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Urteil: Zinsberechnung bei Kapitalsparbüchern unzulässig

Das HG Wien erklärte zwei Bestimmungen zur Verzinsung von Kapitalsparbüchern der Bawag P.S.K. als unzulässig. Der VKI geht im Auftrag der AK Tirol gegen diese Klauseln, die beide den Kunden gröblich benachteiligen, vor.

Die Bedingungen der Bawag P.S.K für Kapitalsparbücher enthalten folgende Klauseln: 

1. Bei Teilbehebungen (ab 100 Euro in vollen 10-Euro-Beträgen zuzüglich Zinsen möglich) oder bei gesamter Rückzahlung werden Zinsen nur für volle Monate der tatsächlichen Einlagedauer berechnet. 

Die Klausel widerspricht § 32 Abs 7 BWG. Gemäß § 32 Abs 7 BWG beginnt die Verzinsung der Einzahlungen auf Spareinlagen zwingend mit dem Wertstellungstag (§ 37 BWG). Von dieser, zugunsten der Sparer relativ zwingenden Bestimmung weicht die Klausel "ohne jeden Zweifel zum Nachteil der Kunden ab".  Die Bedingung ist daher gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

2. Die Auszahlung (Kapital einschließlich Zinsen und Zinseszinsen) erfolgt laut Tabelle. Die in der Tabelle enthaltenen Rückzahlungswerte gelten pro 100 Euro eingelegtem Kapital. 
Sie erhalten für je EUR 100,- Einzahlungsbetrag: 
Anzahl der vollen Monate   EUR
1      100,01
2      100,01
3      100,02
4      100,02
5      100,03
6      100,03
7      100,04
8      100,04
9      100,05
10      100,05
11      100,06

Gemäß § 38 Abs 8 BWG sind bei einer vorzeitigen Abhebung 0,1 Prozent pro Monat für die nicht eingehaltende Bindungsdauer vom Kunden zu zahlen (= Vorschusszinsen). Es ist jedoch an Vorschußzinsen nicht mehr zu berechnen, als insgesamt an Habenzinsen auf den hereingekommenen Betrag vergütet wird. Überdies können für Vorschusszinsen insgesamt nur die Habenzinsen des laufenden Jahres und des Vorjahres herangezogen werden, nicht jedoch die weiterer Vorjahre.

Nach § 32 Abs 8 BWG dürfte die Beklagte im Falle einer Auflösung durch den Sparer vor Fälligkeit höchstens 0,1 Prozent pro vollem Monat für die nicht eingehaltene Bindungsdauer an Vorschusszinsen berechnen. Wie sich aus gegenständlicher Klausel ergibt, erhält der Kunde im Falle einer auf zwölf Monate gebundenen Einlage nach Ablauf der  Bindungsdauer ein Prozent an Zinsen ausbezahlt, bei Behebung nach elf Monaten jedoch nur 0,06 Prozent. Nach der Regelung des § 32 Abs 8 BWG müsste der Sparer in diesem Falle jedoch mindestens 0,817 Prozent an Zinsen erhalten (11/12 von 1 % entspricht 0,917 %, abzüglich des zulässigen Abschlags von 0,1 % pro vollem Monat ergibt 0,817 %). 

Dies soll anhand eines Beispiels illustriert werden: Ein Kunde zahlt zB € 10.000 auf ein Kapitalsparbuch mit 12monatiger Bindung ein. Nach 11 Monaten hebt er den gesamten Betrag ab. Laut Verrechnungstabelle der Bawag P.S.K. bekommt er für die 11 Monate € 6 (vor KESt). Nach der gesetzlichen Bestimmung müsste er aber € 81,7 (vor KESt) erhalten.

Die Kunden bzw. Sparer werden durch die beanstandete Klausel der Bawag P.S.K. im Falle vorzeitiger Rückzahlung daher schlechter gestellt, als sie nach der zu ihren Gunsten relativ zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 32 Abs 8 BWG stünden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 22.11.2011, 39 Cg 118/10m
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Klagevertreter: Kanzlei Kosesnik-Wehrle & Langer, Rechtsanwälte-KG in Wien

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