder wenn eine verschuldensunabhängige Garantie im Einzelfall übernommen wurde.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG erkannt.

Klausel 19: In Ergänzung zu diesen "Besonderen Beförderungsbedingungen" gilt die Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Omnibus-Verkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.02.1970 (Bundesgesetzblatt I., Seite 230) in der jeweils gültigen Fassung.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG erkannt.

Klausel 20: Gerichtsstand für Vollkaufleute, juristische Personen und natürliche Personen, die keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland haben, sowie für natürliche Personen, die nach Abschluss eines Beförderungsvertrages ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlegt haben, deren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist, ist München.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 14 Abs 1 und 3 KSchG erkannt.

Klausel 21: Ergänzende Beförderungsbedingungen Polen (...): Für Polen finden die unter 17 aufgeführten Regelungen keine Anwendung, sondern die folgenden Haftungsbestimmungen (17.8.1 bis 17.8.9), entsprechend dem polnischen Zivilrecht und dem polnischen Personenbeförderungsgesetz: (...) Beschwerden, die sich aus dem mit dem Beförderer abgeschlossenen Beförderungsvertrag ergeben, sind per Formular auf den Web-Portalen von FlixMobility schriftlich an FlixBus zu richten oder schriftlich per Einschreiben an folgende Adresse zu senden: FlixBus Polska sp. z o.o. Fabryczna 5A, 00-466 Warszawa, Polen. Beschwerden können innerhalb eines Jahres ab dem Tag des Auftretens der Umstände, die Gegenstand der Beschwerde sind, gerichtet werden. (...) Wenn die Beschwerde die oben genannten Voraussetzungen nicht enthält, sind diese Informationen nachzureichen. Der Beförderer ruft in diesem Fall den Beschwerdeführer zum Nachreichen dieser Angaben innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Antrags auf. Eine fehlende Reaktion des Beschwerdeführers auf die Aufforderung innerhalb dieser Frist führt dazu, dass die Beschwerde nicht weiterbearbeitet wird. (...)

Die Beklagte räumte die Gesetzwidrigkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ein.

Klausel 22:
Ein Recht zur Aufrechnung steht dem Kunden nur zu, wenn seine Gegenansprüche rechtskräftig festgestellt oder von uns unbestritten oder anerkannt sind. Außerdem hat er ein Zurückbehaltungsrecht nur, wenn und soweit sein Gegenanspruch auf dem gleichen Vertragsverhältnis beruht.
Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 8 KSchG erkannt.

Klausel 23:
Der im Onlineshop angegebene Gesamtpreis für das Ticket enthält die gegebenenfalls durch das von Ihnen gewählte Bezahlverfahren von dritten Anbietern erhobenen und von Ihnen zu tragenden Bezahlgebühren sowie die gesetzliche Umsatzsteuer. Für Kunden, die eine gebührenpflichtige Bezahlmethode wählen, kommt eine Gebühr von 2,1% zzgl. MwSt. des gesamten Warenkorbwertes zum Tragen. In jedem Land steht mindestens ein kostenfreies und gängiges Bezahlverfahren zur Verfügung.

Die Beklagte stellte die Unzulässigkeit dieser Klausel in 2.Instanz nicht mehr in Abrede.

Das erstinstanzliche Gericht hatte einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 56 Abs 3 ZaDiG 2018 erkannt.

Klausel 24: Im Falle eines Betrugs, dem Versuch einer Täuschung oder bei Verdacht auf andere illegale Aktivitäten im Zusammenhang mit einem Geschenkgutscheinkauf oder einer Gutscheineinlösung oder einer Gutscheinübertragung ist die FlixMobility berechtigt, die entsprechenden Kundenkonten zu schließen und/oder eine alternative Zahlungsweise zu verlangen und/oder die Gutscheine zu sperren. Es besteht kein Anspruch auf Freischaltung oder Auszahlung von betroffenen Gutscheinen.

Mangels näherer Differenzierung kann auch bei Vorliegen eindeutig aus der Sphäre der Beklagten herrührenden Verdachtsgründen zu einer Sperre der Gutscheine kommen. Aus dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG kann sich - wie eingangs erwähnt - konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe. Die Klausel ist daher intransparent und gröblich benachteiligend und insgesamt unzulässig.

Klausel 25: Im Falle eines Betrugs, dem Versuch einer Täuschung oder bei Verdacht auf andere illegale Aktivitäten im Zusammenhang mit einem Geschenkgutscheinkauf oder einer Gutscheineinlösung oder einer Gutscheinübertragung ist die FlixMobility berechtigt, Fahrausweise, die mittels Einlösung eines solchen Gutscheins ganz oder teilweise bezahlt wurden, zu stornieren.

