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Urteil: VKI-Klage: kitzVenture muss Werbung mit 9,75% stoppen

Der Durchschnittsverbraucher erhält durch die Werbung von kitzVenture den Eindruck einer cleveren Geldanlage mit 9,75 % Zinsen und einer optimalen Anlagemöglichkeit, was mit dem Risiko des Verlustes der Einlage tatsächlich nicht vereinbar ist.

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die kitzVenture GmbH. Die Klage ist zum einen gegen Klauseln in den Vertragsbedingungen gerichtet, zum anderen gegen die Werbung. In den Werbungen von kitzVenture wurde vor allem der Zinssatz iHv 9,75% p.a. hervorgehoben. Die Anlage sei "planbar", "überschaubar – nur 36 Monate Laufzeit" "bereits ab 250 Euro".

Der VKI stellte gemeinsam mit der Klage auch einen Antrag auf einstweilige Verfügung, wonach es kitzVenture ab sofort verboten werde, solche Werbungen zu schalten, weil sie nach Ansicht des klagenden VKI irreführend sind. Der Sinn einer einstweiligen Verfügung besteht darin, dass nicht bis zum Ende des Gerichtsverfahrens abgewartet werden muss, ob die Werbung gesetzwidrig ist, sondern dass der Werbende sofort damit aufzuhören hat.

Das Landesgericht Innsbruck gab dem Antrag des VKI auf einstweilige Verfügung statt. Die Werbung richtet sich eindeutig auch an Kleinstanleger, an "Sparbuch"-Sparer, da eine Anlagemöglichkeit bereits ab EUR 250,-- besteht. Die Werbung ist daher aus dem Blickwinkel des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers zu prüfen. Die Werbung stellt blickfangartig die Zinsen, Berechenbarkeit und Überschaubarkeit heraus. Laut Kapitalmarktprospekt kann es aber sein, dass die Zinsen und das Kapital gar nicht zurückgezahlt werden kann. Die Konsumenten erwarten nach der Werbung eine optimale Anlagemöglichkeit und eine langfristige Ertragssteigerung, sohin eine Unternehmensbeteiligung, welche aber nicht vorliegt, weil die Konsumenten weder am Gewinn, noch an den stillen Reserven oder dem Firmenwert teilhaben, sondern ihnen nur ein Anspruch auf Zinsen und Rückführung zusteht. Und dieser Anspruch ist nicht durchsetzbar, wenn die Zahlung eine Insolvenzgefahr des Unternehmens begründen könnte. Die Anlageform bei kitzVenture ist nämlich so konzipiert, dass die Anleger im Falle der Insolvenz von kitzVenture erst nach 100%-iger Befriedigung aller sonstiger Gläubiger zum Zug kommen, nicht nur was die Zinsenzahlungen betrifft, sondern auch die Rückzahlung der Anlagesumme selber. Auch der mehrfache Hinweis von KitzVenture in der Werbung auf die überschaubare, weil nur 3-jährige Laufzeit, ist laut Landesgericht Innsbruck irreführend. Aus dem Prospekt ergibt sich nämlich, dass nur Anleger, die über einen Investitionshorizont von mindestens 3 Jahren und ausreichend finanziellen Spielraum verfügen und Totalverlust verkraften können, diese Investition überlegen sollten.

Laut Gericht müsste in Anbetracht der in der Werbung besonders hervorgehobenen Vorteile auch diesen Risikohinweisen besonderes Gewicht zukommen, um das Entstehen eines irreführenden Eindrucks zu verhindern.

Die einstweilige Verfügung ist noch nicht rechtkräftig. Kitzventure kann innerhalb von 14 Tagen ein Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung einbringen.

LG Innsbruck 21.3.2017, 69 Cg 20/17s

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