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Bild: LVER, pixabay.com

Vorlage an EuGH zur automatischen Vertragsverlängerung

In einem vom VKI im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren geht es um die Frage, ob bei einer automatischen Vertragsverlängerung eines Fernabsatzvertrages Verbraucher:innen erneut ein Widerrufsrecht zukommt.

Die AGB der Beklagten sehen vor, dass bei der erstmaligen Buchung eines Abonnements auf der Plattform dieses 30 Tage lang ab Vertragsschluss kostenlos getestet und während dieser Zeit jederzeit fristlos gekündigt werden kann, dass das Abonnement erst nach Ablauf der 30 Tage kostenpflichtig wird und dass für den Fall des Unterbleibens einer Kündigung innerhalb der 30 Tage der im Buchungsprozess vereinbarte kostenpflichtige Abonnementzeitraum zu laufen beginnt. Für den Fall, dass der kostenpflichtige Abonnementzeitraum abläuft, ohne dass die Beklagte oder der Verbraucher rechtzeitig gekündigt hat, verlängert sich nach den AGB das Abonnement automatisch um eine bestimmte Zeit. Die Beklagte informiert die Verbraucher anlässlich des erstmaligen Vertragsschlusses über das den Verbrauchern wegen des vorliegenden Vertragsschlusses im Fernabsatz zustehende Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht).

Der OGH führt dazu aus:

Nach den Gesetzesmaterialien zu § 11 FAGG, der sich an Art 9 Abs 1 der VRRL (RL 2011/83/EU orientiert) ist das Rücktrittsrecht nicht auf den erstmaligen Vertragsabschluss zwischen Unternehmer und Verbraucher beschränkt, sondern können auch die Verlängerung eines bestehenden, aber befristeten Vertragsverhältnisses oder die inhaltliche Änderung eines bestehenden Vertragsverhältnisses, wenn sie im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen vereinbart werden, dem FAGG unterliegen und damit zu einem Rücktrittsrecht des Verbrauchers hinsichtlich der vereinbarten Vertragsverlängerung oder Vertragsänderung führen (ErläutRV 89 BlgNR 25. GP 34).

Unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien wird in der Lit die Auffassung vertreten, dass ein Rücktrittsrecht auch bei einer inhaltlichen Veränderung oder (gesondert vereinbarten) Verlängerung eines wie auch immer zustande gekommenen Vertragsverhältnisses im Wege eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags oder eines Fernabsatzvertrags in Betracht komme.

Dass die automatische Verlängerung eines Fernabsatzvertrags neuerlich ein Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht) bewirke, wird in der Lit bezweifelt. Es wird in Abrede gestellt, dass die automatische Verlängerung einen (zweiten) „Fernabsatzvertrag“ iSd Art 2 Z 7 der RL bedeute. Dies wird damit begründet, dass kein (zweiter) Vertrag „abgeschlossen“, sondern der erste Vertrag bloß nicht gekündigt (und wie in diesem vorgesehen dadurch dessen Vertragszeit verlängert) werde, sowie damit, dass bei einer automatischen Vertragsverlängerung nicht von einer „ausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ iSd Legaldefinition von „Fernabsatzvertrag“ die Rede sein könne. Schließlich wird ins Treffen geführt, dass bei einer automatischen Vertragsverlängerung das beim Fernabsatz bestehende typische (das Widerrufsrecht sachlich rechtfertigende) Risiko nicht mehr bestehe (vgl ErwGr 37 der RL). Der Verbraucher sei hier mit der Ware oder Dienstleistung bereits ausreichend vertraut und sei schon anlässlich des ursprünglichen Vertragsschlusses über die Möglichkeit der Verlängerung hinreichend informiert worden.

Der EuGH hat entschieden, dass Art 2 lit a der RL über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher dahin auszulegen ist, dass eine Änderungsvereinbarung zu einem Darlehensvertrag nicht unter den Begriff „Finanzdienstleistungen betreffender Vertrag“ iS dieser Bestimmung fällt, wenn durch sie lediglich der ursprünglich vereinbarte Zinssatz geändert wird, ohne die Laufzeit des Darlehens zu verlängern oder dessen Höhe zu ändern, und die ursprünglichen Bestimmungen des Darlehensvertrags den Abschluss einer solchen Änderungsvereinbarung oder – für den Fall, dass eine solche nicht zustande kommen würde – die Anwendung eines variablen Zinssatzes vorsahen (EuGH C-639/18, Rs Sparkasse Südholstein).

Die Vorlagefrage lautet:

Ist Art 9 Abs 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 10. 2011 über die Rechte der Verbraucher dahin auszulegen, dass dem Verbraucher bei „automatischer Verlängerung“ (Art 6 Abs 1 lit o der Richtlinie) eines Fernabsatzvertrags neuerlich ein Widerrufsrecht zukommt?“

OGH 20.7.2022, 3 Ob 103/22a

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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