S Klausel 24

Klausel 26: Die von FlixMobility GmbH im Rahmen von Marketingaktivitäten durchgeführten Preisaktionen und der Kauf ermäßigter Tickets sind auf 3 Tickets pro Person beschränkt. Erwirbt eine Person mehr als 3 Tickets im Rahmen derselben Preisaktion, kann FlixMobility GmbH alle Buchungen, die über die ersten 3 Tickets hinausgehen, stornieren. Auf diese Regelung kann bei speziellen Angeboten verzichtet werden.

Die Klausel ist sachlich nicht gerechtfertigt. Entgegen dem Transparenzgebot bleibt völlig offen, unter welchen Umständen die Beklagte von ihrem Stornierungsrecht tatsächlich Gebrauch machen wolle. Die Klausel ist daher sowohl intransparent und gröblich benachteiligend. Zudem verstößt sie gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG.

Klausel 27: Im Falle von Betrug, versuchter Täuschung oder des Verdachts auf sonstige illegale Aktivitäten in Verbindung mit dem Kauf, der Rücknahme oder der Übertragung von Tickets behält sich FlixMobility GmbH das Recht vor, das zugehörige Kundenkonto zu schließen und/oder eine alternative Zahlungsmethode zu verlangen und/oder die Tickets ungültig zu machen. Die FlixMobility GmbH erkennt keine Ansprüche zur Anerkennung oder Rücknahme des betroffenen Tickets an.

S Klausel 24.

Klausel 28: Im Falle von Betrug, versuchter Täuschung oder des Verdachts auf sonstige illegale Aktivitäten in Verbindung mit dem Kauf, der Rücknahme oder der Übertragung von Tickets behält sich FlixMobility GmbH das Recht vor, Tickets zu stornieren, die ganz oder teilweise auf dem Weg der Ticketrückgabe erworben wurden.

S Klausel 24.

Klausel 29: Im Falle einer Stornierung mit Neubuchung wird ein sogenannter Storno-Gutschein ausgestellt. Dieser Storno-Gutschein ist 12 Monate gültig und berechtigt den Fahrgast, innerhalb dieser Zeit in Höhe des Gutscheinwertes eine neue Buchung vorzunehmen. Liegt der Preis der neuen Buchung über dem Gutscheinwert, so ist der Differenzpreis zu entrichten. Liegt er darunter, so bleibt der Restbetrag des Storno-Gutscheins erhalten und kann bei einer anderen Buchung verwandt bzw. aufgebraucht werden. (...) Je Stornierungsvorgang durch Neubuchung wird eine Stornierungsgebühr je stornierter Fahrt und je Fahrgast erhoben. Der Storno-Gutschein wird in Höhe des Ticketpreises abzüglich der Kosten für den Stornierungsvorgang ausgestellt. (...).

Die Klausel ist wegen der kurzen Einlösungsfrist unzulässig (§ 879 Abs 3 ABGB). Auf die vom Erstgericht zutreffend bejahte Intransparenz im Zusammenhang mit der Unklarheit, ob neben einer Stornogebühr auch darüberhinausgehende "Kosten des Stornierungsvorgangs" verrechnet werden können, geht die Berufung gar nicht ein.

Klausel 30:
Wird ein Ticket, für welches die FlixGesellschaften Beförderer sind, nicht zur Fahrt benutzt, so wird das Beförderungsentgelt auf Antrag gegen Vorlage des Tickets abzüglich eines Bearbeitungsentgelts in Höhe von 15 EUR je Fahrt und Fahrgast erstattet, sofern nicht vom Fahrgast nachgewiesen werden kann, dass ein Schaden nicht oder in einer niedrigeren Höhe angefallen ist. (...) Der Antrag ist formlos möglich. Er ist ggü. der FlixMobility oder der FlixBus DACH (...) zu stellen. Das Bearbeitungsentgelt wird auf einen Betrag von 2 EUR je Fahrt und Fahrgast zuzüglich einer etwaigen Überweisungsgebühr reduziert, sofern der Beförderer die FlixMobility GmbH oder die FlixBus DACH GmbH ist und wenn der Antrag unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Ablauf der Gültigkeit des Tickets gestellt wird.

Bei billigeren Fahrkarten kann es nicht nur zu keiner Rückerstattung des Fahrpreises, sondern sogar zur Auferlegung darüber hinausgehender Beträge kommen (gröbliche Benachteiligung). Weiters liegt ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG vor.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 20.02.2020, 4 R 151/19h
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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