Zum Inhalt

Urteil: VKI gewinnt Verbandsklage gegen Mobilkom

Die Mobilkom verwendete in ihrem Kundenbindungsprogramm "mobilpoints" gesetzwidrige Klauseln.

Konkret ging es um Datenweitergabe, Leistungsänderungen und intransparente AGB-Verweise. Der VKI war - im Auftrag des BMJ - mit der Verbandsklage erfolgreich. Der OGH sah eine Datenweitergabeklausel als intransparent und willkürliche Änderungen des Marketingprogramms als unzulässig an. Auch der Verweis auf AGB, deren Zusammenhang zum Produkt nicht ersichtlich ist, wurde als intransparent angesehen. Ein wichtiges Urteil zur Abwehr der Auswüchse ungezügelter Marketing-Aktivitäten.

Die Mobilkom hatte ihren Kunden ein sogenanntes "Loyalitätsprogramm" angeboten, wonach Teilnehmer durch die Inanspruchnahme von Leistungen "mobilpoints" sammeln konnten. Nach Erreichen einer bestimmten Punkteanzahl durften die Teilnehmer bei Aufzahlung Waren aus einem angebotenen Sortiment gegen "mobilpoints" eintauschen. Der VKI hat einige Klauseln in den Teilnahmebedingungen für rechtswidrig befunden und - im Auftrag des BMJ - die Mobilkom Austria AG abgemahnt. Da die Gegenseite nicht bereit war, eine Unterlassungserklärung abzugeben, haben wir die Verbandsklage eingebracht. Wir haben das Verfahren in allen drei Instanzen gewonnen. Folgende Klauseln wurden beanstandet:

Verstoß gegen das Transparenzgebot

1. Klausel: "Zu Werbezwecken erfolgt auch ein Datenaustausch mit Konzernunternehmen und eine Datenübermittlung auch an andere Dritte, sofern der Teilnehmer dem nicht bei Teilnahmebeginn oder zu einem späteren Zeitpunkt widerspricht ..."

Wir haben darin - unter Verweis auf die Entscheidung des OGH vom 27.1.1999, 7 Ob 170/98w - einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG gesehen, da für den Kunden nicht zuordenbar ist, welche Unternehmen derzeit und künftig dem Konzern der beklagten Partei angehören bzw. angehören werden. Weiters wurde die Rechtswidrigkeit der Klausel - mangels abschließender Bezeichnung des Kreises der Empfänger - auch mit § 18 Abs 1 DSG aF begründet.

Datenschutzgesetz hat sich geändert

Die Gegenseite brachte in der Revision vor, dass sich nach Fällung des Ersturteils (1.10.1999) und vor Fällung des Berufungsurteils (18.5.2000) die Gesetzeslage insofern geändert habe, als mit Inkrafttreten des DSG 2000 am 1.1.2000 das Schriftlichkeitserfordernis für die Zustimmung des Betroffenen zur Datenverwendung weggefallen sei und nun auch nicht mehr eine "ausdrückliche" Zustimmung (wie in § 18 Abs 1 DSG aF) gefordert werde.

Der OGH hatte daher zunächst auf die Änderung der Rechtslage Bedacht zu nehmen. Grundsätzlich sei nach den Übergangsbestimmungen zu beurteilen, ob eine Gesetzesänderung für ein laufendes Verfahren zu beachten sei. Wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich anderes verfüge, sei die Gesetzesänderung insoweit nicht anzuwenden, als der maßgebliche Sachverhalt vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung endgültig abgeschlossen ist.

Gesetzesänderung hatte keinen entscheidenden Einfluss

Im vorliegenden Fall handelte es sich aber um ein Dauerrechtsverhältnis, weshalb die in der strittigen Klausel enthaltene Zustimmungserklärung zur Datenübermittlung bereits nach den Bestimmungen des DSG 2000 zu beurteilen war. Die Gesetzesänderung hatte allerdings auf die Frage, ob die Klausel dem § 6 Abs 3 KSchG widerspricht, keinen entscheidenden Einfluss. Schon in der Entscheidung 4 Ob 28/01y (=ecolex 2001, 438 = ÖBA 2001, 645) hatte der OGH die Bestimmungen des DSG 2000 anzuwenden. Er kam zum Ergebnis, dass die dort beanstandete Klausel dem DSG widerspreche, weil die genaue Bezeichnung des Empfängers fehlte und somit für den Kunden unklar war, von wem und zu welchem Zweck auf die Daten zugegriffen werden kann.

Deutsche Rechtssprechung zum Vorbild

Der OGH beachtete bei der Auslegung des Transparenzgebotes die deutsche Auffassung, da sich auch die Richtlinie gegen missbräuchliche Vertragsklauseln bei der Festlegung des Transparenzgebotes an der deutschen Rechtsprechung orientiert hatte. Demnach soll das Transparenzgebot dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren, damit er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird und ihm nicht unberechtigt Pflichten abverlangt werden. Maßstab für die Transparenz sei das Verständnis typischer Durchschnittskunden.

Klausel wird unwirksam

Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze führte auch im vorliegenden Fall zur Unwirksamkeit der Klausel, da für den Kunden offen bleibt, auf welche konkreten Daten von welchen Dritten zugegriffen werden kann. Auch der in der Klausel enthaltene Hinweis auf das jederzeitige Widerspruchsrecht des Teilnehmers konnte an der Intransparenz der Bestimmung nichts ändern.

Unzulässige Leistungsänderung

2. Klausel: "Mobilkom behält sich das Recht vor, jederzeit Änderungen oder Ergänzungen der Teilnahmebedingungen oder sonstiger in den Programmunterlagen beschriebener Abläufe vorzunehmen, das gesamte Programm durch ein anderes zu ersetzen oder gänzlich einzustellen."

