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VKI-Erfolg zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI hat im Auftrag des Sozialministeriums die Hypo-Bank Burgenland geklagt. Im Verfahren geht es darum, welche Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung von der Bank anteilig zurückzuerstatten sind. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte nun – wie auch bereits ein einem anderen VKI-Verfahren –, dass Kreditgeber auch die laufzeitunabhängigen Kosten aliquot an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurückzuzahlen haben.

Im September 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Auslegung der Verbraucherkredit-Richtlinie entschieden, dass die anteilige Rückerstattung der Gesamtkosten – die Verbrauchern bei vorzeitiger Kreditrückzahlung zusteht – nicht nur laufzeitabhängige, sondern auch laufzeitunabhängige Kosten, wie beispielsweise Bearbeitungsgebühren, umfasst.

Der österreichische Gesetzgeber hatte bei der Umsetzung der EU-Richtlinie nur festgelegt, dass sich die laufzeitabhängigen Kosten für die Kreditnehmer bei vorzeitiger Rückzahlung anteilig verringern müssen. Die laufzeitunabhängigen Kosten wurden im Gesetzestext nicht erwähnt. Mit 01.01.2021 wurde diese Lücke geschlossen und der Gesetzeswortlaut an die EuGH-Entscheidung angepasst. Seit dem ist im österreichischen Gesetzestext zu Konsumkrediten und Hypothekarkrediten generell von „Kosten“ die Rede, die sich bei vorzeitiger Rückzahlung verhältnismäßig verringern – wobei nicht zwischen laufzeitabhängig und laufzeitunabhängig unterschieden wird.

Die Hypo-Bank Burgenland informierte Anfang 2020 Verbraucher darüber, dass bei Ihren Hypothekarkrediten alle einmaligen Kosten laufzeitunabhängig sind und bei vorzeitiger Rückzahlung nicht rückerstattet werden.

Prüfung nach altem Recht

Inhaltlich von einer Richtlinie berührte Normen sind so weit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie (also richtlinienkonform) auszulegen. Die Pflicht zur richtlinienkonformen Interpretation erstreckt sich nur bis zur „Grenze der äußersten Wortschranke“. Innerhalb dieser Grenze ist aber auch eine Rechtsfortbildung durch Analogie oder durch teleologische Reduktion bei einer planwidrigen Umsetzungslücke möglich. Ein Widerspruch zwischen nationalem Recht und Richtlinie ist tunlichst zu vermeiden.

§ 16 Abs 1 VKrG alt verbietet die anteilige Rückerstattung laufzeitunabhängiger Kosten nicht, sondern sagt darüber nichts aus. Die Entscheidung Lexitor hat – nachträglich – eine Gesetzeslücke aufgezeigt. Es ist daher kein Umkehrschluss zu ziehen, sondern die Lücke mittels Analogie zu füllen.

Dass sich eine planwidrige Regelungslücke auch dar­aus ergeben kann, dass der Gesetzgeber eine richtlinien­konforme Regelung schaffen wollte, dieses Vorhaben aber - wie sich nachträglich aus der Auslegung der Richtlinie durch den EuGH ergibt - nicht zur Gänze umgesetzt hat, hat der OGH in 4 Ob 208/10g unter Berufung auf den BGH ausdrücklich bejaht. Der Gesetzgeber wollte den Anforderungen der Richt­linie vollinhaltlich entsprechen, hat dies aber bisher nicht mit ausreichender Klarheit getan.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die VKrRL gemäß der Entscheidung Lexitor verlangt, auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zu refundieren. Dieses Ergebnis lässt sich durch eine Analogie zu § 16 Abs 3 letzter Satz VKrG erreichen: ebenso wie dort für die laufzeitabhängigen Kosten ausdrücklich geregelt, ist bei richtlinienkonformer Auslegung bei den laufzeitunab­hängigen Kosten vorzugehen. Diese Grundsätze sind auch auf § 20 Abs 1 HIKrG aF unterliegende Sachverhalte anzu­wenden.

Prüfung nach neuer Rechtslage

Eine Anordnung der Rück­erstattung allein von laufzeitabhängigen Kosten ist nicht zulässig. Ein undifferenziertes Abstellen auf eine mangelnde Rückerstattbarkeit von laufzeitunabhängigen Kosten – wie hier – steht mit der neuen (und bei richtlinienkonformer Auslegung auch mit der alten) Rechtslage nicht in Einklang. Dass dieselben Erwägungen auch für § 20 HIKrG zu gelten haben, lässt der Gesetzgeber  zur Gesetzesänderung Anfang 2021 eindeutig erkennen.

Dass bestimmte Gesamtkosten einer differenzierten Behandlung bedürfen, bedeutet nicht, dass deshalb die von der Beklagten verwendete Klausel zulässig ist. Es lässt sich – ohne weiteren Auslegungsschritten im Unionsrecht vorzugreifen – festhalten, dass das alleinige Abstellen auf laufzeitunabhängige „einmalige Kosten/Entgelte“ jedenfalls zu kurz greift. Dass es einzelne Kos­ten gibt, die – insb solche, die an Dritte zu leisten sind, wie hier Notargebühren – von den Gesamtkos­ten (s § 2 Abs 9 HIKrG u § 2 Abs 5 VKrG) ausgenommen sind, vermag daher nichts an der grund­sätzlichen anteiligen Ersatzfähigkeit von laufzeitunab­hängigen Kosten zu ändern. Eine Differenzierung zwischen bestimmten – auch laufzeitunabhängigen – Gesamtkosten bewirkt nicht deren generelle Ausnahme von der Rück­erstattungspflicht.

Die Vorlagefrage, die zur Entscheidung Lexi­tor geführt hat, hat sich aus der Wortfolge „In solchen Fällen hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den Zinsen und Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags rich­tet“ in Art 16 Abs 1 der VKrRL ergeben. Diese Wortfolge ist in der WIKrRL gleich und daher auch gleich auszulegen.

Die Hypo Bank Burgenland hat die Verwendung und das Sich-Berufen folgender Klausel in von ihr geschlossenen Hypothekar- und Immobilienkreditverträgen zu unterlassen: „Alle einmaligen Kosten/Entgelte sind laufzeitunabhängig und werden bei vorzeitiger Rückzahlung nicht rückerstattet.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 9.9.2021)

OLG Wien 18.8.2021, 3 R 17/21y

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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