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Urteil: Zinsenrechts-Änderung (ZinsRÄG) seit 1. August 2002 in Kraft

Durch das ZinsRÄG 2002 (BGBl Nr. 199/2002) kommt es zu wesentlichen Neuerungen betreffend die Ersatzfähigkeit der Kosten eines Inkassobüros.

Das Europäische Parlament hat am 29. Juni 2000 eine Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Geschäfte zwischen Unternehmern bzw. zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen) erlassen. Grund dafür waren teils massive Schwierigkeiten mancher Unternehmer, die sich durch zu lange Zahlungsfristen und durch Zahlungsverzug ihrer Geschäftspartner ergaben. Die Richtlinie sieht daher für reine Unternehmergeschäfte eine Erhöhung des Verzugszinssatzes und kurze Zahlungsfristen vor. Dies soll die Zahlungsmoral erhöhen.

Auch Inkasso geregelt

Von Seiten des österreichischen Gesetzgebers wurde die Richtlinie zum Anlass genommen neben diesen Punkten auch die anstehende Problematik der Inkassobüros ausdrücklich zu regeln. Bisher gab es dazu keine klare gesetzliche Grundlage, was dazu führte, dass die Ersatzfähigkeit außergerichtlicher Inkassokosten in der Rechtsprechung kontrovers beurteilt wurde. Insbesondere gab es unterschiedliche Entscheidungen zur Frage, ob die Kosten unabhängig vom Hauptanspruch eingeklagt werden können und ob die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind. Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wurde daher bereits seit längerem gefordert.

Inkasso ist Schadenersatzforderung

Das ZinsRÄG stellt klar, dass es sich bei den Inkassokosten um Schadenersatzforderungen handelt (§ 1333 Abs 3 ABGB). Dies stellt eine wesentliche Schlechterstellung dar. Bisher konnte in einem Streitfall das Gericht nämlich durch die Qualifikation der Inkassokosten als vorprozessuale Kosten die Zulässigkeit der Inkassokosten von Amts wegen prüfen, und zwar unabhängig davon, ob der Beklagte gegen den Zahlungsbefehl Einspruch erhob. Nunmehr ist eine Prüfung durch das Gericht im wesentlichen nur mehr dann möglich, wenn der beklagte Verbraucher Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erhebt und darin auch konkrete Einwendungen gegen die Inkassokosten vorbringt. Zumeist wird der Beklagte aber einen derartigen Einspruch gar nicht erheben. Dies zeigen Untersuchungen zur Einspruchsquote bei Gerichtsverfahren. Dies wird wahrscheinlich dazu führen, dass fragliche Inkassokosten vermehrt durch rechtskräftige Zahlungsbefehle legitimiert werden. Nur wenn Einspruch erhoben wird kann das Gericht eine Prüfung vornehmen. Zum einen ist dabei die allgemeine Schadenminderungspflicht zu beachten, zum anderen müssen die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zur Hauptforderung stehen. Schließlich muss der Schaden nachgewiesen werden und es muss auch ein Verschulden des Schuldners gegeben sein. Rein formal kann das Gericht außerdem unabhängig vom Vorliegen eines Einspruches - allerdings erst für Verfahren ab dem 1.1.2003 - die Schlüssigkeit der Inkassoforderungen prüfen. All diese Möglichkeiten stellen aber kein geeignetes Instrumentarium dar um ein Ausufern von Inkassoforderungen zu verhindern.

Umstellungen bei Zinsen

Im übrigen kommt es aus Verbrauchersicht im Gesetz zu einigen Umstellungen im Bereich Zinsen und Zinseszinsen, die aber unwesentlich sind. Zu beachten bleiben in Zusammenhang mit Inkassoforderungen und Zinsen weiterhin die §§ 879 Abs 3 ABGB und 6 Abs 3 KSchG hinsichtlich der Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Vorschriften der §§ 6 Abs 1 Z 15 und 6 Abs 1 Z 13 KSchG.

Texte im Wortlaut

Zur besseren Verständlichkeit sind die entsprechenden Bestimmungen im ABGB in der neuen Fassung angeschlossen:

§ 1000. (1) An Zinsen, die ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren, sind, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.

(2) Der Gläubiger einer Geldforderung kann Zinsen von Zinsen verlangen, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Sonst kann er, sofern fällige Zinsen eingeklagt werden, Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit an fordern. Wurde über die Höhe der Zinseszinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind ebenfalls vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.

(3) Haben die Parteien über die Frist zur Zahlung der Zinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind diese bei der Zurückzahlung des Kapitals oder, sofern der Vertrag auf mehrere Jahre abgeschlossen worden ist, jährlich zu zahlen.

§ 1333. (1) Der Schaden, den der Schuldner seinem Gläubiger durch die Verzögerung der Zahlung einer Geldforderung zugefügt hat, wird durch die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1) vergütet.

(2) Bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften beträgt der gesetzliche Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dabei ist der Basiszinssatz, der am letzten Kalendertag eines Halbjahres gilt, für das nächste Halbjahr maßgebend.

(3) Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.

§ 1334. Eine Verzögerung fällt einem Schuldner zur Last, wenn er den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht einhält. Sofern die Parteien nicht anderes vereinbart haben, hat der Schuldner seine Leistung bei vertragsgemäßer Erbringung der Gegenleistung ohne unnötigen Aufschub nach der Erfüllung durch den Gläubiger oder, wenn die Parteien ein solches Verfahren vereinbart haben, nach der Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers oder, wenn die Forderung der Höhe nach noch nicht feststeht, nach dem Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung zu erbringen. Ist die Zahlungszeit sonst nicht bestimmt, so trägt der Schuldner die Folgen der Zahlungsverzögerung, wenn er sich nach dem Tag der gerichtlichen oder außergerichtlichen Einmahnung nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.

§ 1335. Hat der Gläubiger die Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, vom Kapital weitere Zinsen zu fordern, sofern es sich nicht um Geldforderungen gegen einen Unternehmer aus unternehmerischen Geschäften handelt. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.

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