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Urteil: VKI gewinnt gegen IVH wegen Verstoss gegen Fernabsatzgesetz

Das OLG Wien hat die Vorgangsweise von IVH (vormals EVD) bei Tonbandanrufen in den wesentlichen Punkten als unzulässig beurteilt und damit das Urteil des HG Wien in einer Verbandsklage des VKI (im Auftrag der Konsumentenstaatssekretärin) bestätigt.

Im Verfahren ging es im wesentlichen um folgenden Sachverhalt: IVH (vormals EVD) ruft unter Verwendung eines Tonbandgerätes Verbraucher an, welche dazu vorher keine Zustimmung erteilt haben. In diesen Anrufen erfolgt die Mitteilung, man habe einen Gewinn gemacht, ferner wird auf das Eintreffen eines Briefes verwiesen. EVD teilt dabei weder Firmenwortlaut noch Anschrift oder Sitz mit. Teilweise wird in den Telefonaten dazu aufgefordert, den Gewinn telefonisch anzufordern.

Das OLG Wien hielt fest, dass der Unternehmer im Fernabsatz nach § 5c Abs 1 Z 1 KSchG Name (Firma) und ladungsfähige Anschrift anzugeben hat. Durch die Vorschrift solle einerseits verhindert werden, dass sich der Unternehmer der Verfolgung von Rechtsverstößen durch eine Flucht in die Anonymität entzieht. Andererseits soll der Verbraucher auch die Möglichkeit von Rückfragen und sonstigen Erkundungen haben. Unter einer solchen ladungsfähigen Anschrift sei wohl jene zu verstehen, unter der die Organwalter geladen werden können.

Das OLG Wien hielt weiters fest, dass die Fernabsatz-Richtlinie den Vertragsabschluss als Kontinuum begreift. Damit ist nicht nur der Vertragsabschluss als solcher sondern auch die Phase der Vertragsanbahnung in die Beurteilung miteinzubeziehen. Eine andere Sicht ließe den Schutzzweck des Gesetzes außer Acht. Im übrigen sei es nach dem Dienstleistungsbegriff der Fernabsatzrichtlinie unerheblich, ob die Leistung des Unternehmers konkret gegen Entgelt erfolgt oder nicht.

Der österreichische Gesetzgeber habe sich bei der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie einer Beschränkung auf bestimmte Vertragstypen enthalten. Daher sei es möglich, auch die Aufforderung, einen Gewinn telefonisch anzufordern, für den Fall einer korrespondierenden Vertragserklärung des Verbrauchers einen Vertrag den Bestimmungen des Fernabsatzes zu unterstellen. Nach dem erkennbaren Schutzzweck der § 5a KSchG sei unter einer derartigen Vertragserklärung des Verbrauchers auch der Fall zu verstehen, dass der Verbraucher von einer konkret bestehenden rechtlichen Möglichkeit Gebrauch macht, den Vertragsabschluss durch Annahmehandlung im Sinn des § 864 ABGB zu bewirken.

Dass die Verwendung von Automaten als Geschäftspartner von Verbrauchern ohne deren vorherige Zustimmung unzulässig ist, hatte schon das HG Wien festgehalten.

Da IVH (vormals EVD) seinen gesetzlichen Informationspflichten nur unvollkommen nachgekommen war, besteht nach dem OLG Wien auch ein Interesse der Allgemeinheit unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und damit dem Umsichgreifen einer aus dem Verstoß fließenden unrichtigen Meinung vorzubauen. Daher wurde auch das Veröffentlichungsbegehren zugesprochen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

OLG Wien 19.3.2003, 2R 19/03h
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KV: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

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