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Urteil: "Wiener Privatbank" darf Gebühr nicht verrechnen

Die Wiener Privatbank SE darf bei vorzeitiger Kündigung des "Masterplan Monatssparer" nicht die Kündigungsentschädigung verrechnen, wie sie das bisher gemacht hat.

Die Wiener Privatbank SE (damals als Rechtsvorgänger "Kapital und Wert") ließ das Produkt "Masterplan Monatssparer" durch externe Berater an die Kunden vermitteln und bezahlte den Vermögensberatern für die vorvertragliche Beratung der potentiellen Kunden eine Provision von 5,5 % der jeweiligen Zielsparsumme. Für "Vermittlungsleistungen" verrechnete sie ihren Kunden eine einmalig bei Vertragsabschluss fällig werdende Abschlussgebühr, die sich abhängig von der Vertragslaufzeit auf 2,5 - 3,5 % des Veranlagungsbetrags belief, sowie weitere monatliche Gebühren, deren Höhe sich nach der Laufzeit bestimmte. Bei vorzeitiger Vertragsauflösung durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung ermächtigte sie eine Klausel, ihren Kunden die monatliche Gebühr nach einer bestimmten, von der verstrichenen Vertragsdauer abhängigen Formel "abgezinst" in Form einer Einmalzahlung zu verrechnen.

Diese Klausel wurde in einem vom VKI geführten Vorverfahren vom OGH (6 Ob 291/07y ) als intransparent beurteilt.

Ungeachtet des rechtskräftigen Urteils zur Unzulässigkeit dieser Klausel verrechnete die Wiener Privatbank SE ihren Kunden bei Auflösung des Vermögensverwaltungsvertrags systematisch eine derartige Gebühr entsprechend der verbotenen vertraglichen Regelung, berief sich dabei aber auf eine ergänzende Vertragsauslegung und auf § 1014 ABGB.

Der VKI brachte - im Aufrag des Sozialministeriums - aufgrund dieser Vorgangsweise Klage wegen einer unzulässigen Geschäftspraktik gem § 28a KSchG ein.

Der OGH gab dem VKI Recht:

§ 1014 ABGB gewährt dem Auftragnehmer ua einen Anspruch auf Ersatz seiner für die Durchführung des Auftrags notwendigen oder für den Auftraggeber nützlichen Aufwendungen. Laut OGH diente die Vermittlung letztlich dem Interesse der Wiener Privatbank am Vertrieb des Produkts und der Verschaffung laufender Einnahmen aus Vermögensverwaltungsverträgen. Ein derartiger an externe Vermögensberater ausgelagerter Vertrieb ist kein zur Durchführung eines bereits begründeten Auftragsverhältnisses notwendiger und nützlicher Aufwand im Interesse des Kunden. Schon daran scheitert ein Anspruch nach § 1014 ABGB.

Außerdem verrechnet die Beklagte exakt den sich aus der unzulässigen vertraglichen Regelung ergebenden Betrag, weshalb sie sich zwar der Bezeichnung, nicht aber dem Inhalt nach auf § 1014 ABGB beruft.

Die unabhängig von der Art der Beendigung des Vertrags praktizierte Weiterverrechnung von monatlichen Gebühren, die nach den Ausführungen der Wiener Privatbank SE auch Provisionszahlungen für im Auftrag und Interesse der Beklagten erfolgte Vertragsvermittlung auf die Kunden überwälzen sollten, dient ausschließlich den wirtschaftlichen Interessen der Wiener Privatbank SE. Diese Geschäftspraxis im Zusammenhang mit den von der Wiener Privatbank SE verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen lässt das Interesse insbesondere von Kunden, die zu Recht aus einem wichtigen im Verhalten der Wiener Privatbank SE gelegenen Grund einen Vermögensverwaltungsvertrag außerordentlich kündigen, zur Gänze außer Acht. Ein so unsachliches Ergebnis ohne angemessenen Interessenausgleich der beteiligten Vertragsparteien lässt sich über eine ergänzende Vertragsauslegung nicht erzielen, weil es nicht der hypothetischen Absicht vernünftiger Parteien entsprechen kann. Die Frage der Zulässigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung im Verbandsprozess kann daher bei diesem Ergebnis laut OGH auf sich beruhen.

Die Wiener Privatbank SE darf daher bei vorzeitiger Kündigung des "Masterplan Monatssparer" nicht die Kündigungsentschädigung im Ausmaß der als gesetzwidrig erkannten Klausel verrechnen, wenn diese Gebühren nicht durch eine andere zulässige vertragliche Vereinbarung oder als Aufwandersatzanspruch durch § 1014 ABGB gedeckt sind, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden.

OGH 18.9.2014, 1 Ob 37/14v
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien


Anmerkung:
In Musterprozessen wurde mit Hilfe des VKI - im Auftrag des Sozialministeriums - der Betrag, den die Wiener Privatbank SE sich aufgrund der oben geschilderten Vorgehensweise einbehalten hat, gefordert. Teilweise hat die Wiener Privatbank in Folge des aktuellen OGH-Urteils nun bereits den ganzen Betrag gezahlt.

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