Zum Inhalt

VKI-Musterprozesse gegen AWD: AWD vergleicht und vermeidet Verurteilungen

Von acht Musterprozessen in Sachen Immofinanz sind bislang vier Verfahren durch Zahlungen des AWD verglichen. Bei den Sammelklagen gibt sich der AWD weiter stur.

Neben fünf Sammelklagen für rund 2.500 Geschädigte (Streitwert rund 40 Millionen Euro) führt der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums und der Arbeiterkammer Oberösterreich gegen den AWD acht Musterprozesse. Damit sollte rascher als bei den Sammelklagen den Gerichten dargestellt werden, wie sich die "systematische Fehlberatung" des AWD im Zusammenhang mit Immofinanzaktien für geschädigte Kleinanleger ausgewirkt hat. In diesen Verfahren verhinderte der AWD bislang in vier Fällen Verurteilungen, indem er Vergleiche angeboten hat, die die Geschädigten nicht ausschlagen konnten.

Im Fall einer heute 91-jährigen Konsumentin, deren Ersparnisse der AWD-Berater vor rund zehn Jahren in "sichere" Immofinanzaktien angelegt hatte, zahlte der AWD 100 Prozent des Schadens sowie die Kosten des Verfahrens. "Der AWD wollte eine Geheimhaltungs-verpflichtung mit dem VKI vereinbaren. Das haben wir aber abgelehnt. Schließlich kann es nicht sein, dass der AWD Beratungsfehler immer bestreitet und versucht, gegenteilige Verfahrensergebnisse mit Geld unter den Teppich zu kehren", so Dr. Peter Kolba zur Strategie des VKI.

Im Fall einer Familie aus Niederösterreich hat der AWD zwar schon im Dezember 2008 zugestanden, dass man über Schadenersatz reden könne - allein es kam kein konkretes Angebot. Daher hat der VKI für diese Familie geklagt. Hier hatte der AWD-Berater den Konsumenten eingeredet, das vorhandene Kapital für ein Einfamilienhaus - statt in den Kauf des Grundstückes - in Immofinanzaktien zu investieren, einen entsprechend höheren Fremdwährungskredit aufzunehmen und diesen durch die tolle Performance der "mündelsicheren Immobilienaktien" zurückzuzahlen. Eine Rechnung, die spätestens im Herbst 2008 nicht mehr aufgehen konnte. Nun hat der AWD rund 70 Prozent des Schadens (79.000 Euro) und Prozesskosten von rund 20.000 Euro bezahlt. "Leider sind eineinhalb Jahre sinnloser Beschäftigung der Gerichte vergangen, bevor man sich - am Abend vor der entscheidenden Gerichtsverhandlung - zum Vergleich aufraffen konnte", so Dr. Kolba.

Auch ein Fall in Salzburg ist für die Methode der AWD-Berater symptomatisch: Eine Mutter musste nach dem Tod ihres Gatten das Erbteil der beiden minderjährigen Kinder anlegen. Sogleich war ein AWD-Berater zur Stelle, der der völlig unerfahrenen Mutter empfahl, den Erbteil in die "mündelsicheren" Immofinanzaktien zu investieren. Im Herbst 2008 war der Erbteil fast zur Gänze verloren. Der VKI klagte auch hier auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Herausgabe der Aktien. Der AWD bot hier ebenfalls rund 70 Prozent des Differenzschadens und die Zahlung der Kosten des Verfahrens an. Auch dieser Fall wurde daher ohne Urteil, aber durchaus im Sinn der Kläger geregelt.

Schließlich hat der AWD im Fall einer Oberösterreicherin mit spastischer Lähmung reagiert und einen großzügigen Vergleich abgeschlossen - allerdings erst vor Gericht. Außergerichtliche Interventionen waren zunächst erfolgslos geblieben.

Das zentrale Argument des AWD gegen die Sammelklagen des VKI war bislang immer: Der AWD kenne ja die Fälle nicht und könne diese nicht prüfen. Wenn in Einzelfällen falsch beraten worden sei, dann würde der AWD Schadenersatz leisten. "Der AWD hat nun aber bereits seit Monaten unser Vorbringen zu allen Sammelklägern und bislang in keiner Weise reagiert", sagt Dr. Peter Kolba. "Wir haben also den Eindruck, dass es dem AWD immer noch darum geht, sich durch lange Streitereien um die Zulässigkeit von Sammelklagen sowie weiterer Ablenkungsmanöver aus der Verantwortung zu stehlen. Wir sind gespannt, wie lange der Eigentümer des AWD - die Schweizer Swiss Life - diese Strategie noch mittragen will."

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang