Zum Inhalt

Urteil: Verspäteter Anschlussflug außerhalb der EU

Ein Fluggast, der bei einem aus zwei Teilflügen bestehenden Flug mit Umsteigen mit Abflug von einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, Zwischenlandung auf dem Flughafen eines Drittlands und Zielflughafen in einem anderen Drittland, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, seinen Zielort mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr erreicht, die auf den zweiten Teilflug zurückgeht, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von einem Luftfahrtunternehmen mit Sitz in einem Drittland durchgeführt wurde, kann seine Klage auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-VO gegen das Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft richten, das den ersten Flug durchgeführt hat.

Mehrere Fluggäste buchten bei der tschechischen Fluglinie České aerolinie einen Flug von Prag über Abu Dhabi nach Bangkok. Der erste Teilflug dieses Fluges, der von České aerolinie durchgeführt wurde und von Prag nach Abu Dhabi ging, kam pünktlich an seinem Zielort an. Der zweite Teilflug, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von Etihad Airways, bei der es sich um kein "Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft" iSv Art 2 lit c der Flugastrechte-VO 261/2004 handelt, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, war bei der Ankunft um 488 Minuten verspätet. Die Fluggäste begehrten eine Ausgleichszahlung nach Art 7 Abs 1 lit c der VO.

Ein Flug mit ein- oder mehrmaligem Umsteigen, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, stellt für die Zwecke des in der VO vorgesehenen Ausgleichsanspruchs eine Gesamtheit dar. Gem Art 3 Abs 1 lit a der VO 261/2004 gilt diese ua für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats einen Flug antreten. Ein Flug mit Umsteigen von Prag über Abu Dhabi nach Bangkok fällt somit in den Anwendungsbereich der VO.

Der Zahlungspflichtigen für den Ausgleichsanspruch wegen Verspätung  ist das "ausführende Luftfahrtunternehmen". Ein "ausführendes Luftfahrtunternehmen" ist gem iSv Art 2 lit b der VO "ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen - juristischen oder natürlichen - Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt". Diese Definition stellt demnach zwei kumulative Voraussetzungen auf, nämlich zum einen die Durchführung des betreffenden Fluges und zum anderen das Bestehen eines mit einem Fluggast abgeschlossenen Vertrags. České aerolinie hat einen Flug im Rahmen eines mit den Fluggästen geschlossenen Beförderungsvertrags durchgeführt. Folglich ist sie als "ausführendes Luftfahrtunternehmen" einzustufen und schuldet den Ausgleich.

Da die vorliegenden Flüge als Einheit anzusehen sind, kann sich ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug durchgeführt hat, im Rahmen solcher Flüge nicht auf die mangelhafte Durchführung eines späteren, von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführten Teilflugs zurückziehen. Art 3 Abs 5 Satz 2 der VO bestimmt, dass, wenn ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser VO erfüllt, davon ausgegangen wird, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.

Gem Art 13 der VO lässt die Erfüllung der Verpflichtungen aus dieser Verordnung durch das ausführende Luftfahrtunternehmen dessen Recht unbeschadet, nach geltendem Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrtunternehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, auch Dritten, Regress zu nehmen, dh kann im Rahmen dieser Codesharing-Vereinbarung die Ausgleich zahlende České aerolinie von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, das für die Verspätung verantwortlich ist, Ersatz für die finanzielle Belastung erhalten.

EuGH 11.7.2019, C-502/18 (CS/ České aerolinie a.s.)

Das Urteil im Volltext.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der Belvilla AG

Unzulässige Klauseln in AGB der Belvilla AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Belvilla AG (Belvilla), ein Schweizer Unternehmen im Bereich der Ferienunterkunftvermietung, wegen 25 Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Da Belvilla zu der für den 19.3.2024 anberaumten Verhandlung nicht erschienen ist, erging über Antrag des VKI ein (nicht rechtskräftiges) Versäumungsurteil.

Gesetzwidrige Klauseln eines Pauschalreiseveranstalters

Die Bundesarbeiterkammer klagte ein Reiseveranstaltungsunternehmen; dieses veranstaltet insbesondere Maturareisen in Form von Pauschalreisen. Im Verbandsverfahren wurden alle 11 eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Unzulässige Klauseln in Entschädigungsbedingungen der WESTbahn

Der VKI hat Westbahn wegen drei Klauseln in ihren Entschädigungsbedingungen abgemahnt, ua. eine Klausel, die einen Höchstbetrag von EUR 80 für das Hotel im Fall einer Übernachtung wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des letzten Anschlusses am selben Tag vorsieht. Die Westbahn hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

In der EU haben Fluggäste eine Vielzahl an Schutzrechten. Bei gestrichenen Flügen kommt es dennoch öfter zu Problemen. Rückzahlungen kommen mitunter nicht bei den Verbraucher:innen an. Bei einigen Fluglinien regeln eigene Klauseln, wie eine Rückerstattung erfolgen soll – so auch bei der Swiss International Air Lines AG (SWISS). Drei dieser Rückerstattungsklauseln wurden vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums beanstandet. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat die Ansicht des VKI jetzt bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang