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Urteil: Verfall von Guthaben bei Wertkarten-Handys rechtswidrig

Der OGH geht bei einer Verbandsklage des VKI - im Auftrag des BMSG - davon aus, dass eine Klausel, wonach ein geladenes Guthaben für ein Wertkartenmobiltelefon nach einer bestimmten Zeit verfällt, falls nicht erneut ein Guthaben geladen wird, gemäß § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend und rechtswidrig ist.

Die Guthaben der Wertkartenmobiltelefone von tele.ring werden mit Wertkarten zu € 20,-- oder € 35,-- aufgeladen. Das Guthaben kann ab Kauf vom Kunden aktiviert werden, danach hat der Kunde ein Jahr Zeit, das aufgeladene Guthaben zu verbrauchen. Hat der Inhaber des Telefons innerhalb dieses Jahres nicht neuerlich aufgeladen, ist er für die nächsten drei Monate immer noch passiv erreichbar und hat auch noch die Möglichkeit, das Telefon wiederum aufzuladen. Erfolgt keine Aufladung in diesen drei Monaten, verfällt das Guthaben zusammen mit der Rufnummer.

Der VKI hat im Verfall des Guthabens eine gröbliche Benachteiligung des Mobilfunk-Kunden im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gesehen. Diese wurde vom Erstgericht noch verneint. Bereits das OLG Wien folgte jedoch dieser Argumentation und so auch der OGH.

Zuerst stellte der OGH klar, dass nicht nur Modalitäten der Preisberechnung, sondern auch Verfallsklauseln nicht unter die Ausnahme der Inhaltskontrolle iSd § 879 Abs 3 ABGB - wonach nur eine "nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen" betreffende Klausel der Inhaltskontrolle unterliegt - fallen.

Die gröbliche Benachteiligung liege insbesondere darin, dass auch bei Nichtausnützung des gesamten Wertkartenguthabens - abstrakt und im Durchschnitt betrachtet - die selben Leistungen (etwa Bereithalten der Telefonnummer, der Mobilbox, etc) in gleicher Weise wie für jene Kunden, die durch Aktivtelefonate ihr Guthaben verbraucht haben, erbracht werden. Die genannten Leistungen werden im Normalfall typischerweise durch eine Grundgebühr abgedeckt. Wenn diese Leistungen beim Wertkartenhandy aber durch die Gebühren für Aktivtelefonate abgedeckt werden, dann zahlen jene, die viel telefonieren (und ihr Guthaben aufbrauchen) für diese Leistungen weniger, als jene, die wenig telefonieren (und deren Guthaben idF verfällt). Das sei gröblich benachteiligend.

Somit hatte der OGH die Nichtigkeit gem § 6 Abs 3 KSchG und § 864a ABGB nicht mehr zu beurteilen, wobei das OLG Wien auch diese Rechtgrundlagen bejaht hatte.

Konkret folgt aus der Nichtigkeit der Klausel, dass der konkrete Verfall von Guthaben rechtswidrig war und daher zurück gefordert werden kann.

Da sämtliche Mobilfunkbetreiber ähnliche Verfallsklauseln verwenden, wirkt sich das Urteil nicht nur für tele.ring aus. Der VKI hat alle weiteren Mobilfunkbetreiber (mobilkom, t-mobile, Hutchinson, Tele 2 und One) ebenfalls abgemahnt. Diese haben sich jedoch geweigert strafbewehrte Unterlassungserklärungen zu unterzeichnen und setzten auf Verzögerung - man werde das Problem zu lösen versuchen. One verwies etwa auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft und wollte erst danach über Lösungen reden. Mobilkom hat zwar seine Klausel für B-Free-Handys sofort geändert; das aber zum Schlechteren: Guthaben sollen nun auch bei Wechsel des Betreibers verfallen und wenn man 13 Monate nicht neuerlich auflädt, soll das Guthaben ebenfalls verfallen, es sei denn der Kunde würde binnen 6 Monaten das Guthaben ausdrücklich anfordern. Der VKI hat daher gegen diese Betreiber weitere Verbandsklagen eingebracht.

OGH 18.8.2004, 4 Ob 112/04f

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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer und Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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