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Urteil: Verletzung durch Hund: Wer haftet?

Der OGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine Frau Verletzungen erlitt, da sie durch einen angebundenen Hund erschrak und stolperte.

Die Beklagte suchte in Begleitung ihres Hundes einen Supermarkt auf. Das Tier hatte davor noch nie ein auffälliges Verhalten gezeigt. Da es neben der Eingangstüre des Supermarkts keinen Ring gab, an dem man eine Hundeleine befestigen hätte können, band die Beklagte den Hund an einem der mehreren Poller vor dem Supermarkt an, mit einer ca 1 Meter langen Leine. Die Klägerin verließ den Supermarkt und ging in Richtung ihres davor geparkten Autos. Sie nahm den Hund der Beklagten nicht wahr. Als sie sich unmittelbar vor dem Hund befand, bellte er und sprang an ihrem Bein hoch, ohne sie dabei umzustoßen. Die Klägerin erschrak, ging einen Schritt zurück, stolperte und kam zu Sturz.
Sie klagte auf EUR 18.800,-- und auf Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftige Schäden aus dem Vorfall. Die Klage wurde abgewiesen.

Gemäß § 1320 Satz 2 ABGB ist derjenige, der ein Tier hält, für den durch das Tier verursachten Schaden verantwortlich, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat. Der Tierhalter hat zu beweisen, dass er sich nicht sorgfaltswidrig verhalten hat. Misslingt ihm dieser Beweis, haftet er für sein objektiv sorgfaltswidriges, wenn auch schuldloses Verhalten. Die Vorkehrungen des Tierhalters müssen ihm zumutbar sein. Die Anforderungen an die Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflichten dürfen nicht überspannt werden.

Nach § 5 Abs 1 des Wiener Tierhaltegesetzes müssen Hunde an öffentlichen Orten wie Straßen und Plätzen entweder mit einem geschlossenen Maulkorb versehen sein oder so an der Leine geführt werden, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist.

Berücksichtigt man, dass sich die Klägerin selbst in die Gefahrenlage brachte, weil sie den vor ihrem Fahrzeug an den Poller angeleinten Hund übersah und bis auf einen Meter (die festgestellte Leinenlänge) an ihn herantrat, ohne ihn zu bemerken, sodass dieser hochsprang und bellte, ist es jedenfalls nicht unvertretbar, davon auszugehen, der Beklagten sei der Beweis gelungen, dass sie für die von den gegebenen Umständen erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung des Hundes ausreichend Sorge getragen hat. Eine besondere Gefährlichkeit des Hundes war bis zum Vorfall nicht erkennbar. Damit, dass sich jemand dem Hund bis auf einen Meter annähert, weil er ihn übersieht, und dann vor dem Hund - obwohl er angeleint war und einen Beißkorb trug - wegen dessen Bellens und Hochspringens so erschrickt, dass er zu Sturz kommt, musste die Beklagte nicht rechnen. Dass der Hund auf Grund besonderer (örtlicher oder anderer) Umstände für die Klägerin nicht früher bemerkbar gewesen wäre oder sie daran gehindert gewesen wäre, ihm rechtzeitig auszuweichen, steht nicht fest.

OGH 21.1.2020, 10 Ob 88/19t

Das Urteil im Volltext.

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