Diese Klausel wurde von uns als unzulässige Leistungsänderung im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG beanstandet. Die Gegenseite führte die Bestimmung des § 18 Abs 2 TKG ins Treffen, wonach Änderungen der Geschäftsbedingungen unter Einhaltung der dort festgelegten Vorgangsweise gestattet seien.

Loyalitätsprogramme nicht beliebig verändern

Der OGH verwies auf die Entscheidung 7 Ob 170/98w, in der unter anderem Klauseln zu beurteilen waren, die die Möglichkeit der Änderung der AGB und die Verbindlichkeit veränderter Konditionen des Kundenprogramms von Einkaufsmärkten vorsahen. Auch in dieser Entscheidung bezogen sich die Klauseln auf ein sogenanntes "Loyalitätsprogramm", das dem Kunden im Fall der Mitgliedschaft besondere Vorteile versprach. Schon in diesem Zusammenhang wurde ausgeführt, dass § 6 Abs 2 Z 3 KSchG weitgehende - den Interessen des Verbrauchers widersprechende - einseitige Leistungsänderungen verhindern soll. Der OGH ging nicht von einer fehlenden Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers aus. Vielmehr seien Loyalitätsprogramme, bei denen dem Kunden bestimmte Leistungen zusätzlich oder gratis zugesagt werden, in das vertragliche Austauschverhältnis rechtlich einzubeziehen. Dem Unternehmer stünde es nicht frei, solche Programme einseitig zu reduzieren oder einzustellen, da durch derartige Programme die Entscheidung des Konsumenten, gerade die Leistungen eines bestimmten Unternehmers in Anspruch zu nehmen, wesentlich beeinflusst werde.

Zu § 18 Abs 2 TKG führte der OGH aus, dass sich die darin vorgesehene Änderungsmöglichkeit nur auf jene Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehe, die Telekommunikationsdienstleistungen im engeren Sinn betreffen. Das "Mobilpoints"-Programm der Gegenseite verfolgte aber ausschließlich Werbezwecke, weshalb § 18 Abs 2 TKG nicht anwendbar war.

Klausel 3: Neben den gegenständlichen Bedingungen gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Mobilkom für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten und damit in Zusammenhang stehender Leistungen (AGB Mobil) einschließlich der Leistungsbeschreibungen und Entgeltbestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

Auch der Sinn einer Klausel muss verständlich sein

Der OGH teilte unsere Rechtsauffassung und sah darin wiederum einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Das Transparenzgebot verlange nicht bloß formale Verständlichkeit im Sinn von Lesbarkeit sondern auch Sinnverständlichkeit. So könne durchaus klaren und verständlichen Klauseln die Sinnverständlichkeit fehlen. Im vorliegenden Fall sind die AGB Mobil auf Verträge über Telekommunikationsdienste im engeren Sinn zugeschnitten. Für den Durchschnittskunden bleibt aber weitgehend unverständlich, welchen Bezug die einzelnen Bestimmungen auf die Teilnahme am Programm der "mobilpoints" haben sollten.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

VKI: Gesetzwidrige Klauseln bei Streaming-Anbieter DAZN

VKI: Gesetzwidrige Klauseln bei Streaming-Anbieter DAZN

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die DAZN Limited (DAZN), mit Sitz in London, wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt. DAZN ist ein führender Anbieter von Onlinediensten zur Übertragung von Sportveranstaltungen.

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Unzulässige Klausel zum Kundendatenabgleich bei Sky Österreich

Der VKI hatte die Sky geklagt, nachdem diese ihren Kund:innen angekündigt hatte, personenbezogene Daten mit der Österreichischen Post abgleichen zu wollen. Der OGH wertete die zugrundeliegende Vertragsbedingung und zwei weitere Datenschutzklauseln von Sky für unzulässig.

Klausel zur Abrechnung von Datenvolumen bei A1-Marke „Bob“ unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die A1 Telekom Austria AG (A1) wegen einer Klausel in den Entgeltbestimmungen des Tarifs minibob geklagt. Dort wurde festgelegt, dass die Abrechnung in ganzen Blöcken zu je einem Megabyte (MB) pro Session erfolgen sollte. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte nun die Rechtsansicht des VKI, dass eine solche Verrechnungsklausel unzulässig ist. Es blieb vollkommen unklar, wie eine Session definiert sein soll.

Urteil: Irreführende „5G-Ready“-Werbung von T-Mobile

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt und bekam nun vom Handelsgericht (HG) Wien Recht: Nach Auffassung des Gerichts erweckt die Werbung den unrichtigen Eindruck, Kunden könnten bei den mit „5G-Ready“ beworbenen Tarifen bereits den Kommunikationsstandard 5G nutzen. Tatsächlich handelte es sich bei „5G-Ready“ lediglich um eine Option, die es dem Kunden ermöglicht, zu einem späteren Zeitpunkt ohne Vertragsverlängerung und Zusatzkosten auf einen 5G-fähigen Tarif zu wechseln, sobald dieser verfügbar ist. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Urteil: A1-Kundenhotline: Keine Zusatzkosten für Anrufe bei vorhandenen Freiminuten

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - A1 wegen einer unzulässigen Geschäftspraktik und einer unzulässigen Klausel. Das OLG Wien bestätigte dem VKI im Verfahren gegen A1 (Marke "Georg"), dass in Tarifen inkludierte Freiminuten auch zur Helpline gelten müssen. Zudem muss es auch Internetkunden möglich sein, dass sie die bestehende Hotline zum Grundtarif erreichen können.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang